Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VIII. Spätere Epochen.
such. Als der Herzog von Parma so weit ging, auch den
Recurs an römische Tribunale, so wie alle Verleihung
der Pfründen des Landes an Nichteingeborne zu verbieten,
ermannte sich der Papst zu einem Monitorium, worin er
diesem seinem Lehensmann die geistlichen Censuren ankün-
digte 1). Der erste Schritt einer den Angriff zurückgeben-
den Vertheidigung. Aber er hatte die schlimmsten Folgen:
der Herzog antwortete auf eine Weise wie es in frühern
Jahrhunderten der mächtigste König nicht gewagt haben
würde: die Bourbonen nahmen sich seiner insgesammt an.
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen besetzt.

Dahin entwickelte sich die Feindseligkeit der bourbo-
nischen Höfe. Von der Verfolgung der Jesuiten gingen
sie unmittelbar zum Angriff auf den römischen Stuhl über.

An wen sollte der Papst sich wenden? Alle italieni-
schen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena,
Venedig. Er richtete seine Augen noch einmal auf Oest-
reich. Er schrieb der Kaiserin Maria Theresia, sie sey auf
Erden sein einziger Trost; sie möge nicht zugeben, daß man
sein Alter mit Gewaltthätigkeiten erdrücke.

Die Kaiserin entgegnete, wie einst Urban VIII. dem
Kaiser Ferdinand, es sey eine Sache des Staates und
nicht der Religion, sie würde unrecht thun sich darin ein-
zumischen.

Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An-
fang des Jahres 1769 erschienen die Gesandten der bour-
bonischen Höfe, einer nach dem andern, erst der neapolita-
nische, dann der spanische, endlich der französische, um die

1) Botta: Storia d'Italia tom. XIV, p. 147.

Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
ſuch. Als der Herzog von Parma ſo weit ging, auch den
Recurs an roͤmiſche Tribunale, ſo wie alle Verleihung
der Pfruͤnden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten,
ermannte ſich der Papſt zu einem Monitorium, worin er
dieſem ſeinem Lehensmann die geiſtlichen Cenſuren ankuͤn-
digte 1). Der erſte Schritt einer den Angriff zuruͤckgeben-
den Vertheidigung. Aber er hatte die ſchlimmſten Folgen:
der Herzog antwortete auf eine Weiſe wie es in fruͤhern
Jahrhunderten der maͤchtigſte Koͤnig nicht gewagt haben
wuͤrde: die Bourbonen nahmen ſich ſeiner insgeſammt an.
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen beſetzt.

Dahin entwickelte ſich die Feindſeligkeit der bourbo-
niſchen Hoͤfe. Von der Verfolgung der Jeſuiten gingen
ſie unmittelbar zum Angriff auf den roͤmiſchen Stuhl uͤber.

An wen ſollte der Papſt ſich wenden? Alle italieni-
ſchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena,
Venedig. Er richtete ſeine Augen noch einmal auf Oeſt-
reich. Er ſchrieb der Kaiſerin Maria Thereſia, ſie ſey auf
Erden ſein einziger Troſt; ſie moͤge nicht zugeben, daß man
ſein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erdruͤcke.

Die Kaiſerin entgegnete, wie einſt Urban VIII. dem
Kaiſer Ferdinand, es ſey eine Sache des Staates und
nicht der Religion, ſie wuͤrde unrecht thun ſich darin ein-
zumiſchen.

Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An-
fang des Jahres 1769 erſchienen die Geſandten der bour-
boniſchen Hoͤfe, einer nach dem andern, erſt der neapolita-
niſche, dann der ſpaniſche, endlich der franzoͤſiſche, um die

1) Botta: Storia d’Italia tom. XIV, p. 147.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0208" n="196"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Spa&#x0364;tere Epochen</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;uch. Als der Herzog von Parma &#x017F;o weit ging, auch den<lb/>
Recurs an ro&#x0364;mi&#x017F;che Tribunale, &#x017F;o wie alle Verleihung<lb/>
der Pfru&#x0364;nden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten,<lb/>
ermannte &#x017F;ich der Pap&#x017F;t zu einem Monitorium, worin er<lb/>
die&#x017F;em &#x017F;einem Lehensmann die gei&#x017F;tlichen Cen&#x017F;uren anku&#x0364;n-<lb/>
digte <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Botta: Storia d&#x2019;Italia tom. XIV, p.</hi> 147.</note>. Der er&#x017F;te Schritt einer den Angriff zuru&#x0364;ckgeben-<lb/>
den Vertheidigung. Aber er hatte die &#x017F;chlimm&#x017F;ten Folgen:<lb/>
der Herzog antwortete auf eine Wei&#x017F;e wie es in fru&#x0364;hern<lb/>
Jahrhunderten der ma&#x0364;chtig&#x017F;te Ko&#x0364;nig nicht gewagt haben<lb/>
wu&#x0364;rde: die Bourbonen nahmen &#x017F;ich &#x017F;einer insge&#x017F;ammt an.<lb/>
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen be&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Dahin entwickelte &#x017F;ich die Feind&#x017F;eligkeit der bourbo-<lb/>
ni&#x017F;chen Ho&#x0364;fe. Von der Verfolgung der Je&#x017F;uiten gingen<lb/>
&#x017F;ie unmittelbar zum Angriff auf den ro&#x0364;mi&#x017F;chen Stuhl u&#x0364;ber.</p><lb/>
          <p>An wen &#x017F;ollte der Pap&#x017F;t &#x017F;ich wenden? Alle italieni-<lb/>
&#x017F;chen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena,<lb/>
Venedig. Er richtete &#x017F;eine Augen noch einmal auf Oe&#x017F;t-<lb/>
reich. Er &#x017F;chrieb der Kai&#x017F;erin Maria There&#x017F;ia, &#x017F;ie &#x017F;ey auf<lb/>
Erden &#x017F;ein einziger Tro&#x017F;t; &#x017F;ie mo&#x0364;ge nicht zugeben, daß man<lb/>
&#x017F;ein Alter mit Gewalttha&#x0364;tigkeiten erdru&#x0364;cke.</p><lb/>
          <p>Die Kai&#x017F;erin entgegnete, wie ein&#x017F;t Urban <hi rendition="#aq">VIII.</hi> dem<lb/>
Kai&#x017F;er Ferdinand, es &#x017F;ey eine Sache des Staates und<lb/>
nicht der Religion, &#x017F;ie wu&#x0364;rde unrecht thun &#x017F;ich darin ein-<lb/>
zumi&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p>Der Muth Clemens <hi rendition="#aq">XIII.</hi> war gebrochen. Im An-<lb/>
fang des Jahres 1769 er&#x017F;chienen die Ge&#x017F;andten der bour-<lb/>
boni&#x017F;chen Ho&#x0364;fe, einer nach dem andern, er&#x017F;t der neapolita-<lb/>
ni&#x017F;che, dann der &#x017F;pani&#x017F;che, endlich der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che, um die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0208] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. ſuch. Als der Herzog von Parma ſo weit ging, auch den Recurs an roͤmiſche Tribunale, ſo wie alle Verleihung der Pfruͤnden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten, ermannte ſich der Papſt zu einem Monitorium, worin er dieſem ſeinem Lehensmann die geiſtlichen Cenſuren ankuͤn- digte 1). Der erſte Schritt einer den Angriff zuruͤckgeben- den Vertheidigung. Aber er hatte die ſchlimmſten Folgen: der Herzog antwortete auf eine Weiſe wie es in fruͤhern Jahrhunderten der maͤchtigſte Koͤnig nicht gewagt haben wuͤrde: die Bourbonen nahmen ſich ſeiner insgeſammt an. Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen beſetzt. Dahin entwickelte ſich die Feindſeligkeit der bourbo- niſchen Hoͤfe. Von der Verfolgung der Jeſuiten gingen ſie unmittelbar zum Angriff auf den roͤmiſchen Stuhl uͤber. An wen ſollte der Papſt ſich wenden? Alle italieni- ſchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena, Venedig. Er richtete ſeine Augen noch einmal auf Oeſt- reich. Er ſchrieb der Kaiſerin Maria Thereſia, ſie ſey auf Erden ſein einziger Troſt; ſie moͤge nicht zugeben, daß man ſein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erdruͤcke. Die Kaiſerin entgegnete, wie einſt Urban VIII. dem Kaiſer Ferdinand, es ſey eine Sache des Staates und nicht der Religion, ſie wuͤrde unrecht thun ſich darin ein- zumiſchen. Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An- fang des Jahres 1769 erſchienen die Geſandten der bour- boniſchen Hoͤfe, einer nach dem andern, erſt der neapolita- niſche, dann der ſpaniſche, endlich der franzoͤſiſche, um die 1) Botta: Storia d’Italia tom. XIV, p. 147.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/208
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/208>, abgerufen am 24.11.2024.