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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Königin Christine von Schweden.
sie fort, "mit eindringendem Geiste die ganze Kraft der
Gründe, die wir ihr vorhielten: sonst hätten wir lange
Zeit gebraucht." Auch über die Schwierigkeiten sprach sie
mit ihnen, die es haben werde, wenn sie sich zu dem Ueber-
tritte entschließe, ihn ins Werk zu setzen. Zuweilen schienen sie
unübersteiglich, und eines Tages, als sie die Jesuiten wieder
sah, erklärte sie ihnen, sie möchten lieber wieder nach Hause
gehn: unausführbar sey das Unternehmen: auch könne sie
schwerlich jemals ganz von Herzen katholisch werden. Die
guten Patres erstaunten: sie boten alles auf, um sie fest
zu halten, stellten ihr Gott und Ewigkeit vor, und erklär-
ten ihre Zweifel für eine Anfechtung des Satans. Es be-
zeichnet sie recht, daß sie gerade in diesem Augenblicke ent-
schlossener war als bei irgend einer frühern Zusammen-
kunft. "Was würdet ihr sprechen," fing sie plötzlich an,
"wenn ich näher daran wäre, katholisch zu werden, als
ihr glaubt?" -- "Ich kann das Gefühl nicht beschreiben,"
sagt der jesuitische Berichterstatter, "das wir empfanden:
wir glaubten von den Todten zu erstehn." Die Königin
fragte, ob ihr der Papst nicht die Erlaubniß geben könne
das Abendmahl alle Jahr einmal nach lutherischem Ge-
brauche zu nehmen. "Wir antworteten: nein; dann,
sagte sie, ist keine Hülfe, ich muß die Krone aufgeben."

Denn dahin richteten sich ohnedieß ihre Gedanken von
Tage zu Tage mehr.

Nicht immer gingen die Geschäfte des Landes nach
Wunsch. Der mächtigen Aristokratie gegenüber, die sich
enge zusammenhielt, bildete die Königin mit ihrer aus so
vielen Ländern herbeigezogenen Umgebung, mit dem Thron-

Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
ſie fort, „mit eindringendem Geiſte die ganze Kraft der
Gruͤnde, die wir ihr vorhielten: ſonſt haͤtten wir lange
Zeit gebraucht.“ Auch uͤber die Schwierigkeiten ſprach ſie
mit ihnen, die es haben werde, wenn ſie ſich zu dem Ueber-
tritte entſchließe, ihn ins Werk zu ſetzen. Zuweilen ſchienen ſie
unuͤberſteiglich, und eines Tages, als ſie die Jeſuiten wieder
ſah, erklaͤrte ſie ihnen, ſie moͤchten lieber wieder nach Hauſe
gehn: unausfuͤhrbar ſey das Unternehmen: auch koͤnne ſie
ſchwerlich jemals ganz von Herzen katholiſch werden. Die
guten Patres erſtaunten: ſie boten alles auf, um ſie feſt
zu halten, ſtellten ihr Gott und Ewigkeit vor, und erklaͤr-
ten ihre Zweifel fuͤr eine Anfechtung des Satans. Es be-
zeichnet ſie recht, daß ſie gerade in dieſem Augenblicke ent-
ſchloſſener war als bei irgend einer fruͤhern Zuſammen-
kunft. „Was wuͤrdet ihr ſprechen,“ fing ſie ploͤtzlich an,
„wenn ich naͤher daran waͤre, katholiſch zu werden, als
ihr glaubt?“ — „Ich kann das Gefuͤhl nicht beſchreiben,“
ſagt der jeſuitiſche Berichterſtatter, „das wir empfanden:
wir glaubten von den Todten zu erſtehn.“ Die Koͤnigin
fragte, ob ihr der Papſt nicht die Erlaubniß geben koͤnne
das Abendmahl alle Jahr einmal nach lutheriſchem Ge-
brauche zu nehmen. „Wir antworteten: nein; dann,
ſagte ſie, iſt keine Huͤlfe, ich muß die Krone aufgeben.“

Denn dahin richteten ſich ohnedieß ihre Gedanken von
Tage zu Tage mehr.

Nicht immer gingen die Geſchaͤfte des Landes nach
Wunſch. Der maͤchtigen Ariſtokratie gegenuͤber, die ſich
enge zuſammenhielt, bildete die Koͤnigin mit ihrer aus ſo
vielen Laͤndern herbeigezogenen Umgebung, mit dem Thron-

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[93/0105] Koͤnigin Chriſtine von Schweden. ſie fort, „mit eindringendem Geiſte die ganze Kraft der Gruͤnde, die wir ihr vorhielten: ſonſt haͤtten wir lange Zeit gebraucht.“ Auch uͤber die Schwierigkeiten ſprach ſie mit ihnen, die es haben werde, wenn ſie ſich zu dem Ueber- tritte entſchließe, ihn ins Werk zu ſetzen. Zuweilen ſchienen ſie unuͤberſteiglich, und eines Tages, als ſie die Jeſuiten wieder ſah, erklaͤrte ſie ihnen, ſie moͤchten lieber wieder nach Hauſe gehn: unausfuͤhrbar ſey das Unternehmen: auch koͤnne ſie ſchwerlich jemals ganz von Herzen katholiſch werden. Die guten Patres erſtaunten: ſie boten alles auf, um ſie feſt zu halten, ſtellten ihr Gott und Ewigkeit vor, und erklaͤr- ten ihre Zweifel fuͤr eine Anfechtung des Satans. Es be- zeichnet ſie recht, daß ſie gerade in dieſem Augenblicke ent- ſchloſſener war als bei irgend einer fruͤhern Zuſammen- kunft. „Was wuͤrdet ihr ſprechen,“ fing ſie ploͤtzlich an, „wenn ich naͤher daran waͤre, katholiſch zu werden, als ihr glaubt?“ — „Ich kann das Gefuͤhl nicht beſchreiben,“ ſagt der jeſuitiſche Berichterſtatter, „das wir empfanden: wir glaubten von den Todten zu erſtehn.“ Die Koͤnigin fragte, ob ihr der Papſt nicht die Erlaubniß geben koͤnne das Abendmahl alle Jahr einmal nach lutheriſchem Ge- brauche zu nehmen. „Wir antworteten: nein; dann, ſagte ſie, iſt keine Huͤlfe, ich muß die Krone aufgeben.“ Denn dahin richteten ſich ohnedieß ihre Gedanken von Tage zu Tage mehr. Nicht immer gingen die Geſchaͤfte des Landes nach Wunſch. Der maͤchtigen Ariſtokratie gegenuͤber, die ſich enge zuſammenhielt, bildete die Koͤnigin mit ihrer aus ſo vielen Laͤndern herbeigezogenen Umgebung, mit dem Thron-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/105>, abgerufen am 23.11.2024.