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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Königin Christine von Schweden.

Die Frage war nur eben welche dieß sey.

Suchen wir hier nicht nach Gründen, Beweisen. Sie
hat oft gesagt, sie habe an dem Protestantismus keine we-
sentlichen Irrthümer im Dogma gefunden. Aber wie ihre
Abneigung gegen denselben aus einem ursprünglichen, nicht
weiter abzuleitenden, nur durch die Umstände erhöhten Ge-
fühle herrührt, so wirft sie sich mit einer eben so unerklär-
lichen Neigung, mit unbedingter Sympathie auf die Seite
des Katholicismus.

Sie war neun Jahr alt, als man ihr zuerst eine nä-
here Notiz von der katholischen Kirche gab: und ihr unter
andern sagte, daß in derselben der ehelose Stand ein Ver-
dienst sey: "Ah," rief sie aus, "wie schön ist dieß, diese
Religion will ich annehmen."

Man verwies ihr das ernstlich: desto hartnäckiger
blieb sie dabei.

Daran knüpften sich weitere verwandte Eindrücke.
"Wenn man katholisch ist," sagt sie, "hat man den Trost,
zu glauben was so viel edle Geister 16 Jahrhunderte lang
geglaubt: einer Religion anzugehören die durch Millionen
Wunder, Millionen Märtyrer bestätigt ist: die endlich,"
fügt sie hinzu, "so viele wunderbare Jungfrauen hervorge-
bracht hat, welche die Schwachheiten ihres Geschlechts über-
wunden und sich Gott geopfert haben."

Die Verfassung von Schweden beruht auf dem Pro-
testantismus: der Ruhm, die Macht, die Weltstellung die-
ses Landes sind darauf gegründet; ihr aber wird er wie
eine Nothwendigkeit aufgelegt: abgestoßen von tausend Zu-
fälligkeiten, unberührt von seinem Geiste, eigenwillig reißt

Koͤnigin Chriſtine von Schweden.

Die Frage war nur eben welche dieß ſey.

Suchen wir hier nicht nach Gruͤnden, Beweiſen. Sie
hat oft geſagt, ſie habe an dem Proteſtantismus keine we-
ſentlichen Irrthuͤmer im Dogma gefunden. Aber wie ihre
Abneigung gegen denſelben aus einem urſpruͤnglichen, nicht
weiter abzuleitenden, nur durch die Umſtaͤnde erhoͤhten Ge-
fuͤhle herruͤhrt, ſo wirft ſie ſich mit einer eben ſo unerklaͤr-
lichen Neigung, mit unbedingter Sympathie auf die Seite
des Katholicismus.

Sie war neun Jahr alt, als man ihr zuerſt eine naͤ-
here Notiz von der katholiſchen Kirche gab: und ihr unter
andern ſagte, daß in derſelben der eheloſe Stand ein Ver-
dienſt ſey: „Ah,“ rief ſie aus, “wie ſchoͤn iſt dieß, dieſe
Religion will ich annehmen.”

Man verwies ihr das ernſtlich: deſto hartnaͤckiger
blieb ſie dabei.

Daran knuͤpften ſich weitere verwandte Eindruͤcke.
„Wenn man katholiſch iſt,“ ſagt ſie, „hat man den Troſt,
zu glauben was ſo viel edle Geiſter 16 Jahrhunderte lang
geglaubt: einer Religion anzugehoͤren die durch Millionen
Wunder, Millionen Maͤrtyrer beſtaͤtigt iſt: die endlich,“
fuͤgt ſie hinzu, „ſo viele wunderbare Jungfrauen hervorge-
bracht hat, welche die Schwachheiten ihres Geſchlechts uͤber-
wunden und ſich Gott geopfert haben.“

Die Verfaſſung von Schweden beruht auf dem Pro-
teſtantismus: der Ruhm, die Macht, die Weltſtellung die-
ſes Landes ſind darauf gegruͤndet; ihr aber wird er wie
eine Nothwendigkeit aufgelegt: abgeſtoßen von tauſend Zu-
faͤlligkeiten, unberuͤhrt von ſeinem Geiſte, eigenwillig reißt

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[89/0101] Koͤnigin Chriſtine von Schweden. Die Frage war nur eben welche dieß ſey. Suchen wir hier nicht nach Gruͤnden, Beweiſen. Sie hat oft geſagt, ſie habe an dem Proteſtantismus keine we- ſentlichen Irrthuͤmer im Dogma gefunden. Aber wie ihre Abneigung gegen denſelben aus einem urſpruͤnglichen, nicht weiter abzuleitenden, nur durch die Umſtaͤnde erhoͤhten Ge- fuͤhle herruͤhrt, ſo wirft ſie ſich mit einer eben ſo unerklaͤr- lichen Neigung, mit unbedingter Sympathie auf die Seite des Katholicismus. Sie war neun Jahr alt, als man ihr zuerſt eine naͤ- here Notiz von der katholiſchen Kirche gab: und ihr unter andern ſagte, daß in derſelben der eheloſe Stand ein Ver- dienſt ſey: „Ah,“ rief ſie aus, “wie ſchoͤn iſt dieß, dieſe Religion will ich annehmen.” Man verwies ihr das ernſtlich: deſto hartnaͤckiger blieb ſie dabei. Daran knuͤpften ſich weitere verwandte Eindruͤcke. „Wenn man katholiſch iſt,“ ſagt ſie, „hat man den Troſt, zu glauben was ſo viel edle Geiſter 16 Jahrhunderte lang geglaubt: einer Religion anzugehoͤren die durch Millionen Wunder, Millionen Maͤrtyrer beſtaͤtigt iſt: die endlich,“ fuͤgt ſie hinzu, „ſo viele wunderbare Jungfrauen hervorge- bracht hat, welche die Schwachheiten ihres Geſchlechts uͤber- wunden und ſich Gott geopfert haben.“ Die Verfaſſung von Schweden beruht auf dem Pro- teſtantismus: der Ruhm, die Macht, die Weltſtellung die- ſes Landes ſind darauf gegruͤndet; ihr aber wird er wie eine Nothwendigkeit aufgelegt: abgeſtoßen von tauſend Zu- faͤlligkeiten, unberuͤhrt von ſeinem Geiſte, eigenwillig reißt

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/101>, abgerufen am 23.11.2024.