Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch V. Gegenreformationen.
leichtem persönlichen Verhältniß beruhend, eine große Ver-
änderung in den wichtigsten Angelegenheiten herbeiführte.

Der König mißgönnte seinem Bruder, Herzog von
Anjou, der bei Moncontour angeführt hatte, die Ehre die
Hugenotten zu besiegen, das Königreich zu beruhigen. Seine
Umgebung bestärkte ihn darin: auch sie war auf die Um-
gebung Anjous eifersüchtig. Mit der Ehre, fürchteten
sie, würde die Gewalt Hand in Hand gehn. Nicht al-
lein wurden nun die erfochtenen Vortheile auf das lang-
samste verfolgt: in kurzem trat der streng katholischen Par-
tei, die sich um Anjou sammelte, an dem Hofe eine an-
dere, gemäßigte entgegen, welche eine gerade entgegengesetzte
Politik einschlug. Sie schloß Frieden mit den Hugenot-
ten, und zog die Häupter derselben an den Hof. Im Jahre
1569 hatten die Franzosen im Bunde mit Spanien und
dem Papst die Königin von England zu stürzen gesucht:
im Sommer 1572 sehen wir sie im Bunde mit derselben
Königin, um den Spaniern die Niederlande zu entreißen.

Indeß war doch dieß eine zu rasche, zu wenig vorberei-
tete Veränderung, als daß sie sich hätte halten können.
Die gewaltsamste Explosion erfolgte, unter der zuletzt al-
les wieder in den früheren Gang einbog.

Es ist wohl nicht anders, als daß die Königin Ca-
tharina Medici, während sie auf die Politik, die Pläne
der herrschenden Partei, die wenigstens zum Theil, in so-
fern sie ihren jüngsten Sohn Alencon auf den Thron von
England befördern zu müssen schienen, auch in ihrem In-
teresse lagen, nicht ohne Lebhaftigkeit und Wärme einging,
dennoch alles zur Ausführung eines entgegengesetzten Schla-

Buch V. Gegenreformationen.
leichtem perſoͤnlichen Verhaͤltniß beruhend, eine große Ver-
aͤnderung in den wichtigſten Angelegenheiten herbeifuͤhrte.

Der Koͤnig mißgoͤnnte ſeinem Bruder, Herzog von
Anjou, der bei Moncontour angefuͤhrt hatte, die Ehre die
Hugenotten zu beſiegen, das Koͤnigreich zu beruhigen. Seine
Umgebung beſtaͤrkte ihn darin: auch ſie war auf die Um-
gebung Anjous eiferſuͤchtig. Mit der Ehre, fuͤrchteten
ſie, wuͤrde die Gewalt Hand in Hand gehn. Nicht al-
lein wurden nun die erfochtenen Vortheile auf das lang-
ſamſte verfolgt: in kurzem trat der ſtreng katholiſchen Par-
tei, die ſich um Anjou ſammelte, an dem Hofe eine an-
dere, gemaͤßigte entgegen, welche eine gerade entgegengeſetzte
Politik einſchlug. Sie ſchloß Frieden mit den Hugenot-
ten, und zog die Haͤupter derſelben an den Hof. Im Jahre
1569 hatten die Franzoſen im Bunde mit Spanien und
dem Papſt die Koͤnigin von England zu ſtuͤrzen geſucht:
im Sommer 1572 ſehen wir ſie im Bunde mit derſelben
Koͤnigin, um den Spaniern die Niederlande zu entreißen.

Indeß war doch dieß eine zu raſche, zu wenig vorberei-
tete Veraͤnderung, als daß ſie ſich haͤtte halten koͤnnen.
Die gewaltſamſte Exploſion erfolgte, unter der zuletzt al-
les wieder in den fruͤheren Gang einbog.

Es iſt wohl nicht anders, als daß die Koͤnigin Ca-
tharina Medici, waͤhrend ſie auf die Politik, die Plaͤne
der herrſchenden Partei, die wenigſtens zum Theil, in ſo-
fern ſie ihren juͤngſten Sohn Alençon auf den Thron von
England befoͤrdern zu muͤſſen ſchienen, auch in ihrem In-
tereſſe lagen, nicht ohne Lebhaftigkeit und Waͤrme einging,
dennoch alles zur Ausfuͤhrung eines entgegengeſetzten Schla-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0078" n="66"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch <hi rendition="#aq">V.</hi> Gegenreformationen</hi>.</fw><lb/>
leichtem per&#x017F;o&#x0364;nlichen Verha&#x0364;ltniß beruhend, eine große Ver-<lb/>
a&#x0364;nderung in den wichtig&#x017F;ten Angelegenheiten herbeifu&#x0364;hrte.</p><lb/>
          <p>Der Ko&#x0364;nig mißgo&#x0364;nnte &#x017F;einem Bruder, Herzog von<lb/>
Anjou, der bei Moncontour angefu&#x0364;hrt hatte, die Ehre die<lb/>
Hugenotten zu be&#x017F;iegen, das Ko&#x0364;nigreich zu beruhigen. Seine<lb/>
Umgebung be&#x017F;ta&#x0364;rkte ihn darin: auch &#x017F;ie war auf die Um-<lb/>
gebung Anjous eifer&#x017F;u&#x0364;chtig. Mit der Ehre, fu&#x0364;rchteten<lb/>
&#x017F;ie, wu&#x0364;rde die Gewalt Hand in Hand gehn. Nicht al-<lb/>
lein wurden nun die erfochtenen Vortheile auf das lang-<lb/>
&#x017F;am&#x017F;te verfolgt: in kurzem trat der &#x017F;treng katholi&#x017F;chen Par-<lb/>
tei, die &#x017F;ich um Anjou &#x017F;ammelte, an dem Hofe eine an-<lb/>
dere, gema&#x0364;ßigte entgegen, welche eine gerade entgegenge&#x017F;etzte<lb/>
Politik ein&#x017F;chlug. Sie &#x017F;chloß Frieden mit den Hugenot-<lb/>
ten, und zog die Ha&#x0364;upter der&#x017F;elben an den Hof. Im Jahre<lb/>
1569 hatten die Franzo&#x017F;en im Bunde mit Spanien und<lb/>
dem Pap&#x017F;t die Ko&#x0364;nigin von England zu &#x017F;tu&#x0364;rzen ge&#x017F;ucht:<lb/>
im Sommer 1572 &#x017F;ehen wir &#x017F;ie im Bunde mit der&#x017F;elben<lb/>
Ko&#x0364;nigin, um den Spaniern die Niederlande zu entreißen.</p><lb/>
          <p>Indeß war doch dieß eine zu ra&#x017F;che, zu wenig vorberei-<lb/>
tete Vera&#x0364;nderung, als daß &#x017F;ie &#x017F;ich ha&#x0364;tte halten ko&#x0364;nnen.<lb/>
Die gewalt&#x017F;am&#x017F;te Explo&#x017F;ion erfolgte, unter der zuletzt al-<lb/>
les wieder in den fru&#x0364;heren Gang einbog.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t wohl nicht anders, als daß die Ko&#x0364;nigin Ca-<lb/>
tharina Medici, wa&#x0364;hrend &#x017F;ie auf die Politik, die Pla&#x0364;ne<lb/>
der herr&#x017F;chenden Partei, die wenig&#x017F;tens zum Theil, in &#x017F;o-<lb/>
fern &#x017F;ie ihren ju&#x0364;ng&#x017F;ten Sohn Alen<hi rendition="#aq">ç</hi>on auf den Thron von<lb/>
England befo&#x0364;rdern zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chienen, auch in ihrem In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e lagen, nicht ohne Lebhaftigkeit und Wa&#x0364;rme einging,<lb/>
dennoch alles zur Ausfu&#x0364;hrung eines entgegenge&#x017F;etzten Schla-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0078] Buch V. Gegenreformationen. leichtem perſoͤnlichen Verhaͤltniß beruhend, eine große Ver- aͤnderung in den wichtigſten Angelegenheiten herbeifuͤhrte. Der Koͤnig mißgoͤnnte ſeinem Bruder, Herzog von Anjou, der bei Moncontour angefuͤhrt hatte, die Ehre die Hugenotten zu beſiegen, das Koͤnigreich zu beruhigen. Seine Umgebung beſtaͤrkte ihn darin: auch ſie war auf die Um- gebung Anjous eiferſuͤchtig. Mit der Ehre, fuͤrchteten ſie, wuͤrde die Gewalt Hand in Hand gehn. Nicht al- lein wurden nun die erfochtenen Vortheile auf das lang- ſamſte verfolgt: in kurzem trat der ſtreng katholiſchen Par- tei, die ſich um Anjou ſammelte, an dem Hofe eine an- dere, gemaͤßigte entgegen, welche eine gerade entgegengeſetzte Politik einſchlug. Sie ſchloß Frieden mit den Hugenot- ten, und zog die Haͤupter derſelben an den Hof. Im Jahre 1569 hatten die Franzoſen im Bunde mit Spanien und dem Papſt die Koͤnigin von England zu ſtuͤrzen geſucht: im Sommer 1572 ſehen wir ſie im Bunde mit derſelben Koͤnigin, um den Spaniern die Niederlande zu entreißen. Indeß war doch dieß eine zu raſche, zu wenig vorberei- tete Veraͤnderung, als daß ſie ſich haͤtte halten koͤnnen. Die gewaltſamſte Exploſion erfolgte, unter der zuletzt al- les wieder in den fruͤheren Gang einbog. Es iſt wohl nicht anders, als daß die Koͤnigin Ca- tharina Medici, waͤhrend ſie auf die Politik, die Plaͤne der herrſchenden Partei, die wenigſtens zum Theil, in ſo- fern ſie ihren juͤngſten Sohn Alençon auf den Thron von England befoͤrdern zu muͤſſen ſchienen, auch in ihrem In- tereſſe lagen, nicht ohne Lebhaftigkeit und Waͤrme einging, dennoch alles zur Ausfuͤhrung eines entgegengeſetzten Schla-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/78
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/78>, abgerufen am 24.11.2024.