vollkommen: keinen Widerspruch ließ er sich darin stören, keine Berufung auf Rechte, die er allerdings dadurch verletzte.
Diese Bisthümer bekamen aber eine doppelte Bedeu- tung, seitdem das tridentinische Concilium die Kirchendis- ciplin so ausnehmend geschärft hatte. Nach kurzem Beden- ken nahm Philipp II. die Decrete des Conciliums an, und ließ sie auch in den Niederlanden verkündigen. Das Le- ben, das bisher Mittel gefunden sich ohne großen Zwang zu bewegen, sollte unter scharfe Aufsicht genommen, und auf das strengste einer Form unterworfen werden, der es eben sich zu entziehen im Begriff stand.
Dazu kamen nun die Strafbefehle, deren in den Nie- derlanden schon unter der vorigen Regierung so viele ge- geben worden, der Eifer der Inquisitoren, den das neue römische Tribunal von Tag zu Tag mehr anspornte.
Die Niederländer unterließen nichts, um den König zu einer Milderung seiner Strenge zu bewegen, und zu- weilen schien es wohl, als sey er dazu geneigt: Graf Eg- mont glaubte bei seiner Anwesenheit in Spanien Zusiche- rungen davon empfangen zu haben. Jedoch es war schon an sich schwer zu erwarten. Wir berührten, wie sehr die Herrschaft Philipps II. allenthalben auf einem geistlichen Moment beruhte: hätte er den Niederländern Concessionen gemacht, so würde man deren auch in Spanien gefordert haben, wo er sie niemals gewähren konnte. Es lag auch über ihm -- verkennen wir es nicht -- eine zwingende Nothwendigkeit. Aber außerdem waren dieß die Zeiten, in welchen die Erhebung und die ersten Handlungen Pius V. in der ganzen katholischen Christenheit einen neuen Eifer
Gewaltthaͤtigkeiten in den Niederlanden.
vollkommen: keinen Widerſpruch ließ er ſich darin ſtoͤren, keine Berufung auf Rechte, die er allerdings dadurch verletzte.
Dieſe Bisthuͤmer bekamen aber eine doppelte Bedeu- tung, ſeitdem das tridentiniſche Concilium die Kirchendis- ciplin ſo ausnehmend geſchaͤrft hatte. Nach kurzem Beden- ken nahm Philipp II. die Decrete des Conciliums an, und ließ ſie auch in den Niederlanden verkuͤndigen. Das Le- ben, das bisher Mittel gefunden ſich ohne großen Zwang zu bewegen, ſollte unter ſcharfe Aufſicht genommen, und auf das ſtrengſte einer Form unterworfen werden, der es eben ſich zu entziehen im Begriff ſtand.
Dazu kamen nun die Strafbefehle, deren in den Nie- derlanden ſchon unter der vorigen Regierung ſo viele ge- geben worden, der Eifer der Inquiſitoren, den das neue roͤmiſche Tribunal von Tag zu Tag mehr anſpornte.
Die Niederlaͤnder unterließen nichts, um den Koͤnig zu einer Milderung ſeiner Strenge zu bewegen, und zu- weilen ſchien es wohl, als ſey er dazu geneigt: Graf Eg- mont glaubte bei ſeiner Anweſenheit in Spanien Zuſiche- rungen davon empfangen zu haben. Jedoch es war ſchon an ſich ſchwer zu erwarten. Wir beruͤhrten, wie ſehr die Herrſchaft Philipps II. allenthalben auf einem geiſtlichen Moment beruhte: haͤtte er den Niederlaͤndern Conceſſionen gemacht, ſo wuͤrde man deren auch in Spanien gefordert haben, wo er ſie niemals gewaͤhren konnte. Es lag auch uͤber ihm — verkennen wir es nicht — eine zwingende Nothwendigkeit. Aber außerdem waren dieß die Zeiten, in welchen die Erhebung und die erſten Handlungen Pius V. in der ganzen katholiſchen Chriſtenheit einen neuen Eifer
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[55/0067]
Gewaltthaͤtigkeiten in den Niederlanden.
vollkommen: keinen Widerſpruch ließ er ſich darin ſtoͤren,
keine Berufung auf Rechte, die er allerdings dadurch verletzte.
Dieſe Bisthuͤmer bekamen aber eine doppelte Bedeu-
tung, ſeitdem das tridentiniſche Concilium die Kirchendis-
ciplin ſo ausnehmend geſchaͤrft hatte. Nach kurzem Beden-
ken nahm Philipp II. die Decrete des Conciliums an, und
ließ ſie auch in den Niederlanden verkuͤndigen. Das Le-
ben, das bisher Mittel gefunden ſich ohne großen Zwang
zu bewegen, ſollte unter ſcharfe Aufſicht genommen, und
auf das ſtrengſte einer Form unterworfen werden, der es
eben ſich zu entziehen im Begriff ſtand.
Dazu kamen nun die Strafbefehle, deren in den Nie-
derlanden ſchon unter der vorigen Regierung ſo viele ge-
geben worden, der Eifer der Inquiſitoren, den das neue
roͤmiſche Tribunal von Tag zu Tag mehr anſpornte.
Die Niederlaͤnder unterließen nichts, um den Koͤnig
zu einer Milderung ſeiner Strenge zu bewegen, und zu-
weilen ſchien es wohl, als ſey er dazu geneigt: Graf Eg-
mont glaubte bei ſeiner Anweſenheit in Spanien Zuſiche-
rungen davon empfangen zu haben. Jedoch es war ſchon
an ſich ſchwer zu erwarten. Wir beruͤhrten, wie ſehr die
Herrſchaft Philipps II. allenthalben auf einem geiſtlichen
Moment beruhte: haͤtte er den Niederlaͤndern Conceſſionen
gemacht, ſo wuͤrde man deren auch in Spanien gefordert
haben, wo er ſie niemals gewaͤhren konnte. Es lag auch
uͤber ihm — verkennen wir es nicht — eine zwingende
Nothwendigkeit. Aber außerdem waren dieß die Zeiten,
in welchen die Erhebung und die erſten Handlungen Pius V.
in der ganzen katholiſchen Chriſtenheit einen neuen Eifer
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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