her in deren Belieben gestanden, unterwarf er einer Ermä- ßigung der Reichskreise 1): man muß sagen, daß der Kai- ser indem er den General entließ, zugleich sein Heer zer- störte, die moralische Kraft ihm nahm. Ein Italiener, der früher in päpstlichen Diensten gestanden, Torquato Conti, sollte dem beherzten und eifrigen Feinde damit Widerstand lei- sten. Es liegt in der Sache, daß dieser schlecht ausfiel: das kaiserliche Heer zeigte sich nicht mehr als das alte: man sah nichts als Unentschlossenheit, Schwanken, Schrecken, Ver- lust: Gustav Adolf schlug es vollkommen aus dem Felde, und setzte sich an der untern Oder fest.
Anfangs glaubte man in Oberdeutschland, daß dieß für das übrige Reich wenig zu bedeuten habe: -- mit großer Ruhe fuhr indeß Tilly in seinen Unternehmungen an der Elbe fort. Daß er endlich Magdeburg eroberte, erschien dem Papst als ein großer Sieg: man knüpfte die glänzendsten Hoffnungen daran. Schon wurde auf Tillys Antrieb ein Commissarius ernannt, "um die Angelegenheiten des Erz- bisthums nach den Gesetzen der katholichen Kirche einzu- richten."
Allein eben dieß bewirkte nun, daß alle noch unent- schiedenen protestantischen Fürsten sich an Gustav Adolf an- schlossen, und indem Tilly sie daran zu hindern suchte, mit der Liga in eine Feindschaft geriethen, welche es nicht län- ger gestattete einen Unterschied zwischen ligistischen und kaiserlichen Völkern zu machen. Die Schlacht von Leipzig
er-
1)Adlzreitter III, XV, 48. Caesar statuit ne in posterum stipendia pro tribunorum arbitrio, sed ex circulornm praescripta moderatione penderentur.
BuchVII.Kap. 4.
her in deren Belieben geſtanden, unterwarf er einer Ermaͤ- ßigung der Reichskreiſe 1): man muß ſagen, daß der Kai- ſer indem er den General entließ, zugleich ſein Heer zer- ſtoͤrte, die moraliſche Kraft ihm nahm. Ein Italiener, der fruͤher in paͤpſtlichen Dienſten geſtanden, Torquato Conti, ſollte dem beherzten und eifrigen Feinde damit Widerſtand lei- ſten. Es liegt in der Sache, daß dieſer ſchlecht ausfiel: das kaiſerliche Heer zeigte ſich nicht mehr als das alte: man ſah nichts als Unentſchloſſenheit, Schwanken, Schrecken, Ver- luſt: Guſtav Adolf ſchlug es vollkommen aus dem Felde, und ſetzte ſich an der untern Oder feſt.
Anfangs glaubte man in Oberdeutſchland, daß dieß fuͤr das uͤbrige Reich wenig zu bedeuten habe: — mit großer Ruhe fuhr indeß Tilly in ſeinen Unternehmungen an der Elbe fort. Daß er endlich Magdeburg eroberte, erſchien dem Papſt als ein großer Sieg: man knuͤpfte die glaͤnzendſten Hoffnungen daran. Schon wurde auf Tillys Antrieb ein Commiſſarius ernannt, „um die Angelegenheiten des Erz- bisthums nach den Geſetzen der katholichen Kirche einzu- richten.“
Allein eben dieß bewirkte nun, daß alle noch unent- ſchiedenen proteſtantiſchen Fuͤrſten ſich an Guſtav Adolf an- ſchloſſen, und indem Tilly ſie daran zu hindern ſuchte, mit der Liga in eine Feindſchaft geriethen, welche es nicht laͤn- ger geſtattete einen Unterſchied zwiſchen ligiſtiſchen und kaiſerlichen Voͤlkern zu machen. Die Schlacht von Leipzig
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1)Adlzreitter III, XV, 48. Caesar statuit ne in posterum stipendia pro tribunorum arbitrio, sed ex circulornm praescripta moderatione penderentur.
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Buch VII. Kap. 4.
her in deren Belieben geſtanden, unterwarf er einer Ermaͤ-
ßigung der Reichskreiſe 1): man muß ſagen, daß der Kai-
ſer indem er den General entließ, zugleich ſein Heer zer-
ſtoͤrte, die moraliſche Kraft ihm nahm. Ein Italiener, der
fruͤher in paͤpſtlichen Dienſten geſtanden, Torquato Conti,
ſollte dem beherzten und eifrigen Feinde damit Widerſtand lei-
ſten. Es liegt in der Sache, daß dieſer ſchlecht ausfiel: das
kaiſerliche Heer zeigte ſich nicht mehr als das alte: man ſah
nichts als Unentſchloſſenheit, Schwanken, Schrecken, Ver-
luſt: Guſtav Adolf ſchlug es vollkommen aus dem Felde,
und ſetzte ſich an der untern Oder feſt.
Anfangs glaubte man in Oberdeutſchland, daß dieß
fuͤr das uͤbrige Reich wenig zu bedeuten habe: — mit großer
Ruhe fuhr indeß Tilly in ſeinen Unternehmungen an der Elbe
fort. Daß er endlich Magdeburg eroberte, erſchien dem
Papſt als ein großer Sieg: man knuͤpfte die glaͤnzendſten
Hoffnungen daran. Schon wurde auf Tillys Antrieb ein
Commiſſarius ernannt, „um die Angelegenheiten des Erz-
bisthums nach den Geſetzen der katholichen Kirche einzu-
richten.“
Allein eben dieß bewirkte nun, daß alle noch unent-
ſchiedenen proteſtantiſchen Fuͤrſten ſich an Guſtav Adolf an-
ſchloſſen, und indem Tilly ſie daran zu hindern ſuchte, mit
der Liga in eine Feindſchaft geriethen, welche es nicht laͤn-
ger geſtattete einen Unterſchied zwiſchen ligiſtiſchen und
kaiſerlichen Voͤlkern zu machen. Die Schlacht von Leipzig
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1) Adlzreitter III, XV, 48. Caesar statuit ne in posterum
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/572>, abgerufen am 16.02.2025.
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