Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch VII. Kap. 4. zu. Die Gestalt des Conclave war damals von den frü-heren dadurch unterschieden, daß der letzte Papst nur eine kurze Zeit gesessen. Obwohl er eine bedeutende Anzahl Car- dinäle ernannt hatte, so waren doch die Creaturen seines Vorgängers noch immer eben so zahlreich: in dem Con- clave standen einander der vorletzte und der letzte Nepot mit ziemlich gleichen Kräften gegenüber. Maffeo Barberino soll jedem von ihnen zn verstehn gegeben haben, er sey ein Gegner des andern: man behauptet, daß er hierauf von beiden und zwar von jedem aus Haß wider den andern unterstützt worden sey. Noch wirksamer jedoch war es ohne Zweifel, daß er sich immer als einen Verfechter der juris- dictionellen Ansprüche der römischen Curie gezeigt und sich da- durch der Mehrzahl der Cardinäle werth gemacht hatte. Ge- nug von eigenem Verdienst und fremder Unterstützung gleich ge- fördert drang Maffeo Barberino durch, und stieg in dem fri- schen Alter von 55 Jahren zur Würde des Papstthums auf. Gar bald nahm der Hof einen starken Unterschied zwi- Es wird sich in der Regel finden, daß die Zeit, in Buch VII. Kap. 4. zu. Die Geſtalt des Conclave war damals von den fruͤ-heren dadurch unterſchieden, daß der letzte Papſt nur eine kurze Zeit geſeſſen. Obwohl er eine bedeutende Anzahl Car- dinaͤle ernannt hatte, ſo waren doch die Creaturen ſeines Vorgaͤngers noch immer eben ſo zahlreich: in dem Con- clave ſtanden einander der vorletzte und der letzte Nepot mit ziemlich gleichen Kraͤften gegenuͤber. Maffeo Barberino ſoll jedem von ihnen zn verſtehn gegeben haben, er ſey ein Gegner des andern: man behauptet, daß er hierauf von beiden und zwar von jedem aus Haß wider den andern unterſtuͤtzt worden ſey. Noch wirkſamer jedoch war es ohne Zweifel, daß er ſich immer als einen Verfechter der juris- dictionellen Anſpruͤche der roͤmiſchen Curie gezeigt und ſich da- durch der Mehrzahl der Cardinaͤle werth gemacht hatte. Ge- nug von eigenem Verdienſt und fremder Unterſtuͤtzung gleich ge- foͤrdert drang Maffeo Barberino durch, und ſtieg in dem fri- ſchen Alter von 55 Jahren zur Wuͤrde des Papſtthums auf. Gar bald nahm der Hof einen ſtarken Unterſchied zwi- Es wird ſich in der Regel finden, daß die Zeit, in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0548" n="536"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#g">Kap</hi>. 4.</fw><lb/> zu. Die Geſtalt des Conclave war damals von den fruͤ-<lb/> heren dadurch unterſchieden, daß der letzte Papſt nur eine<lb/> kurze Zeit geſeſſen. Obwohl er eine bedeutende Anzahl Car-<lb/> dinaͤle ernannt hatte, ſo waren doch die Creaturen ſeines<lb/> Vorgaͤngers noch immer eben ſo zahlreich: in dem Con-<lb/> clave ſtanden einander der vorletzte und der letzte Nepot<lb/> mit ziemlich gleichen Kraͤften gegenuͤber. Maffeo Barberino<lb/> ſoll jedem von ihnen zn verſtehn gegeben haben, er ſey<lb/> ein Gegner des andern: man behauptet, daß er hierauf von<lb/> beiden und zwar von jedem aus Haß wider den andern<lb/> unterſtuͤtzt worden ſey. Noch wirkſamer jedoch war es ohne<lb/> Zweifel, daß er ſich immer als einen Verfechter der juris-<lb/> dictionellen Anſpruͤche der roͤmiſchen Curie gezeigt und ſich da-<lb/> durch der Mehrzahl der Cardinaͤle werth gemacht hatte. Ge-<lb/> nug von eigenem Verdienſt und fremder Unterſtuͤtzung gleich ge-<lb/> foͤrdert drang Maffeo Barberino durch, und ſtieg in dem fri-<lb/> ſchen Alter von 55 Jahren zur Wuͤrde des Papſtthums auf.</p><lb/> <p>Gar bald nahm der Hof einen ſtarken Unterſchied zwi-<lb/> ſchen ihm und ſeinen naͤchſten Vorfahren wahr. Clemens<lb/> den <hi rendition="#aq">VIII.</hi> fand man in der Regel mit den Werken des h.<lb/> Bernard, Paul <hi rendition="#aq">V.</hi> mit den Schriften des ſel. Juſtinian von<lb/> Venedig beſchaͤftigt: bei dem neuen Papſt Urban <hi rendition="#aq">VIII.</hi> la-<lb/> gen dagegen die neueſten Gedichte oder auch Fortifications-<lb/> zeichnungen auf dem Arbeitstiſche.</p><lb/> <p>Es wird ſich in der Regel finden, daß die Zeit, in<lb/> der ein Menſch ſeine entſchiedene Richtung ergreift, in die<lb/> erſte Bluͤthe der maͤnnlichen Jahre faͤllt: in denen er an<lb/> Staat oder Literatur einen ſelbſtthaͤtigen Antheil zu nehmen<lb/> anfaͤngt. Die Jugend Pauls <hi rendition="#aq">V</hi>, geboren 1552, Gre-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [536/0548]
Buch VII. Kap. 4.
zu. Die Geſtalt des Conclave war damals von den fruͤ-
heren dadurch unterſchieden, daß der letzte Papſt nur eine
kurze Zeit geſeſſen. Obwohl er eine bedeutende Anzahl Car-
dinaͤle ernannt hatte, ſo waren doch die Creaturen ſeines
Vorgaͤngers noch immer eben ſo zahlreich: in dem Con-
clave ſtanden einander der vorletzte und der letzte Nepot
mit ziemlich gleichen Kraͤften gegenuͤber. Maffeo Barberino
ſoll jedem von ihnen zn verſtehn gegeben haben, er ſey
ein Gegner des andern: man behauptet, daß er hierauf von
beiden und zwar von jedem aus Haß wider den andern
unterſtuͤtzt worden ſey. Noch wirkſamer jedoch war es ohne
Zweifel, daß er ſich immer als einen Verfechter der juris-
dictionellen Anſpruͤche der roͤmiſchen Curie gezeigt und ſich da-
durch der Mehrzahl der Cardinaͤle werth gemacht hatte. Ge-
nug von eigenem Verdienſt und fremder Unterſtuͤtzung gleich ge-
foͤrdert drang Maffeo Barberino durch, und ſtieg in dem fri-
ſchen Alter von 55 Jahren zur Wuͤrde des Papſtthums auf.
Gar bald nahm der Hof einen ſtarken Unterſchied zwi-
ſchen ihm und ſeinen naͤchſten Vorfahren wahr. Clemens
den VIII. fand man in der Regel mit den Werken des h.
Bernard, Paul V. mit den Schriften des ſel. Juſtinian von
Venedig beſchaͤftigt: bei dem neuen Papſt Urban VIII. la-
gen dagegen die neueſten Gedichte oder auch Fortifications-
zeichnungen auf dem Arbeitstiſche.
Es wird ſich in der Regel finden, daß die Zeit, in
der ein Menſch ſeine entſchiedene Richtung ergreift, in die
erſte Bluͤthe der maͤnnlichen Jahre faͤllt: in denen er an
Staat oder Literatur einen ſelbſtthaͤtigen Antheil zu nehmen
anfaͤngt. Die Jugend Pauls V, geboren 1552, Gre-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |