des Hauses Oestreich, ermannten sich, sondern auch die französischen, die Gegner Richelieus selbst, faßten unter der neuen politischen Combination wieder Muth. Sie selbst sagen, sie hätten gehofft, im schlimmsten Falle durch die jetzigen Verbündeten des Königs wieder mit ihm ausgesöhnt zu werden 1). Rohan erhob sich zu Lande, Soubise zur See. Im Mai 1625 waren die Hugenotten weit und breit in den Waffen.
Und in demselben Momente traten dem Cardinal auf der andern Seite vielleicht noch gefährlichere Feinde hervor. Bei aller seiner Neigung zu Frankreich besaß Urban VIII. doch zu viel Selbstgefühl, als daß er die Verjagung seiner Garnisonen aus Graubündten so leicht hätte verschmerzen sol- len 2). Er ließ Truppen werben und nach dem Mailän- dischen vorrücken, in der ausgesprochenen Absicht mit den Spaniern im Bunde die verlornen Plätze wieder einzuneh- men. Wohl mag es seyn, daß auf diese Kriegsbedrohun- gen wenig zu geben war. Allein um so mehr hatte die kirchliche Einwirkung zu bedeuten, die sich damit ver- knüpfte. Die Klagen des päpstlichen Nuntius, daß der allerchristlichste König der Gehülfe ketzerischer Fürsten seyn wolle, fanden Anklang in Frankreich: die Jesuiten traten mit ihren ultramontanen Doctrinen hervor: von den Stren-
1)Memoires de Rohan P. I, p. 146: "esperant que s'il venoit a bout, les allies et ligues avec le roi le porteroient plus facilement a un accommodement."
2)Relatione di P. Contarini: S. Sta (er spricht von der er- sten Zeit nachdem die Nachricht eingelaufen war) sommamente dis- gustata, stimando poco rispetto s'havesse portato alle sue in- segne, del continuo e grandemente se ne querelava.
BuchVII.Kap. 3. Gegenſatz
des Hauſes Oeſtreich, ermannten ſich, ſondern auch die franzoͤſiſchen, die Gegner Richelieus ſelbſt, faßten unter der neuen politiſchen Combination wieder Muth. Sie ſelbſt ſagen, ſie haͤtten gehofft, im ſchlimmſten Falle durch die jetzigen Verbuͤndeten des Koͤnigs wieder mit ihm ausgeſoͤhnt zu werden 1). Rohan erhob ſich zu Lande, Soubiſe zur See. Im Mai 1625 waren die Hugenotten weit und breit in den Waffen.
Und in demſelben Momente traten dem Cardinal auf der andern Seite vielleicht noch gefaͤhrlichere Feinde hervor. Bei aller ſeiner Neigung zu Frankreich beſaß Urban VIII. doch zu viel Selbſtgefuͤhl, als daß er die Verjagung ſeiner Garniſonen aus Graubuͤndten ſo leicht haͤtte verſchmerzen ſol- len 2). Er ließ Truppen werben und nach dem Mailaͤn- diſchen vorruͤcken, in der ausgeſprochenen Abſicht mit den Spaniern im Bunde die verlornen Plaͤtze wieder einzuneh- men. Wohl mag es ſeyn, daß auf dieſe Kriegsbedrohun- gen wenig zu geben war. Allein um ſo mehr hatte die kirchliche Einwirkung zu bedeuten, die ſich damit ver- knuͤpfte. Die Klagen des paͤpſtlichen Nuntius, daß der allerchriſtlichſte Koͤnig der Gehuͤlfe ketzeriſcher Fuͤrſten ſeyn wolle, fanden Anklang in Frankreich: die Jeſuiten traten mit ihren ultramontanen Doctrinen hervor: von den Stren-
1)Mémoires de Rohan P. I, p. 146: „esperant que s’il venoit à bout, les alliés et ligués avec le roi le porteroient plus facilement à un accommodement.“
2)Relatione di P. Contarini: S. Stà (er ſpricht von der er- ſten Zeit nachdem die Nachricht eingelaufen war) sommamente dis- gustata, stimando poco rispetto s’havesse portato alle sue in- segne, del continuo e grandemente se ne querelava.
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Buch VII. Kap. 3. Gegenſatz
des Hauſes Oeſtreich, ermannten ſich, ſondern auch die
franzoͤſiſchen, die Gegner Richelieus ſelbſt, faßten unter der
neuen politiſchen Combination wieder Muth. Sie ſelbſt
ſagen, ſie haͤtten gehofft, im ſchlimmſten Falle durch die
jetzigen Verbuͤndeten des Koͤnigs wieder mit ihm ausgeſoͤhnt
zu werden 1). Rohan erhob ſich zu Lande, Soubiſe zur
See. Im Mai 1625 waren die Hugenotten weit und breit
in den Waffen.
Und in demſelben Momente traten dem Cardinal auf
der andern Seite vielleicht noch gefaͤhrlichere Feinde hervor.
Bei aller ſeiner Neigung zu Frankreich beſaß Urban VIII.
doch zu viel Selbſtgefuͤhl, als daß er die Verjagung ſeiner
Garniſonen aus Graubuͤndten ſo leicht haͤtte verſchmerzen ſol-
len 2). Er ließ Truppen werben und nach dem Mailaͤn-
diſchen vorruͤcken, in der ausgeſprochenen Abſicht mit den
Spaniern im Bunde die verlornen Plaͤtze wieder einzuneh-
men. Wohl mag es ſeyn, daß auf dieſe Kriegsbedrohun-
gen wenig zu geben war. Allein um ſo mehr hatte die
kirchliche Einwirkung zu bedeuten, die ſich damit ver-
knuͤpfte. Die Klagen des paͤpſtlichen Nuntius, daß der
allerchriſtlichſte Koͤnig der Gehuͤlfe ketzeriſcher Fuͤrſten ſeyn
wolle, fanden Anklang in Frankreich: die Jeſuiten traten
mit ihren ultramontanen Doctrinen hervor: von den Stren-
1) Mémoires de Rohan P. I, p. 146: „esperant que s’il
venoit à bout, les alliés et ligués avec le roi le porteroient
plus facilement à un accommodement.“
2) Relatione di P. Contarini: S. Stà (er ſpricht von der er-
ſten Zeit nachdem die Nachricht eingelaufen war) sommamente dis-
gustata, stimando poco rispetto s’havesse portato alle sue in-
segne, del continuo e grandemente se ne querelava.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/522>, abgerufen am 30.07.2024.
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