Cardinal der römischen Kirche, trug Richelieu kein Beden- ken mit den Protestanten selbst unverholen in Bund zu treten.
Zuerst näherte er sich den Engländern, um jene spa- nische Vermählung zu hintertreiben, die dem Hause Oest- reich so viel neuen Einfluß hätte verschaffen müssen. Es kamen ihm hiebei persönliche Verhältnisse zu Hülfe: die Un- geduld Jacobs I, der mit der Zärtlichkeit eines alten Man- nes der sich dem Tode nahe glaubt, nach der Rückkehr seines Sohnes und seines Lieblings verlangte: ein Mißverständ- niß zwischen den beiden leitenden Ministern Olivarez und Buckingham: aber das Meiste that doch auch hier die Sa- che selbst. Die pfälzische Angelegenheit entwickelte in der Unterhandlung mit Oestreich, Spanien, Baiern und Pfalz unüberwindliche Schwierigkeiten 1): -- eine Verbindung mit Frankreich dagegen ließ bei der neuen Richtung welche diese Macht nahm, eine baldige Entscheidung derselben durch die Waffen erwarten. Da nun diese Verbindung dem Kö- nig von England nicht allein eine eben so bedeutende Mit- gift verschaffte, sondern auch die Aussicht die englischen Katholiken mit dem Throne zu versöhnen, so zog er es vor, seinen Sohn mit einer französischen Prinzessin zu vermäh- len: er gewährte ihr dieselben religiösen Zugeständnisse die er den Spaniern gemacht.
Und sogleich rüstete man sich nun hierauf zu dem An- griff. Richelieu entwarf einen weltumfassenden Plan, wie
1) Aus einem Schreiben des Pfalzgrafen vom 30sten October ergibt sich, daß er nur mit Gewalt hätte zur Annahme der Vor- schläge die man ihm machte hätte bewogen werden können.
politiſcher Verhaͤltniſſe.
Cardinal der roͤmiſchen Kirche, trug Richelieu kein Beden- ken mit den Proteſtanten ſelbſt unverholen in Bund zu treten.
Zuerſt naͤherte er ſich den Englaͤndern, um jene ſpa- niſche Vermaͤhlung zu hintertreiben, die dem Hauſe Oeſt- reich ſo viel neuen Einfluß haͤtte verſchaffen muͤſſen. Es kamen ihm hiebei perſoͤnliche Verhaͤltniſſe zu Huͤlfe: die Un- geduld Jacobs I, der mit der Zaͤrtlichkeit eines alten Man- nes der ſich dem Tode nahe glaubt, nach der Ruͤckkehr ſeines Sohnes und ſeines Lieblings verlangte: ein Mißverſtaͤnd- niß zwiſchen den beiden leitenden Miniſtern Olivarez und Buckingham: aber das Meiſte that doch auch hier die Sa- che ſelbſt. Die pfaͤlziſche Angelegenheit entwickelte in der Unterhandlung mit Oeſtreich, Spanien, Baiern und Pfalz unuͤberwindliche Schwierigkeiten 1): — eine Verbindung mit Frankreich dagegen ließ bei der neuen Richtung welche dieſe Macht nahm, eine baldige Entſcheidung derſelben durch die Waffen erwarten. Da nun dieſe Verbindung dem Koͤ- nig von England nicht allein eine eben ſo bedeutende Mit- gift verſchaffte, ſondern auch die Ausſicht die engliſchen Katholiken mit dem Throne zu verſoͤhnen, ſo zog er es vor, ſeinen Sohn mit einer franzoͤſiſchen Prinzeſſin zu vermaͤh- len: er gewaͤhrte ihr dieſelben religioͤſen Zugeſtaͤndniſſe die er den Spaniern gemacht.
Und ſogleich ruͤſtete man ſich nun hierauf zu dem An- griff. Richelieu entwarf einen weltumfaſſenden Plan, wie
1) Aus einem Schreiben des Pfalzgrafen vom 30ſten October ergibt ſich, daß er nur mit Gewalt haͤtte zur Annahme der Vor- ſchlaͤge die man ihm machte haͤtte bewogen werden koͤnnen.
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politiſcher Verhaͤltniſſe.
Cardinal der roͤmiſchen Kirche, trug Richelieu kein Beden-
ken mit den Proteſtanten ſelbſt unverholen in Bund zu
treten.
Zuerſt naͤherte er ſich den Englaͤndern, um jene ſpa-
niſche Vermaͤhlung zu hintertreiben, die dem Hauſe Oeſt-
reich ſo viel neuen Einfluß haͤtte verſchaffen muͤſſen. Es
kamen ihm hiebei perſoͤnliche Verhaͤltniſſe zu Huͤlfe: die Un-
geduld Jacobs I, der mit der Zaͤrtlichkeit eines alten Man-
nes der ſich dem Tode nahe glaubt, nach der Ruͤckkehr ſeines
Sohnes und ſeines Lieblings verlangte: ein Mißverſtaͤnd-
niß zwiſchen den beiden leitenden Miniſtern Olivarez und
Buckingham: aber das Meiſte that doch auch hier die Sa-
che ſelbſt. Die pfaͤlziſche Angelegenheit entwickelte in der
Unterhandlung mit Oeſtreich, Spanien, Baiern und Pfalz
unuͤberwindliche Schwierigkeiten 1): — eine Verbindung
mit Frankreich dagegen ließ bei der neuen Richtung welche
dieſe Macht nahm, eine baldige Entſcheidung derſelben durch
die Waffen erwarten. Da nun dieſe Verbindung dem Koͤ-
nig von England nicht allein eine eben ſo bedeutende Mit-
gift verſchaffte, ſondern auch die Ausſicht die engliſchen
Katholiken mit dem Throne zu verſoͤhnen, ſo zog er es vor,
ſeinen Sohn mit einer franzoͤſiſchen Prinzeſſin zu vermaͤh-
len: er gewaͤhrte ihr dieſelben religioͤſen Zugeſtaͤndniſſe die
er den Spaniern gemacht.
Und ſogleich ruͤſtete man ſich nun hierauf zu dem An-
griff. Richelieu entwarf einen weltumfaſſenden Plan, wie
1) Aus einem Schreiben des Pfalzgrafen vom 30ſten October
ergibt ſich, daß er nur mit Gewalt haͤtte zur Annahme der Vor-
ſchlaͤge die man ihm machte haͤtte bewogen werden koͤnnen.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/519>, abgerufen am 26.11.2024.
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