drang die Mission vorwärts. Daraus folgte, daß mit dem- selben die größten politischen Veränderungen verbunden wa- ren, die doch auch als solche etwas bedeuten und Rück- wirkungen, die man nicht berechnen konnte, hervorrufen mußten.
Von allen diesen Veränderungen nun war ohne Zwei- fel die wichtigste, daß die deutsche Linie des Hauses Oest- reich, die bisher, durch die erbländischen Unruhen gefesselt, in die allgemeinen Angelegenheiten weniger eingegriffen, auf einmal zu der Selbständigkeit, Bedeutung und Kraft einer großen europäischen Macht gedieh. Durch die Erhebung des deutschen Oestreich geschah, daß auch Spanien, wel- ches sich seit Philipp II. friedlich gehalten, mit neuer Kriegs- lust zu seinen frühern Hoffnungen und Ansprüchen wieder- erwachte. Schon waren beide in Folge der Graubündtner Händel unmittelbar in Verbindung getreten: die Alpenpässe waren auf der italienischen Seite von Spanien, auf der deutschen von Oestreich in Besitz genommen: hier in dem hohen Gebirg schienen sie sich zu gemeinschaftlichen Unter- nehmungen nach allen Seiten der Welt hin die Hand zu bieten.
Gewiß lag in dieser Stellung auf der einen Seite eine große Aussicht für den Katholicismus selbst, dem sich beide Linien mit unverbrüchlicher Ergebenheit gewidmet hat- ten, aber auf der andern doch auch eine große Gefahr innerer Entzweiung. Wie viel Eifersucht hatte die spa- nische Monarchie unter Philipp II. erweckt! Aber bei wei- tem gewaltiger und kernhafter erhob sich jetzt die Gesammt- macht des Hauses durch den Anwachs ihrer deutschen
BuchVII.Kap. 3. Gegenſatz
drang die Miſſion vorwaͤrts. Daraus folgte, daß mit dem- ſelben die groͤßten politiſchen Veraͤnderungen verbunden wa- ren, die doch auch als ſolche etwas bedeuten und Ruͤck- wirkungen, die man nicht berechnen konnte, hervorrufen mußten.
Von allen dieſen Veraͤnderungen nun war ohne Zwei- fel die wichtigſte, daß die deutſche Linie des Hauſes Oeſt- reich, die bisher, durch die erblaͤndiſchen Unruhen gefeſſelt, in die allgemeinen Angelegenheiten weniger eingegriffen, auf einmal zu der Selbſtaͤndigkeit, Bedeutung und Kraft einer großen europaͤiſchen Macht gedieh. Durch die Erhebung des deutſchen Oeſtreich geſchah, daß auch Spanien, wel- ches ſich ſeit Philipp II. friedlich gehalten, mit neuer Kriegs- luſt zu ſeinen fruͤhern Hoffnungen und Anſpruͤchen wieder- erwachte. Schon waren beide in Folge der Graubuͤndtner Haͤndel unmittelbar in Verbindung getreten: die Alpenpaͤſſe waren auf der italieniſchen Seite von Spanien, auf der deutſchen von Oeſtreich in Beſitz genommen: hier in dem hohen Gebirg ſchienen ſie ſich zu gemeinſchaftlichen Unter- nehmungen nach allen Seiten der Welt hin die Hand zu bieten.
Gewiß lag in dieſer Stellung auf der einen Seite eine große Ausſicht fuͤr den Katholicismus ſelbſt, dem ſich beide Linien mit unverbruͤchlicher Ergebenheit gewidmet hat- ten, aber auf der andern doch auch eine große Gefahr innerer Entzweiung. Wie viel Eiferſucht hatte die ſpa- niſche Monarchie unter Philipp II. erweckt! Aber bei wei- tem gewaltiger und kernhafter erhob ſich jetzt die Geſammt- macht des Hauſes durch den Anwachs ihrer deutſchen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0514"n="502"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">VII.</hi><hirendition="#g">Kap. 3. Gegenſatz</hi></fw><lb/>
drang die Miſſion vorwaͤrts. Daraus folgte, daß mit dem-<lb/>ſelben die groͤßten politiſchen Veraͤnderungen verbunden wa-<lb/>
ren, die doch auch als ſolche etwas bedeuten und Ruͤck-<lb/>
wirkungen, die man nicht berechnen konnte, hervorrufen<lb/>
mußten.</p><lb/><p>Von allen dieſen Veraͤnderungen nun war ohne Zwei-<lb/>
fel die wichtigſte, daß die deutſche Linie des Hauſes Oeſt-<lb/>
reich, die bisher, durch die erblaͤndiſchen Unruhen gefeſſelt,<lb/>
in die allgemeinen Angelegenheiten weniger eingegriffen, auf<lb/>
einmal zu der Selbſtaͤndigkeit, Bedeutung und Kraft einer<lb/>
großen europaͤiſchen Macht gedieh. Durch die Erhebung<lb/>
des deutſchen Oeſtreich geſchah, daß auch Spanien, wel-<lb/>
ches ſich ſeit Philipp <hirendition="#aq">II.</hi> friedlich gehalten, mit neuer Kriegs-<lb/>
luſt zu ſeinen fruͤhern Hoffnungen und Anſpruͤchen wieder-<lb/>
erwachte. Schon waren beide in Folge der Graubuͤndtner<lb/>
Haͤndel unmittelbar in Verbindung getreten: die Alpenpaͤſſe<lb/>
waren auf der italieniſchen Seite von Spanien, auf der<lb/>
deutſchen von Oeſtreich in Beſitz genommen: hier in dem<lb/>
hohen Gebirg ſchienen ſie ſich zu gemeinſchaftlichen Unter-<lb/>
nehmungen nach allen Seiten der Welt hin die Hand zu<lb/>
bieten.</p><lb/><p>Gewiß lag in dieſer Stellung auf der einen Seite<lb/>
eine große Ausſicht fuͤr den Katholicismus ſelbſt, dem ſich<lb/>
beide Linien mit unverbruͤchlicher Ergebenheit gewidmet hat-<lb/>
ten, aber auf der andern doch auch eine große Gefahr<lb/>
innerer Entzweiung. Wie viel Eiferſucht hatte die ſpa-<lb/>
niſche Monarchie unter Philipp <hirendition="#aq">II.</hi> erweckt! Aber bei wei-<lb/>
tem gewaltiger und kernhafter erhob ſich jetzt die Geſammt-<lb/>
macht des Hauſes durch den Anwachs ihrer deutſchen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[502/0514]
Buch VII. Kap. 3. Gegenſatz
drang die Miſſion vorwaͤrts. Daraus folgte, daß mit dem-
ſelben die groͤßten politiſchen Veraͤnderungen verbunden wa-
ren, die doch auch als ſolche etwas bedeuten und Ruͤck-
wirkungen, die man nicht berechnen konnte, hervorrufen
mußten.
Von allen dieſen Veraͤnderungen nun war ohne Zwei-
fel die wichtigſte, daß die deutſche Linie des Hauſes Oeſt-
reich, die bisher, durch die erblaͤndiſchen Unruhen gefeſſelt,
in die allgemeinen Angelegenheiten weniger eingegriffen, auf
einmal zu der Selbſtaͤndigkeit, Bedeutung und Kraft einer
großen europaͤiſchen Macht gedieh. Durch die Erhebung
des deutſchen Oeſtreich geſchah, daß auch Spanien, wel-
ches ſich ſeit Philipp II. friedlich gehalten, mit neuer Kriegs-
luſt zu ſeinen fruͤhern Hoffnungen und Anſpruͤchen wieder-
erwachte. Schon waren beide in Folge der Graubuͤndtner
Haͤndel unmittelbar in Verbindung getreten: die Alpenpaͤſſe
waren auf der italieniſchen Seite von Spanien, auf der
deutſchen von Oeſtreich in Beſitz genommen: hier in dem
hohen Gebirg ſchienen ſie ſich zu gemeinſchaftlichen Unter-
nehmungen nach allen Seiten der Welt hin die Hand zu
bieten.
Gewiß lag in dieſer Stellung auf der einen Seite
eine große Ausſicht fuͤr den Katholicismus ſelbſt, dem ſich
beide Linien mit unverbruͤchlicher Ergebenheit gewidmet hat-
ten, aber auf der andern doch auch eine große Gefahr
innerer Entzweiung. Wie viel Eiferſucht hatte die ſpa-
niſche Monarchie unter Philipp II. erweckt! Aber bei wei-
tem gewaltiger und kernhafter erhob ſich jetzt die Geſammt-
macht des Hauſes durch den Anwachs ihrer deutſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/514>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.