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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Uebertragung der Chur.
rung eilte er nach Wien, um dem Kaiser die Zweifel zu
benehmen die er aus Rücksicht auf Spanien hegen möchte.
Hier kam ihm dann der gewohnte Einfluß des Nuntius
Caraffa, der Papst selbst kam ihm mit einem neuen Schreiben
zu Hülfe. "Siehe da", ruft der Papst darin dem Kaiser
zu, "die Pforten des Himmels sind geöffnet: die himmli-
schen Heerscharen treiben dich an, eine so große Ehre zu
erwerben: sie werden in deinem Lager für dich streiten."
Eine besondere Betrachtung wirkte hiebei auf den Kai-
ser, die ihn recht eigen bezeichnet. Schon lange dachte er
auf die Uebertragung, und hatte diese Absicht in einem Briefe
ausgesprochen, der den Protestanten in die Hände fiel und
von denselben bekannt gemacht ward. Der Kaiser fand sich
hiedurch gleichsam gebunden. Er glaubte, es gehöre zur
Behauptung seines kaiserlichen Ansehens, einen einmal ge-
hegten Willen um so strenger festzuhalten, jemehr man da-
von erfahren habe. Genug er faßte die Resolution, bei dem
nächsten Churfürstentage zur Uebertragung zu schreiten 1).

Es fragte sich nur, ob das auch die Reichsfürsten bil-
ligen würden. Das Meiste kam hiebei auf Schweikard von
Mainz an, und der Nuntius Montorio wenigstens versi-
chert, anfangs sey dieser bedächtige Fürst dagegen gewesen:
er habe erklärt, der Krieg werde sich nur noch furchtba-
rer erneuern, als er schon gewüthet: übrigens stehe, wenn
man ja zu einer Veränderung schreiten wolle, dem Pfalz-
grafen von Neuburg das nähere Recht zu, man könne ihn
unmöglich vorbeigehn. Der Nuntius sagt nicht, wodurch
er den Fürsten endlich überredete. "In den vier oder fünf

1) Caraffa: Germ. restaur. p. 120.

Uebertragung der Chur.
rung eilte er nach Wien, um dem Kaiſer die Zweifel zu
benehmen die er aus Ruͤckſicht auf Spanien hegen moͤchte.
Hier kam ihm dann der gewohnte Einfluß des Nuntius
Caraffa, der Papſt ſelbſt kam ihm mit einem neuen Schreiben
zu Huͤlfe. „Siehe da“, ruft der Papſt darin dem Kaiſer
zu, „die Pforten des Himmels ſind geoͤffnet: die himmli-
ſchen Heerſcharen treiben dich an, eine ſo große Ehre zu
erwerben: ſie werden in deinem Lager fuͤr dich ſtreiten.“
Eine beſondere Betrachtung wirkte hiebei auf den Kai-
ſer, die ihn recht eigen bezeichnet. Schon lange dachte er
auf die Uebertragung, und hatte dieſe Abſicht in einem Briefe
ausgeſprochen, der den Proteſtanten in die Haͤnde fiel und
von denſelben bekannt gemacht ward. Der Kaiſer fand ſich
hiedurch gleichſam gebunden. Er glaubte, es gehoͤre zur
Behauptung ſeines kaiſerlichen Anſehens, einen einmal ge-
hegten Willen um ſo ſtrenger feſtzuhalten, jemehr man da-
von erfahren habe. Genug er faßte die Reſolution, bei dem
naͤchſten Churfuͤrſtentage zur Uebertragung zu ſchreiten 1).

Es fragte ſich nur, ob das auch die Reichsfuͤrſten bil-
ligen wuͤrden. Das Meiſte kam hiebei auf Schweikard von
Mainz an, und der Nuntius Montorio wenigſtens verſi-
chert, anfangs ſey dieſer bedaͤchtige Fuͤrſt dagegen geweſen:
er habe erklaͤrt, der Krieg werde ſich nur noch furchtba-
rer erneuern, als er ſchon gewuͤthet: uͤbrigens ſtehe, wenn
man ja zu einer Veraͤnderung ſchreiten wolle, dem Pfalz-
grafen von Neuburg das naͤhere Recht zu, man koͤnne ihn
unmoͤglich vorbeigehn. Der Nuntius ſagt nicht, wodurch
er den Fuͤrſten endlich uͤberredete. „In den vier oder fuͤnf

1) Caraffa: Germ. restaur. p. 120.
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[471/0483] Uebertragung der Chur. rung eilte er nach Wien, um dem Kaiſer die Zweifel zu benehmen die er aus Ruͤckſicht auf Spanien hegen moͤchte. Hier kam ihm dann der gewohnte Einfluß des Nuntius Caraffa, der Papſt ſelbſt kam ihm mit einem neuen Schreiben zu Huͤlfe. „Siehe da“, ruft der Papſt darin dem Kaiſer zu, „die Pforten des Himmels ſind geoͤffnet: die himmli- ſchen Heerſcharen treiben dich an, eine ſo große Ehre zu erwerben: ſie werden in deinem Lager fuͤr dich ſtreiten.“ Eine beſondere Betrachtung wirkte hiebei auf den Kai- ſer, die ihn recht eigen bezeichnet. Schon lange dachte er auf die Uebertragung, und hatte dieſe Abſicht in einem Briefe ausgeſprochen, der den Proteſtanten in die Haͤnde fiel und von denſelben bekannt gemacht ward. Der Kaiſer fand ſich hiedurch gleichſam gebunden. Er glaubte, es gehoͤre zur Behauptung ſeines kaiſerlichen Anſehens, einen einmal ge- hegten Willen um ſo ſtrenger feſtzuhalten, jemehr man da- von erfahren habe. Genug er faßte die Reſolution, bei dem naͤchſten Churfuͤrſtentage zur Uebertragung zu ſchreiten 1). Es fragte ſich nur, ob das auch die Reichsfuͤrſten bil- ligen wuͤrden. Das Meiſte kam hiebei auf Schweikard von Mainz an, und der Nuntius Montorio wenigſtens verſi- chert, anfangs ſey dieſer bedaͤchtige Fuͤrſt dagegen geweſen: er habe erklaͤrt, der Krieg werde ſich nur noch furchtba- rer erneuern, als er ſchon gewuͤthet: uͤbrigens ſtehe, wenn man ja zu einer Veraͤnderung ſchreiten wolle, dem Pfalz- grafen von Neuburg das naͤhere Recht zu, man koͤnne ihn unmoͤglich vorbeigehn. Der Nuntius ſagt nicht, wodurch er den Fuͤrſten endlich uͤberredete. „In den vier oder fuͤnf 1) Caraffa: Germ. restaur. p. 120.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/483>, abgerufen am 24.11.2024.