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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 1. Ausbreitung des Kathol.
reich und gelehrt, war für seine Landsleute unwiderstehlich.
Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er soll bei
50 Familien persönlich zum Uebertritt bewogen haben. Na-
men wie Zrinyi, Forgacz, Erdödy, Balassa, Jakusith, Ho-
monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf
Adam Zrinyi hat allein zwanzig protestantische Pfarrer
verjagt und katholische an ihre Stelle gesetzt. Unter die-
sen Einflüssen nahmen auch die ungarischen Reichsangele-
genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von
1625 hatte die katholisch-östreichische Partei die Majori-
tät. Ein Convertit, den der Hof wünschte, ein Esterhazy,
ward zum Palatin ernannt.

Bemerken wir aber hier gleich den Unterschied. In
Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in
den übrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demsel-
ben kein einziges ihrer Rechte auf: es könnte eher seyn,
daß sie neue erworben hätten. In den östreichisch-böhmi-
schen Landschaften dagegen hatte sich die ganze Selbstän-
digkeit der Stände, ihre Kraft und Macht in die For-
men des Protestantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn
nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen:
mit der Wiederherstellung des Katholicismus trat hier zu-
gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.

2.
Das Reich. Uebertragung der Chur.

Wir wissen, wie so viel weiter man in dem deutschen
Reiche schon war als in den Erblanden; demohnerachtet

Buch VII. Kap. 1. Ausbreitung des Kathol.
reich und gelehrt, war fuͤr ſeine Landsleute unwiderſtehlich.
Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er ſoll bei
50 Familien perſoͤnlich zum Uebertritt bewogen haben. Na-
men wie Zrinyi, Forgacz, Erdoͤdy, Balaſſa, Jakuſith, Ho-
monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf
Adam Zrinyi hat allein zwanzig proteſtantiſche Pfarrer
verjagt und katholiſche an ihre Stelle geſetzt. Unter die-
ſen Einfluͤſſen nahmen auch die ungariſchen Reichsangele-
genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von
1625 hatte die katholiſch-oͤſtreichiſche Partei die Majori-
taͤt. Ein Convertit, den der Hof wuͤnſchte, ein Eſterhazy,
ward zum Palatin ernannt.

Bemerken wir aber hier gleich den Unterſchied. In
Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in
den uͤbrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demſel-
ben kein einziges ihrer Rechte auf: es koͤnnte eher ſeyn,
daß ſie neue erworben haͤtten. In den oͤſtreichiſch-boͤhmi-
ſchen Landſchaften dagegen hatte ſich die ganze Selbſtaͤn-
digkeit der Staͤnde, ihre Kraft und Macht in die For-
men des Proteſtantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn
nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen:
mit der Wiederherſtellung des Katholicismus trat hier zu-
gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.

2.
Das Reich. Uebertragung der Chur.

Wir wiſſen, wie ſo viel weiter man in dem deutſchen
Reiche ſchon war als in den Erblanden; demohnerachtet

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[466/0478] Buch VII. Kap. 1. Ausbreitung des Kathol. reich und gelehrt, war fuͤr ſeine Landsleute unwiderſtehlich. Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er ſoll bei 50 Familien perſoͤnlich zum Uebertritt bewogen haben. Na- men wie Zrinyi, Forgacz, Erdoͤdy, Balaſſa, Jakuſith, Ho- monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf Adam Zrinyi hat allein zwanzig proteſtantiſche Pfarrer verjagt und katholiſche an ihre Stelle geſetzt. Unter die- ſen Einfluͤſſen nahmen auch die ungariſchen Reichsangele- genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von 1625 hatte die katholiſch-oͤſtreichiſche Partei die Majori- taͤt. Ein Convertit, den der Hof wuͤnſchte, ein Eſterhazy, ward zum Palatin ernannt. Bemerken wir aber hier gleich den Unterſchied. In Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in den uͤbrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demſel- ben kein einziges ihrer Rechte auf: es koͤnnte eher ſeyn, daß ſie neue erworben haͤtten. In den oͤſtreichiſch-boͤhmi- ſchen Landſchaften dagegen hatte ſich die ganze Selbſtaͤn- digkeit der Staͤnde, ihre Kraft und Macht in die For- men des Proteſtantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen: mit der Wiederherſtellung des Katholicismus trat hier zu- gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein. 2. Das Reich. Uebertragung der Chur. Wir wiſſen, wie ſo viel weiter man in dem deutſchen Reiche ſchon war als in den Erblanden; demohnerachtet

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/478>, abgerufen am 24.11.2024.