Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Die ersten Jesuitenschulen in Deutschland. Frömmigkeit hält sie nicht allein von sittlichem Tadel frei:sie ist positiv auffallend, und um so unzweifelhafter: dieß ist ihnen genug. In freien, unbeschränkten, unbetretenen Bahnen bewegt sich weder ihre Pietät noch ihre Lehre. Doch hat sie etwas, was sie vorzugsweise unterscheidet: strenge Methode. Es ist alles berechnet, denn es hat alles seinen Zweck. Eine solche Vereinigung von hinreichender Wissenschaft und unermüdlichem Eifer, von Studien und Ueberredung, Pomp und Casteiung, von Ausbreitung über die Welt und Einheit der leitenden Gesichtspunkte ist auch weder früher noch später in der Welt gewesen. Sie waren flei- ßig und phantastisch: weltklug und voll Enthusiasmus: an- ständige Leute, denen man sich gern näherte: ohne persön- sönliches Interesse: einer vom andern befördert. Kein Wunder wenn es ihnen gelang. Wir Deutschen müssen daran noch eine besondere Be- 3*
Die erſten Jeſuitenſchulen in Deutſchland. Froͤmmigkeit haͤlt ſie nicht allein von ſittlichem Tadel frei:ſie iſt poſitiv auffallend, und um ſo unzweifelhafter: dieß iſt ihnen genug. In freien, unbeſchraͤnkten, unbetretenen Bahnen bewegt ſich weder ihre Pietaͤt noch ihre Lehre. Doch hat ſie etwas, was ſie vorzugsweiſe unterſcheidet: ſtrenge Methode. Es iſt alles berechnet, denn es hat alles ſeinen Zweck. Eine ſolche Vereinigung von hinreichender Wiſſenſchaft und unermuͤdlichem Eifer, von Studien und Ueberredung, Pomp und Caſteiung, von Ausbreitung uͤber die Welt und Einheit der leitenden Geſichtspunkte iſt auch weder fruͤher noch ſpaͤter in der Welt geweſen. Sie waren flei- ßig und phantaſtiſch: weltklug und voll Enthuſiasmus: an- ſtaͤndige Leute, denen man ſich gern naͤherte: ohne perſoͤn- ſoͤnliches Intereſſe: einer vom andern befoͤrdert. Kein Wunder wenn es ihnen gelang. Wir Deutſchen muͤſſen daran noch eine beſondere Be- 3*
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Die erſten Jeſuitenſchulen in Deutſchland.
Froͤmmigkeit haͤlt ſie nicht allein von ſittlichem Tadel frei:
ſie iſt poſitiv auffallend, und um ſo unzweifelhafter: dieß
iſt ihnen genug. In freien, unbeſchraͤnkten, unbetretenen
Bahnen bewegt ſich weder ihre Pietaͤt noch ihre Lehre. Doch
hat ſie etwas, was ſie vorzugsweiſe unterſcheidet: ſtrenge
Methode. Es iſt alles berechnet, denn es hat alles ſeinen
Zweck. Eine ſolche Vereinigung von hinreichender Wiſſenſchaft
und unermuͤdlichem Eifer, von Studien und Ueberredung,
Pomp und Caſteiung, von Ausbreitung uͤber die Welt
und Einheit der leitenden Geſichtspunkte iſt auch weder
fruͤher noch ſpaͤter in der Welt geweſen. Sie waren flei-
ßig und phantaſtiſch: weltklug und voll Enthuſiasmus: an-
ſtaͤndige Leute, denen man ſich gern naͤherte: ohne perſoͤn-
ſoͤnliches Intereſſe: einer vom andern befoͤrdert. Kein
Wunder wenn es ihnen gelang.
Wir Deutſchen muͤſſen daran noch eine beſondere Be-
trachtung knuͤpfen. Wie geſagt, unter uns war die paͤpſt-
liche Theologie ſo gut wie untergegangen. Die Jeſuiten
erſchienen um ſie herzuſtellen. Wer waren die Jeſuiten,
als ſie bei uns anlangten? Es waren Spanier, Ita-
liener, Niederlaͤnder; lange Zeit kannte man den Na-
men ihres Ordens nicht: man nannte ſie ſpaniſche Prieſter.
Sie nahmen die Katheder ein, und fanden Schuͤler, die
ſich ihren Doctrinen anſchloſſen. Von den Deutſchen haben
ſie nichts empfangen: ihre Lehre und Verfaſſung war voll-
endet, ehe ſie bei uns erſchienen. Wir duͤrfen den Fort-
gang ihres Inſtitutes bei uns im Allgemeinen als eine neue
Einwirkung des romaniſchen Europa auf das germaniſche
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