Denn auch die Union vertheidigte ihr Oberhaupt nicht mit dem nöthigen Nachdruck. Es mag wohl seyn, daß jenes republikanische Element den vereinten Fürsten selbst gefähr- lich vorkam: sie wollten den Holländern den Rhein nicht einräumen: sie fürchteten die Analogien welche ihre Ver- fassung in Deutschland erwecken möchte. Auf der Stelle erfochten die Katholiken auch in Oberdeutschland das Ueber- gewicht. Die Oberpfalz ward von den Baiern, die Unter- pfalz von den Spaniern besetzt: schon im April 1621 löste die Union sich auf. Alles was sich zu Gunsten Friedrichs regte und erhob, ward verjagt oder zerschmettert. In Ei- nem Moment, unmittelbar nach der größten Gefahr, war das katholische Prinzip in dem obern Deutschland und in den östreichischen Provinzen allmächtig.
In dem erkämpfte es sich auch in Frankreich eine große Entscheidung. Nach einem glücklichen Schlage den die kö- nigliche Gewalt gegen die ihr entgegengesetzten Factionen des Hofes, die Partei der Königin Mutter geführt, mit denen allerdings die Hugenotten in naher Berührung ge- standen 1), drang der päpstliche Nuntius darauf, daß man den günstigen Augenblick zu einer Unternehmung gegen den Protestantismus überhaupt benutzen müsse: er wollte von keinem Aufschub hören: er meinte, was in Frankreich erst einmal verschoben werde, geschehe dann niemals 2): er riß Luines und den König mit sich fort. In Bearn bestan-
1) Selbst Benoist sagt II, 291: Les reformes n'auroient at- tendu que les premiers succes pour se ranger au meme parti (de la reine).
2)Siri: Memorie recondite tom. V, p. 148.
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Siege des Katholicismus.
Denn auch die Union vertheidigte ihr Oberhaupt nicht mit dem noͤthigen Nachdruck. Es mag wohl ſeyn, daß jenes republikaniſche Element den vereinten Fuͤrſten ſelbſt gefaͤhr- lich vorkam: ſie wollten den Hollaͤndern den Rhein nicht einraͤumen: ſie fuͤrchteten die Analogien welche ihre Ver- faſſung in Deutſchland erwecken moͤchte. Auf der Stelle erfochten die Katholiken auch in Oberdeutſchland das Ueber- gewicht. Die Oberpfalz ward von den Baiern, die Unter- pfalz von den Spaniern beſetzt: ſchon im April 1621 loͤſte die Union ſich auf. Alles was ſich zu Gunſten Friedrichs regte und erhob, ward verjagt oder zerſchmettert. In Ei- nem Moment, unmittelbar nach der groͤßten Gefahr, war das katholiſche Prinzip in dem obern Deutſchland und in den oͤſtreichiſchen Provinzen allmaͤchtig.
In dem erkaͤmpfte es ſich auch in Frankreich eine große Entſcheidung. Nach einem gluͤcklichen Schlage den die koͤ- nigliche Gewalt gegen die ihr entgegengeſetzten Factionen des Hofes, die Partei der Koͤnigin Mutter gefuͤhrt, mit denen allerdings die Hugenotten in naher Beruͤhrung ge- ſtanden 1), drang der paͤpſtliche Nuntius darauf, daß man den guͤnſtigen Augenblick zu einer Unternehmung gegen den Proteſtantismus uͤberhaupt benutzen muͤſſe: er wollte von keinem Aufſchub hoͤren: er meinte, was in Frankreich erſt einmal verſchoben werde, geſchehe dann niemals 2): er riß Luines und den Koͤnig mit ſich fort. In Bearn beſtan-
1) Selbſt Benoiſt ſagt II, 291: Les reformés n’auroient at- tendu que les premiers succès pour se ranger au même parti (de la reine).
2)Siri: Memorie recondite tom. V, p. 148.
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Siege des Katholicismus.
Denn auch die Union vertheidigte ihr Oberhaupt nicht
mit dem noͤthigen Nachdruck. Es mag wohl ſeyn, daß jenes
republikaniſche Element den vereinten Fuͤrſten ſelbſt gefaͤhr-
lich vorkam: ſie wollten den Hollaͤndern den Rhein nicht
einraͤumen: ſie fuͤrchteten die Analogien welche ihre Ver-
faſſung in Deutſchland erwecken moͤchte. Auf der Stelle
erfochten die Katholiken auch in Oberdeutſchland das Ueber-
gewicht. Die Oberpfalz ward von den Baiern, die Unter-
pfalz von den Spaniern beſetzt: ſchon im April 1621 loͤſte
die Union ſich auf. Alles was ſich zu Gunſten Friedrichs
regte und erhob, ward verjagt oder zerſchmettert. In Ei-
nem Moment, unmittelbar nach der groͤßten Gefahr, war
das katholiſche Prinzip in dem obern Deutſchland und in
den oͤſtreichiſchen Provinzen allmaͤchtig.
In dem erkaͤmpfte es ſich auch in Frankreich eine große
Entſcheidung. Nach einem gluͤcklichen Schlage den die koͤ-
nigliche Gewalt gegen die ihr entgegengeſetzten Factionen
des Hofes, die Partei der Koͤnigin Mutter gefuͤhrt, mit
denen allerdings die Hugenotten in naher Beruͤhrung ge-
ſtanden 1), drang der paͤpſtliche Nuntius darauf, daß man
den guͤnſtigen Augenblick zu einer Unternehmung gegen den
Proteſtantismus uͤberhaupt benutzen muͤſſe: er wollte von
keinem Aufſchub hoͤren: er meinte, was in Frankreich erſt
einmal verſchoben werde, geſchehe dann niemals 2): er riß
Luines und den Koͤnig mit ſich fort. In Bearn beſtan-
1) Selbſt Benoiſt ſagt II, 291: Les reformés n’auroient at-
tendu que les premiers succès pour se ranger au même parti
(de la reine).
2) Siri: Memorie recondite tom. V, p. 148.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/463>, abgerufen am 24.11.2024.
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