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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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der katholischen Restauration. Frankreich.
diesem mildern Sinne. Franz von Sales pflegte in allen
seinen Beschäftigungen mit heiterer Gemüthsruhe, ohne An-
strengung noch Eile zu Werke zu gehn. Mit seiner Ge-
hülfin, Mere Chantal, stiftete er den Orden von der Heim-
suchung ausdrücklich für solche, deren zartere Leibesbe-
schaffenheit sie abhalte in die strengern Vereinigungen einzu-
treten. Er vermied in seiner Regel nicht allein die eigentliche
Büßung, und dispensirte von den schwereren Pflichten: er
warnte auch vor allen innerlichen Anmuthungen: ohne viel
Nachgrübeln müsse man sich vor Gottes Angesicht stellen,
und nicht verlangen ihn mehr zu genießen als er sich selbst
gewähre: unter der Gestalt von Entzückungen verführe uns
der Hochmuth: nur den gewöhnlichen Weg der Tugenden
müsse man wandeln. Deshalb machte er vor allem seinen
Nonnen die Krankenpflege zur Pflicht. Immer zwei und
zwei, eine die Oberin, die andere die Beigesellte, sollten die
Schwestern ausgehn, und die bedürftigen Kranken in ihren
Häusern aufsuchen. Mit den Werken, durch die Arbeit
müsse man beten, meinte Franz von Sales 1). Ueber ganz
Frankreich breitete sein Orden eine wohlthätige Wirksam-
keit aus.

Es ist in diesem Gange der Dinge, wie man leicht
sieht, ein Fortschritt, von der Strenge zur Mäßigung, von
der Entzückung zur Ruhe, von abgeschiedener Bußübung
zur Erfüllung einer socialen Pflicht.


1) Z. B. bei Gallitia: Leben des h. Franz von Sales II, 285.
Seine Gesinnung tritt aber in seinen eigenen Werken, besonders der
Anleitung zum andächtigen Leben, am deutlichsten und anziehendsten
hervor.
Päpste* 28

der katholiſchen Reſtauration. Frankreich.
dieſem mildern Sinne. Franz von Sales pflegte in allen
ſeinen Beſchaͤftigungen mit heiterer Gemuͤthsruhe, ohne An-
ſtrengung noch Eile zu Werke zu gehn. Mit ſeiner Ge-
huͤlfin, Mère Chantal, ſtiftete er den Orden von der Heim-
ſuchung ausdruͤcklich fuͤr ſolche, deren zartere Leibesbe-
ſchaffenheit ſie abhalte in die ſtrengern Vereinigungen einzu-
treten. Er vermied in ſeiner Regel nicht allein die eigentliche
Buͤßung, und dispenſirte von den ſchwereren Pflichten: er
warnte auch vor allen innerlichen Anmuthungen: ohne viel
Nachgruͤbeln muͤſſe man ſich vor Gottes Angeſicht ſtellen,
und nicht verlangen ihn mehr zu genießen als er ſich ſelbſt
gewaͤhre: unter der Geſtalt von Entzuͤckungen verfuͤhre uns
der Hochmuth: nur den gewoͤhnlichen Weg der Tugenden
muͤſſe man wandeln. Deshalb machte er vor allem ſeinen
Nonnen die Krankenpflege zur Pflicht. Immer zwei und
zwei, eine die Oberin, die andere die Beigeſellte, ſollten die
Schweſtern ausgehn, und die beduͤrftigen Kranken in ihren
Haͤuſern aufſuchen. Mit den Werken, durch die Arbeit
muͤſſe man beten, meinte Franz von Sales 1). Ueber ganz
Frankreich breitete ſein Orden eine wohlthaͤtige Wirkſam-
keit aus.

Es iſt in dieſem Gange der Dinge, wie man leicht
ſieht, ein Fortſchritt, von der Strenge zur Maͤßigung, von
der Entzuͤckung zur Ruhe, von abgeſchiedener Bußuͤbung
zur Erfuͤllung einer ſocialen Pflicht.


1) Z. B. bei Gallitia: Leben des h. Franz von Sales II, 285.
Seine Geſinnung tritt aber in ſeinen eigenen Werken, beſonders der
Anleitung zum andaͤchtigen Leben, am deutlichſten und anziehendſten
hervor.
Päpſte* 28
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[433/0445] der katholiſchen Reſtauration. Frankreich. dieſem mildern Sinne. Franz von Sales pflegte in allen ſeinen Beſchaͤftigungen mit heiterer Gemuͤthsruhe, ohne An- ſtrengung noch Eile zu Werke zu gehn. Mit ſeiner Ge- huͤlfin, Mère Chantal, ſtiftete er den Orden von der Heim- ſuchung ausdruͤcklich fuͤr ſolche, deren zartere Leibesbe- ſchaffenheit ſie abhalte in die ſtrengern Vereinigungen einzu- treten. Er vermied in ſeiner Regel nicht allein die eigentliche Buͤßung, und dispenſirte von den ſchwereren Pflichten: er warnte auch vor allen innerlichen Anmuthungen: ohne viel Nachgruͤbeln muͤſſe man ſich vor Gottes Angeſicht ſtellen, und nicht verlangen ihn mehr zu genießen als er ſich ſelbſt gewaͤhre: unter der Geſtalt von Entzuͤckungen verfuͤhre uns der Hochmuth: nur den gewoͤhnlichen Weg der Tugenden muͤſſe man wandeln. Deshalb machte er vor allem ſeinen Nonnen die Krankenpflege zur Pflicht. Immer zwei und zwei, eine die Oberin, die andere die Beigeſellte, ſollten die Schweſtern ausgehn, und die beduͤrftigen Kranken in ihren Haͤuſern aufſuchen. Mit den Werken, durch die Arbeit muͤſſe man beten, meinte Franz von Sales 1). Ueber ganz Frankreich breitete ſein Orden eine wohlthaͤtige Wirkſam- keit aus. Es iſt in dieſem Gange der Dinge, wie man leicht ſieht, ein Fortſchritt, von der Strenge zur Maͤßigung, von der Entzuͤckung zur Ruhe, von abgeſchiedener Bußuͤbung zur Erfuͤllung einer ſocialen Pflicht. 1) Z. B. bei Gallitia: Leben des h. Franz von Sales II, 285. Seine Geſinnung tritt aber in ſeinen eigenen Werken, beſonders der Anleitung zum andaͤchtigen Leben, am deutlichſten und anziehendſten hervor. Päpſte* 28

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/445>, abgerufen am 25.11.2024.