Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VII. Kap. 1. Fortschritte
wiedern jede Einladung, jede Ehre, die man ihnen er-
weist, mit einem Geschenk: Geschenke vor allem sind hier
wirksam: wer zum Ritter vom goldenen Sporn ernannt
worden, und dazu eine goldene Kette, eine Medaille er-
halten, fühlt sich ihnen auf ewig verpflichtet. Nur müs-
sen sie sich hüten etwas zu versprechen was sie nicht ge-
wiß wären zu halten: können sie mehr leisten, als sie zu-
gesagt, so wird ihnen das desto höher angerechnet. Ihr
Haushalt muß immer wohlgeordnet seyn und keinem Ta-
del Raum geben.

So geschah es nun, daß die katholischen Interessen
auch in der Schweiz im Allgemeinen in gute Aufnahme
und ruhigen Fortschritt gelangten.

Es gab nur Einen Punkt, wo der Gegensatz zwi-
schen Protestanten und Katholiken innerhalb Eines Gebie-
tes, zusammentreffend mit schwankenden politischen Verhält-
sen, Gefahr und Kampf veranlassen konnte.

In Graubündten war die Regierung wesentlich prote-
stantisch: unter ihren Landschaften waren dagegen die ita-
lienischen, vor allem Valtellina, unerschütterlich katholisch.

Daher kam es hier zu unaufhörlichen Reibungen. Die
Regierung litt keine fremden Priester im Thal: sie hatte
verboten, selbst eine auswärtige Jesuitenschule zu besuchen:
sie gestattete nicht einmal dem Bischof von Como, zu des-
sen Diöcese Valtellina gehörte, sein bischöfliches Amt da-
selbst auszuüben. Dagegen sahen auch die Eingeborenen mit
großem Mißvergnügen Protestanten in ihrem Lande, und
zwar als die Herrn und Meister desselben: sie hielten sich
innerlich doch zu den Italienern, zu dem rechtgläubigen Mai-

Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte
wiedern jede Einladung, jede Ehre, die man ihnen er-
weiſt, mit einem Geſchenk: Geſchenke vor allem ſind hier
wirkſam: wer zum Ritter vom goldenen Sporn ernannt
worden, und dazu eine goldene Kette, eine Medaille er-
halten, fuͤhlt ſich ihnen auf ewig verpflichtet. Nur muͤſ-
ſen ſie ſich huͤten etwas zu verſprechen was ſie nicht ge-
wiß waͤren zu halten: koͤnnen ſie mehr leiſten, als ſie zu-
geſagt, ſo wird ihnen das deſto hoͤher angerechnet. Ihr
Haushalt muß immer wohlgeordnet ſeyn und keinem Ta-
del Raum geben.

So geſchah es nun, daß die katholiſchen Intereſſen
auch in der Schweiz im Allgemeinen in gute Aufnahme
und ruhigen Fortſchritt gelangten.

Es gab nur Einen Punkt, wo der Gegenſatz zwi-
ſchen Proteſtanten und Katholiken innerhalb Eines Gebie-
tes, zuſammentreffend mit ſchwankenden politiſchen Verhaͤlt-
ſen, Gefahr und Kampf veranlaſſen konnte.

In Graubuͤndten war die Regierung weſentlich prote-
ſtantiſch: unter ihren Landſchaften waren dagegen die ita-
lieniſchen, vor allem Valtellina, unerſchuͤtterlich katholiſch.

Daher kam es hier zu unaufhoͤrlichen Reibungen. Die
Regierung litt keine fremden Prieſter im Thal: ſie hatte
verboten, ſelbſt eine auswaͤrtige Jeſuitenſchule zu beſuchen:
ſie geſtattete nicht einmal dem Biſchof von Como, zu deſ-
ſen Dioͤceſe Valtellina gehoͤrte, ſein biſchoͤfliches Amt da-
ſelbſt auszuuͤben. Dagegen ſahen auch die Eingeborenen mit
großem Mißvergnuͤgen Proteſtanten in ihrem Lande, und
zwar als die Herrn und Meiſter deſſelben: ſie hielten ſich
innerlich doch zu den Italienern, zu dem rechtglaͤubigen Mai-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0436" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#g">Kap. 1. Fort&#x017F;chritte</hi></fw><lb/>
wiedern jede Einladung, jede Ehre, die man ihnen er-<lb/>
wei&#x017F;t, mit einem Ge&#x017F;chenk: Ge&#x017F;chenke vor allem &#x017F;ind hier<lb/>
wirk&#x017F;am: wer zum Ritter vom goldenen Sporn ernannt<lb/>
worden, und dazu eine goldene Kette, eine Medaille er-<lb/>
halten, fu&#x0364;hlt &#x017F;ich ihnen auf ewig verpflichtet. Nur mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich hu&#x0364;ten etwas zu ver&#x017F;prechen was &#x017F;ie nicht ge-<lb/>
wiß wa&#x0364;ren zu halten: ko&#x0364;nnen &#x017F;ie mehr lei&#x017F;ten, als &#x017F;ie zu-<lb/>
ge&#x017F;agt, &#x017F;o wird ihnen das de&#x017F;to ho&#x0364;her angerechnet. Ihr<lb/>
Haushalt muß immer wohlgeordnet &#x017F;eyn und keinem Ta-<lb/>
del Raum geben.</p><lb/>
            <p>So ge&#x017F;chah es nun, daß die katholi&#x017F;chen Intere&#x017F;&#x017F;en<lb/>
auch in der Schweiz im Allgemeinen in gute Aufnahme<lb/>
und ruhigen Fort&#x017F;chritt gelangten.</p><lb/>
            <p>Es gab nur Einen Punkt, wo der Gegen&#x017F;atz zwi-<lb/>
&#x017F;chen Prote&#x017F;tanten und Katholiken innerhalb Eines Gebie-<lb/>
tes, zu&#x017F;ammentreffend mit &#x017F;chwankenden politi&#x017F;chen Verha&#x0364;lt-<lb/>
&#x017F;en, Gefahr und Kampf veranla&#x017F;&#x017F;en konnte.</p><lb/>
            <p>In Graubu&#x0364;ndten war die Regierung we&#x017F;entlich prote-<lb/>
&#x017F;tanti&#x017F;ch: unter ihren Land&#x017F;chaften waren dagegen die ita-<lb/>
lieni&#x017F;chen, vor allem Valtellina, uner&#x017F;chu&#x0364;tterlich katholi&#x017F;ch.</p><lb/>
            <p>Daher kam es hier zu unaufho&#x0364;rlichen Reibungen. Die<lb/>
Regierung litt keine fremden Prie&#x017F;ter im Thal: &#x017F;ie hatte<lb/>
verboten, &#x017F;elb&#x017F;t eine auswa&#x0364;rtige Je&#x017F;uiten&#x017F;chule zu be&#x017F;uchen:<lb/>
&#x017F;ie ge&#x017F;tattete nicht einmal dem Bi&#x017F;chof von Como, zu de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Dio&#x0364;ce&#x017F;e Valtellina geho&#x0364;rte, &#x017F;ein bi&#x017F;cho&#x0364;fliches Amt da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t auszuu&#x0364;ben. Dagegen &#x017F;ahen auch die Eingeborenen mit<lb/>
großem Mißvergnu&#x0364;gen Prote&#x017F;tanten in ihrem Lande, und<lb/>
zwar als die Herrn und Mei&#x017F;ter de&#x017F;&#x017F;elben: &#x017F;ie hielten &#x017F;ich<lb/>
innerlich doch zu den Italienern, zu dem rechtgla&#x0364;ubigen Mai-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0436] Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte wiedern jede Einladung, jede Ehre, die man ihnen er- weiſt, mit einem Geſchenk: Geſchenke vor allem ſind hier wirkſam: wer zum Ritter vom goldenen Sporn ernannt worden, und dazu eine goldene Kette, eine Medaille er- halten, fuͤhlt ſich ihnen auf ewig verpflichtet. Nur muͤſ- ſen ſie ſich huͤten etwas zu verſprechen was ſie nicht ge- wiß waͤren zu halten: koͤnnen ſie mehr leiſten, als ſie zu- geſagt, ſo wird ihnen das deſto hoͤher angerechnet. Ihr Haushalt muß immer wohlgeordnet ſeyn und keinem Ta- del Raum geben. So geſchah es nun, daß die katholiſchen Intereſſen auch in der Schweiz im Allgemeinen in gute Aufnahme und ruhigen Fortſchritt gelangten. Es gab nur Einen Punkt, wo der Gegenſatz zwi- ſchen Proteſtanten und Katholiken innerhalb Eines Gebie- tes, zuſammentreffend mit ſchwankenden politiſchen Verhaͤlt- ſen, Gefahr und Kampf veranlaſſen konnte. In Graubuͤndten war die Regierung weſentlich prote- ſtantiſch: unter ihren Landſchaften waren dagegen die ita- lieniſchen, vor allem Valtellina, unerſchuͤtterlich katholiſch. Daher kam es hier zu unaufhoͤrlichen Reibungen. Die Regierung litt keine fremden Prieſter im Thal: ſie hatte verboten, ſelbſt eine auswaͤrtige Jeſuitenſchule zu beſuchen: ſie geſtattete nicht einmal dem Biſchof von Como, zu deſ- ſen Dioͤceſe Valtellina gehoͤrte, ſein biſchoͤfliches Amt da- ſelbſt auszuuͤben. Dagegen ſahen auch die Eingeborenen mit großem Mißvergnuͤgen Proteſtanten in ihrem Lande, und zwar als die Herrn und Meiſter deſſelben: ſie hielten ſich innerlich doch zu den Italienern, zu dem rechtglaͤubigen Mai-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/436
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/436>, abgerufen am 25.11.2024.