Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Venezianische Irrungen. seyn solle." "So empfange ich sie", antwortete der Ge-sandte, und führte sie vor den Cardinal, der in einer Log- gia auf und abging. "Dieß sind die Gefangenen", sagte er, "die dem Papst auszuantworten sind": des Vorbehal- tes gedachte er dabei nicht. Der Cardinal ließ sie dann, auch ohne ein Wort hinzuzufügen, dem päpstlichen Com- missarius ausliefern, der sie mit dem Zeichen des Kreuzes annahm. Wie weit war man doch entfernt sich einigermaßen Dazu war nun noch die Aufhebung der Censur, die Aber selbst hiegegen hatten die Venezianer Einwendun- 1) Daru theilt am Schlusse seines 29sten Buches das Schrei-
ben von Joyeuse mit, ohne Zweifel das einzige Wichtige was er in dieser Sache vorbringt; nur macht er auch dagegen einige, wie mir scheint, sehr unhaltbare Einwendungen. Venezianiſche Irrungen. ſeyn ſolle.“ „So empfange ich ſie“, antwortete der Ge-ſandte, und fuͤhrte ſie vor den Cardinal, der in einer Log- gia auf und abging. „Dieß ſind die Gefangenen“, ſagte er, „die dem Papſt auszuantworten ſind“: des Vorbehal- tes gedachte er dabei nicht. Der Cardinal ließ ſie dann, auch ohne ein Wort hinzuzufuͤgen, dem paͤpſtlichen Com- miſſarius ausliefern, der ſie mit dem Zeichen des Kreuzes annahm. Wie weit war man doch entfernt ſich einigermaßen Dazu war nun noch die Aufhebung der Cenſur, die Aber ſelbſt hiegegen hatten die Venezianer Einwendun- 1) Daru theilt am Schluſſe ſeines 29ſten Buches das Schrei-
ben von Joyeuſe mit, ohne Zweifel das einzige Wichtige was er in dieſer Sache vorbringt; nur macht er auch dagegen einige, wie mir ſcheint, ſehr unhaltbare Einwendungen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0363" n="351"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Venezianiſche Irrungen</hi>.</fw><lb/> ſeyn ſolle.“ „So empfange ich ſie“, antwortete der Ge-<lb/> ſandte, und fuͤhrte ſie vor den Cardinal, der in einer Log-<lb/> gia auf und abging. „Dieß ſind die Gefangenen“, ſagte<lb/> er, „die dem Papſt auszuantworten ſind“: des Vorbehal-<lb/> tes gedachte er dabei nicht. Der Cardinal ließ ſie dann,<lb/> auch ohne ein Wort hinzuzufuͤgen, dem paͤpſtlichen Com-<lb/> miſſarius ausliefern, der ſie mit dem Zeichen des Kreuzes<lb/> annahm.</p><lb/> <p>Wie weit war man doch entfernt ſich einigermaßen<lb/> einzuverſtehn. Man wollte nur eben ein aͤußerliches Ver-<lb/> nehmen herſtellen.</p><lb/> <p>Dazu war nun noch die Aufhebung der Cenſur, die<lb/> Ertheilung der Abſolution erforderlich.</p><lb/> <p>Aber ſelbſt hiegegen hatten die Venezianer Einwendun-<lb/> gen zu machen: ſie blieben dabei, daß die Cenſur in ſich<lb/> ſelbſt null und nichtig geweſen und ſie gar nichts angegan-<lb/> gen, daß ſie demnach auch keiner Losſprechung beduͤrftig<lb/> ſeyen. Joyeuſe erklaͤrte ihnen, er koͤnne die Formen der<lb/> Kirche nicht aͤndern. Endlich kam man uͤberein, daß die Ab-<lb/> ſolution nicht mit der gewoͤhnlichen Oeffentlichkeit vollzogen<lb/> werden ſolle: Joyeuſe erſchien in dem Collegium: gleichſam<lb/> privatim ſprach er ſie hier aus. Die Venezianer haben ſich<lb/> immer angeſtellt, als ſeyen ſie ganz ohne alle Abſolution<lb/> weggekommen <note place="foot" n="1)">Daru theilt am Schluſſe ſeines 29ſten Buches das Schrei-<lb/> ben von Joyeuſe mit, ohne Zweifel das einzige Wichtige was er in<lb/> dieſer Sache vorbringt; nur macht er auch dagegen einige, wie mir<lb/> ſcheint, ſehr unhaltbare Einwendungen.</note>. Auch war ſie nicht in aller Form ge-<lb/> geben: gegeben aber allerdings.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [351/0363]
Venezianiſche Irrungen.
ſeyn ſolle.“ „So empfange ich ſie“, antwortete der Ge-
ſandte, und fuͤhrte ſie vor den Cardinal, der in einer Log-
gia auf und abging. „Dieß ſind die Gefangenen“, ſagte
er, „die dem Papſt auszuantworten ſind“: des Vorbehal-
tes gedachte er dabei nicht. Der Cardinal ließ ſie dann,
auch ohne ein Wort hinzuzufuͤgen, dem paͤpſtlichen Com-
miſſarius ausliefern, der ſie mit dem Zeichen des Kreuzes
annahm.
Wie weit war man doch entfernt ſich einigermaßen
einzuverſtehn. Man wollte nur eben ein aͤußerliches Ver-
nehmen herſtellen.
Dazu war nun noch die Aufhebung der Cenſur, die
Ertheilung der Abſolution erforderlich.
Aber ſelbſt hiegegen hatten die Venezianer Einwendun-
gen zu machen: ſie blieben dabei, daß die Cenſur in ſich
ſelbſt null und nichtig geweſen und ſie gar nichts angegan-
gen, daß ſie demnach auch keiner Losſprechung beduͤrftig
ſeyen. Joyeuſe erklaͤrte ihnen, er koͤnne die Formen der
Kirche nicht aͤndern. Endlich kam man uͤberein, daß die Ab-
ſolution nicht mit der gewoͤhnlichen Oeffentlichkeit vollzogen
werden ſolle: Joyeuſe erſchien in dem Collegium: gleichſam
privatim ſprach er ſie hier aus. Die Venezianer haben ſich
immer angeſtellt, als ſeyen ſie ganz ohne alle Abſolution
weggekommen 1). Auch war ſie nicht in aller Form ge-
geben: gegeben aber allerdings.
1) Daru theilt am Schluſſe ſeines 29ſten Buches das Schrei-
ben von Joyeuſe mit, ohne Zweifel das einzige Wichtige was er in
dieſer Sache vorbringt; nur macht er auch dagegen einige, wie mir
ſcheint, ſehr unhaltbare Einwendungen.
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