Sollte aber der Papst seine Getreuen, die kein an- deres Verbrechen begangen, als daß sie ihm unverbrüch- lich anhingen, in so großen Nachtheil setzen lassen?
Er wandte alles an um die Venezianer umzustimmen. Auch hatten die Jesuiten die Franzosen für sich: durch eine besondere Gesandtschaft hatten sie sich der Gunst des Kö- nigs auch für diesen Fall versichert: Joyeuse ließ sich ihre Sache sehr angelegen seyn. Die Venezianer blieben uner- schütterlich 1).
Da war nur auffallend, daß die Spanier sich eher wider den Orden erklärten, als für ihn. In Spanien herrschte das dominicanische Interesse vor: Lerma liebte die Jesuiten nicht, und hielt es überhaupt nicht für gut, daß ein Staat genöthigt werden sollte ungehorsame Unterthanen wieder aufzunehmen: genug Franz von Castro vermied es anfangs von den Jesuiten zu reden: endlich setzte er sich den Verwendungen der Franzosen geradehin entgegen 2).
Eine Erscheinung, zwar in der Lage der Dinge wohl begründet, aber doch so auffallend, daß der Papst selbst darüber stutzte, und indem er irgend ein tiefer liegendes
1)Pietro Priuli: Relatione di Francia setzt hinzu: Solamente l'ufficio dell' ambasciatore ritenne la dispositione che aveva S. Ma, eccitata dall' efficaci instanze che furono fatte da un padre Barisoni Padoano mandato in Francia espressamente dalla sua congregatione con pensiero d'ottener di interessarsi acciocche fussero di nuovo ricevuti.
2)Francesco Priuli: Relatione di Spagna: Sentendo (i Spa- gnuoli) che Franciosi insistevano nell' introduzione de' Gesuiti, scrissero a Roma et a Venezia che non trattassero di cio, dando ragione alla republica di non voler capitolare con gente suddita che l'aveva si gravemente offesa.
Venezianiſche Irrungen.
Sollte aber der Papſt ſeine Getreuen, die kein an- deres Verbrechen begangen, als daß ſie ihm unverbruͤch- lich anhingen, in ſo großen Nachtheil ſetzen laſſen?
Er wandte alles an um die Venezianer umzuſtimmen. Auch hatten die Jeſuiten die Franzoſen fuͤr ſich: durch eine beſondere Geſandtſchaft hatten ſie ſich der Gunſt des Koͤ- nigs auch fuͤr dieſen Fall verſichert: Joyeuſe ließ ſich ihre Sache ſehr angelegen ſeyn. Die Venezianer blieben uner- ſchuͤtterlich 1).
Da war nur auffallend, daß die Spanier ſich eher wider den Orden erklaͤrten, als fuͤr ihn. In Spanien herrſchte das dominicaniſche Intereſſe vor: Lerma liebte die Jeſuiten nicht, und hielt es uͤberhaupt nicht fuͤr gut, daß ein Staat genoͤthigt werden ſollte ungehorſame Unterthanen wieder aufzunehmen: genug Franz von Caſtro vermied es anfangs von den Jeſuiten zu reden: endlich ſetzte er ſich den Verwendungen der Franzoſen geradehin entgegen 2).
Eine Erſcheinung, zwar in der Lage der Dinge wohl begruͤndet, aber doch ſo auffallend, daß der Papſt ſelbſt daruͤber ſtutzte, und indem er irgend ein tiefer liegendes
1)Pietro Priuli: Relatione di Francia ſetzt hinzu: Solamente l’ufficio dell’ ambasciatore ritenne la dispositione che aveva S. Mà, eccitata dall’ efficaci instanze che furono fatte da un padre Barisoni Padoano mandato in Francia espressamente dalla sua congregatione con pensiero d’ottener di interessarsi acciocchè fussero di nuovo ricevuti.
2)Francesco Priuli: Relatione di Spagna: Sentendo (i Spa- gnuoli) che Franciosi insistevano nell’ introduzione de’ Gesuiti, scrissero a Roma et a Venezia che non trattassero di ciò, dando ragione alla republica di non voler capitolare con gente suddita che l’aveva si gravemente offesa.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0361"n="349"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Venezianiſche Irrungen</hi>.</fw><lb/><p>Sollte aber der Papſt ſeine Getreuen, die kein an-<lb/>
deres Verbrechen begangen, als daß ſie ihm unverbruͤch-<lb/>
lich anhingen, in ſo großen Nachtheil ſetzen laſſen?</p><lb/><p>Er wandte alles an um die Venezianer umzuſtimmen.<lb/>
Auch hatten die Jeſuiten die Franzoſen fuͤr ſich: durch eine<lb/>
beſondere Geſandtſchaft hatten ſie ſich der Gunſt des Koͤ-<lb/>
nigs auch fuͤr dieſen Fall verſichert: Joyeuſe ließ ſich ihre<lb/>
Sache ſehr angelegen ſeyn. Die Venezianer blieben uner-<lb/>ſchuͤtterlich <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Pietro Priuli: Relatione di Francia</hi>ſetzt hinzu: <hirendition="#aq">Solamente<lb/>
l’ufficio dell’ ambasciatore ritenne la dispositione che aveva S.<lb/>
M<hirendition="#sup">à</hi>, eccitata dall’ efficaci instanze che furono fatte da un padre<lb/>
Barisoni Padoano mandato in Francia espressamente dalla sua<lb/>
congregatione con pensiero d’ottener di interessarsi acciocchè<lb/>
fussero di nuovo ricevuti.</hi></note>.</p><lb/><p>Da war nur auffallend, daß die Spanier ſich eher<lb/>
wider den Orden erklaͤrten, als fuͤr ihn. In Spanien<lb/>
herrſchte das dominicaniſche Intereſſe vor: Lerma liebte die<lb/>
Jeſuiten nicht, und hielt es uͤberhaupt nicht fuͤr gut, daß<lb/>
ein Staat genoͤthigt werden ſollte ungehorſame Unterthanen<lb/>
wieder aufzunehmen: genug Franz von Caſtro vermied es<lb/>
anfangs von den Jeſuiten zu reden: endlich ſetzte er ſich<lb/>
den Verwendungen der Franzoſen geradehin entgegen <noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#aq">Francesco Priuli: Relatione di Spagna: Sentendo (i Spa-<lb/>
gnuoli) che Franciosi insistevano nell’ introduzione de’ Gesuiti,<lb/>
scrissero a Roma et a Venezia che non trattassero di ciò, dando<lb/>
ragione alla republica di non voler capitolare con gente suddita<lb/>
che l’aveva si gravemente offesa.</hi></note>.</p><lb/><p>Eine Erſcheinung, zwar in der Lage der Dinge wohl<lb/>
begruͤndet, aber doch ſo auffallend, daß der Papſt ſelbſt<lb/>
daruͤber ſtutzte, und indem er irgend ein tiefer liegendes<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[349/0361]
Venezianiſche Irrungen.
Sollte aber der Papſt ſeine Getreuen, die kein an-
deres Verbrechen begangen, als daß ſie ihm unverbruͤch-
lich anhingen, in ſo großen Nachtheil ſetzen laſſen?
Er wandte alles an um die Venezianer umzuſtimmen.
Auch hatten die Jeſuiten die Franzoſen fuͤr ſich: durch eine
beſondere Geſandtſchaft hatten ſie ſich der Gunſt des Koͤ-
nigs auch fuͤr dieſen Fall verſichert: Joyeuſe ließ ſich ihre
Sache ſehr angelegen ſeyn. Die Venezianer blieben uner-
ſchuͤtterlich 1).
Da war nur auffallend, daß die Spanier ſich eher
wider den Orden erklaͤrten, als fuͤr ihn. In Spanien
herrſchte das dominicaniſche Intereſſe vor: Lerma liebte die
Jeſuiten nicht, und hielt es uͤberhaupt nicht fuͤr gut, daß
ein Staat genoͤthigt werden ſollte ungehorſame Unterthanen
wieder aufzunehmen: genug Franz von Caſtro vermied es
anfangs von den Jeſuiten zu reden: endlich ſetzte er ſich
den Verwendungen der Franzoſen geradehin entgegen 2).
Eine Erſcheinung, zwar in der Lage der Dinge wohl
begruͤndet, aber doch ſo auffallend, daß der Papſt ſelbſt
daruͤber ſtutzte, und indem er irgend ein tiefer liegendes
1) Pietro Priuli: Relatione di Francia ſetzt hinzu: Solamente
l’ufficio dell’ ambasciatore ritenne la dispositione che aveva S.
Mà, eccitata dall’ efficaci instanze che furono fatte da un padre
Barisoni Padoano mandato in Francia espressamente dalla sua
congregatione con pensiero d’ottener di interessarsi acciocchè
fussero di nuovo ricevuti.
2) Francesco Priuli: Relatione di Spagna: Sentendo (i Spa-
gnuoli) che Franciosi insistevano nell’ introduzione de’ Gesuiti,
scrissero a Roma et a Venezia che non trattassero di ciò, dando
ragione alla republica di non voler capitolare con gente suddita
che l’aveva si gravemente offesa.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/361>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.