daran, den Frieden wiederherzustellen: bei jeder Gelegenheit in jeder Audienz drang er darauf: so oft ihn der König sei- ner Ergebenheit versichern ließ, forderte er diesen Frieden als einen Beweis derselben, als einen Gefallen den man ihm thun müsse. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, daß die Herausgabe von Saluzzo die allgemeinen italienischen Interessen zu verletzen schien. Man sah es nicht gern, daß die Franzosen eine Landschaft in Italien besitzen sollten. Zuerst, so viel ich finde, hat jener Minorit Calatagirona die Auskunft vorgeschlagen, dem Herzog Saluzzo zu lassen und Frankreich durch Bresse und einige benachbarte savoyi- sche Landschaften zu entschädigen 1). Diesen Vorschlag zu einem wirklichen Abkommen zu erheben war das Verdienst das sich Cardinal Aldobrandino im Jahre 1600 in Lyon erwarb. Auch die Franzosen dankten es ihm: Lyon bekam dadurch eine breitere Umgrenzung, wie es sich dieselbe schon lange gewünscht hatte 2).
Unter so glücklichen Umständen dachte Papst Clemens zuweilen daran, der unter ihm vereinigten katholischen Welt eine gemeinschaftliche Richtung wider den alten Erb- feind zu geben. In Ungarn war der Türkenkrieg wieder ausgebrochen: schon damals glaubte man wahrzunehmen, daß das osmanische Reich von Tage zu Tage schwächer werde: bei der persönlichen Untauglichkeit der Sultane, dem Einfluß des Serails, den unaufhörlichen Empörungen
1) Ossat an Villeroy 25. Merz 1599.
2) Bentivoglio theilt in dem vornehmsten Abschnitt bes zwei- ten Buches seiner Memorie (c. 2 -- c. 6) diese Unterhandlungen ausführlich mit.
BuchVI.Innere Streitigkeiten.
daran, den Frieden wiederherzuſtellen: bei jeder Gelegenheit in jeder Audienz drang er darauf: ſo oft ihn der Koͤnig ſei- ner Ergebenheit verſichern ließ, forderte er dieſen Frieden als einen Beweis derſelben, als einen Gefallen den man ihm thun muͤſſe. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, daß die Herausgabe von Saluzzo die allgemeinen italieniſchen Intereſſen zu verletzen ſchien. Man ſah es nicht gern, daß die Franzoſen eine Landſchaft in Italien beſitzen ſollten. Zuerſt, ſo viel ich finde, hat jener Minorit Calatagirona die Auskunft vorgeſchlagen, dem Herzog Saluzzo zu laſſen und Frankreich durch Breſſe und einige benachbarte ſavoyi- ſche Landſchaften zu entſchaͤdigen 1). Dieſen Vorſchlag zu einem wirklichen Abkommen zu erheben war das Verdienſt das ſich Cardinal Aldobrandino im Jahre 1600 in Lyon erwarb. Auch die Franzoſen dankten es ihm: Lyon bekam dadurch eine breitere Umgrenzung, wie es ſich dieſelbe ſchon lange gewuͤnſcht hatte 2).
Unter ſo gluͤcklichen Umſtaͤnden dachte Papſt Clemens zuweilen daran, der unter ihm vereinigten katholiſchen Welt eine gemeinſchaftliche Richtung wider den alten Erb- feind zu geben. In Ungarn war der Tuͤrkenkrieg wieder ausgebrochen: ſchon damals glaubte man wahrzunehmen, daß das osmaniſche Reich von Tage zu Tage ſchwaͤcher werde: bei der perſoͤnlichen Untauglichkeit der Sultane, dem Einfluß des Serails, den unaufhoͤrlichen Empoͤrungen
1) Oſſat an Villeroy 25. Merz 1599.
2) Bentivoglio theilt in dem vornehmſten Abſchnitt bes zwei- ten Buches ſeiner Memorie (c. 2 — c. 6) dieſe Unterhandlungen ausfuͤhrlich mit.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0320"n="308"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><hirendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw><lb/>
daran, den Frieden wiederherzuſtellen: bei jeder Gelegenheit<lb/>
in jeder Audienz drang er darauf: ſo oft ihn der Koͤnig ſei-<lb/>
ner Ergebenheit verſichern ließ, forderte er dieſen Frieden als<lb/>
einen Beweis derſelben, als einen Gefallen den man ihm<lb/>
thun muͤſſe. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, daß<lb/>
die Herausgabe von Saluzzo die allgemeinen italieniſchen<lb/>
Intereſſen zu verletzen ſchien. Man ſah es nicht gern, daß<lb/>
die Franzoſen eine Landſchaft in Italien beſitzen ſollten.<lb/>
Zuerſt, ſo viel ich finde, hat jener Minorit Calatagirona<lb/>
die Auskunft vorgeſchlagen, dem Herzog Saluzzo zu laſſen<lb/>
und Frankreich durch Breſſe und einige benachbarte ſavoyi-<lb/>ſche Landſchaften zu entſchaͤdigen <noteplace="foot"n="1)">Oſſat an Villeroy 25. Merz 1599.</note>. Dieſen Vorſchlag zu<lb/>
einem wirklichen Abkommen zu erheben war das Verdienſt<lb/>
das ſich Cardinal Aldobrandino im Jahre 1600 in Lyon<lb/>
erwarb. Auch die Franzoſen dankten es ihm: Lyon bekam<lb/>
dadurch eine breitere Umgrenzung, wie es ſich dieſelbe ſchon<lb/>
lange gewuͤnſcht hatte <noteplace="foot"n="2)">Bentivoglio theilt in dem vornehmſten Abſchnitt bes zwei-<lb/>
ten Buches ſeiner <hirendition="#aq">Memorie (c. 2 — c. 6)</hi> dieſe Unterhandlungen<lb/>
ausfuͤhrlich mit.</note>.</p><lb/><p>Unter ſo gluͤcklichen Umſtaͤnden dachte Papſt Clemens<lb/>
zuweilen daran, der unter ihm vereinigten katholiſchen<lb/>
Welt eine gemeinſchaftliche Richtung wider den alten Erb-<lb/>
feind zu geben. In Ungarn war der Tuͤrkenkrieg wieder<lb/>
ausgebrochen: ſchon damals glaubte man wahrzunehmen,<lb/>
daß das osmaniſche Reich von Tage zu Tage ſchwaͤcher<lb/>
werde: bei der perſoͤnlichen Untauglichkeit der Sultane,<lb/>
dem Einfluß des Serails, den unaufhoͤrlichen Empoͤrungen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[308/0320]
Buch VI. Innere Streitigkeiten.
daran, den Frieden wiederherzuſtellen: bei jeder Gelegenheit
in jeder Audienz drang er darauf: ſo oft ihn der Koͤnig ſei-
ner Ergebenheit verſichern ließ, forderte er dieſen Frieden als
einen Beweis derſelben, als einen Gefallen den man ihm
thun muͤſſe. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, daß
die Herausgabe von Saluzzo die allgemeinen italieniſchen
Intereſſen zu verletzen ſchien. Man ſah es nicht gern, daß
die Franzoſen eine Landſchaft in Italien beſitzen ſollten.
Zuerſt, ſo viel ich finde, hat jener Minorit Calatagirona
die Auskunft vorgeſchlagen, dem Herzog Saluzzo zu laſſen
und Frankreich durch Breſſe und einige benachbarte ſavoyi-
ſche Landſchaften zu entſchaͤdigen 1). Dieſen Vorſchlag zu
einem wirklichen Abkommen zu erheben war das Verdienſt
das ſich Cardinal Aldobrandino im Jahre 1600 in Lyon
erwarb. Auch die Franzoſen dankten es ihm: Lyon bekam
dadurch eine breitere Umgrenzung, wie es ſich dieſelbe ſchon
lange gewuͤnſcht hatte 2).
Unter ſo gluͤcklichen Umſtaͤnden dachte Papſt Clemens
zuweilen daran, der unter ihm vereinigten katholiſchen
Welt eine gemeinſchaftliche Richtung wider den alten Erb-
feind zu geben. In Ungarn war der Tuͤrkenkrieg wieder
ausgebrochen: ſchon damals glaubte man wahrzunehmen,
daß das osmaniſche Reich von Tage zu Tage ſchwaͤcher
werde: bei der perſoͤnlichen Untauglichkeit der Sultane,
dem Einfluß des Serails, den unaufhoͤrlichen Empoͤrungen
1) Oſſat an Villeroy 25. Merz 1599.
2) Bentivoglio theilt in dem vornehmſten Abſchnitt bes zwei-
ten Buches ſeiner Memorie (c. 2 — c. 6) dieſe Unterhandlungen
ausfuͤhrlich mit.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/320>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.