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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Politische Stellung Clemens VIII.
ral fuhr fort auf das geschickteste zu vermitteln: auch sein
Secretär Soto erwarb sich ein nicht geringes Verdienst
dabei. Die Hauptsache war, daß der König von Frank-
reich sich entschloß, sich von seinen Verbündeten, England
und Holland, zu trennen. Es ward dieß zugleich als ein
Vortheil für den Katholicismus betrachtet, indem erst hie-
durch der Abfall Heinrichs IV. von dem protestantischen
Systeme vollendet zu werden schien. Nach langen Zöge-
rungen verstand sich Heinrich dazu. Und hierauf gaben
nun die Spanier alle ihre Eroberungen wirklich zurück:
der Besitzstand ward hergestellt wie er im Jahre 1559
gewesen war. Der Legat erklärte, Seine Heiligkeit werde
darüber ein größeres Vergnügen empfinden als selbst über
die Einnahme von Ferrara: weit mehr als diese weltliche
Erwerbung habe ein Friede zu bedeuten, der die gesammte
Christenheit umfasse und in Ruhe setze 1).

Bei diesem Frieden war nur Ein Punkt, die Strei-
tigkeit zwischen Savoyen und Frankreich, unerledigt geblie-
ben. Der Herzog von Savoyen hatte, wie wir berührten,
Saluzzo an sich gerissen, und wollte sich nicht bequemen
es wieder herauszugeben: nach viel vergeblicher Unterhand-
lung griff ihn endlich Heinrich IV. mit offenen Waffen an.
Dem Papst, dem ohnehin in Vervins die Vermittelung in
dieser Sache ausdrücklich übertragen worden war, lag alles

1) Hinter der Ausgabe der Memoires von Angouleme bei Di-
dot 1756 findet sich I, 131--363 unter dem Titel Autres Me-
moires
ein ausführlicher Bericht über die Unterhandlung von Ver-
vins, der sich durch Genauigkeit und Unparteilichkeit auszeichnet:
aus dem denn auch die mitgetheilten Notizen stammen: die letzte
p. 337.
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Politiſche Stellung Clemens VIII.
ral fuhr fort auf das geſchickteſte zu vermitteln: auch ſein
Secretaͤr Soto erwarb ſich ein nicht geringes Verdienſt
dabei. Die Hauptſache war, daß der Koͤnig von Frank-
reich ſich entſchloß, ſich von ſeinen Verbuͤndeten, England
und Holland, zu trennen. Es ward dieß zugleich als ein
Vortheil fuͤr den Katholicismus betrachtet, indem erſt hie-
durch der Abfall Heinrichs IV. von dem proteſtantiſchen
Syſteme vollendet zu werden ſchien. Nach langen Zoͤge-
rungen verſtand ſich Heinrich dazu. Und hierauf gaben
nun die Spanier alle ihre Eroberungen wirklich zuruͤck:
der Beſitzſtand ward hergeſtellt wie er im Jahre 1559
geweſen war. Der Legat erklaͤrte, Seine Heiligkeit werde
daruͤber ein groͤßeres Vergnuͤgen empfinden als ſelbſt uͤber
die Einnahme von Ferrara: weit mehr als dieſe weltliche
Erwerbung habe ein Friede zu bedeuten, der die geſammte
Chriſtenheit umfaſſe und in Ruhe ſetze 1).

Bei dieſem Frieden war nur Ein Punkt, die Strei-
tigkeit zwiſchen Savoyen und Frankreich, unerledigt geblie-
ben. Der Herzog von Savoyen hatte, wie wir beruͤhrten,
Saluzzo an ſich geriſſen, und wollte ſich nicht bequemen
es wieder herauszugeben: nach viel vergeblicher Unterhand-
lung griff ihn endlich Heinrich IV. mit offenen Waffen an.
Dem Papſt, dem ohnehin in Vervins die Vermittelung in
dieſer Sache ausdruͤcklich uͤbertragen worden war, lag alles

1) Hinter der Ausgabe der Mémoires von Angouleme bei Di-
dot 1756 findet ſich I, 131—363 unter dem Titel Autres Mé-
moires
ein ausfuͤhrlicher Bericht uͤber die Unterhandlung von Ver-
vins, der ſich durch Genauigkeit und Unparteilichkeit auszeichnet:
aus dem denn auch die mitgetheilten Notizen ſtammen: die letzte
p. 337.
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[307/0319] Politiſche Stellung Clemens VIII. ral fuhr fort auf das geſchickteſte zu vermitteln: auch ſein Secretaͤr Soto erwarb ſich ein nicht geringes Verdienſt dabei. Die Hauptſache war, daß der Koͤnig von Frank- reich ſich entſchloß, ſich von ſeinen Verbuͤndeten, England und Holland, zu trennen. Es ward dieß zugleich als ein Vortheil fuͤr den Katholicismus betrachtet, indem erſt hie- durch der Abfall Heinrichs IV. von dem proteſtantiſchen Syſteme vollendet zu werden ſchien. Nach langen Zoͤge- rungen verſtand ſich Heinrich dazu. Und hierauf gaben nun die Spanier alle ihre Eroberungen wirklich zuruͤck: der Beſitzſtand ward hergeſtellt wie er im Jahre 1559 geweſen war. Der Legat erklaͤrte, Seine Heiligkeit werde daruͤber ein groͤßeres Vergnuͤgen empfinden als ſelbſt uͤber die Einnahme von Ferrara: weit mehr als dieſe weltliche Erwerbung habe ein Friede zu bedeuten, der die geſammte Chriſtenheit umfaſſe und in Ruhe ſetze 1). Bei dieſem Frieden war nur Ein Punkt, die Strei- tigkeit zwiſchen Savoyen und Frankreich, unerledigt geblie- ben. Der Herzog von Savoyen hatte, wie wir beruͤhrten, Saluzzo an ſich geriſſen, und wollte ſich nicht bequemen es wieder herauszugeben: nach viel vergeblicher Unterhand- lung griff ihn endlich Heinrich IV. mit offenen Waffen an. Dem Papſt, dem ohnehin in Vervins die Vermittelung in dieſer Sache ausdruͤcklich uͤbertragen worden war, lag alles 1) Hinter der Ausgabe der Mémoires von Angouleme bei Di- dot 1756 findet ſich I, 131—363 unter dem Titel Autres Mé- moires ein ausfuͤhrlicher Bericht uͤber die Unterhandlung von Ver- vins, der ſich durch Genauigkeit und Unparteilichkeit auszeichnet: aus dem denn auch die mitgetheilten Notizen ſtammen: die letzte p. 337. 20*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/319>, abgerufen am 26.11.2024.