ihnen zu: unter den übrigen ward der junge Bentivoglio, der Geschichtschreiber, geheimer Kämmerer des Papstes. Die Gewalt der Herzoge hatte auf dem Besitz der municipalen Berechtigungen beruht: der Papst entschloß sich den Bür- gern ihre alten Rechte zurückzugeben. Er bildete ein Con- seglio aus den drei Classen, des höhern Adels mit 27, der geringern Nobilität und der angesehenen Bürger mit 55, der Zünfte mit 18 Stellen. Ihre Rechte waren sorgfältig geschieden: die erste Classe hatte die bedeutend- sten, doch hing dafür die Besetzung der Stellen am meisten von dem Papste ab. Diesem Conseglio überließ nun der Papst die Sorge für die Lebensmittel, die Regulation der Flüsse, die Ernennung der Richter und Podesta's, selbst die Besetzung der Stellen an der Universität: alles Rechte die der Herzog sich früher eifersüchtig vorbehalten: und wie man denken kann, begann hiedurch ein ganz neues Leben. Auch für die geringere Classe ward gesorgt: von den strengen fis- calischen Ordnungen ward vieles nachgelassen 1).
Jedoch nicht alles konnte in diesem Sinne seyn. Auch die kirchliche Herrschaft war nicht lauter Milde. Gar bald fiel die Rechtspflege kirchlicher Beamten dem Adel beschwer- lich: der erste Giudice de' Savj, jener Montecatino, fand es ungebührlich, wie man die Rechte seiner Würde ein- schränke, und dankte ab. Allgemeines Mißvergnügen er- regte es, daß Papst Clemens für nöthig hielt sich seiner Eroberung durch ein Castell zu versichern. Die Vorstel- lungen, welche die Einwohner gegen dieß Vorhaben ein- reichten, so flehentlich sie auch abgefaßt seyn mochten, wa-
1)Frizzi: Memorie V, p. 25.
BuchVI.Innere Streitigkeiten.
ihnen zu: unter den uͤbrigen ward der junge Bentivoglio, der Geſchichtſchreiber, geheimer Kaͤmmerer des Papſtes. Die Gewalt der Herzoge hatte auf dem Beſitz der municipalen Berechtigungen beruht: der Papſt entſchloß ſich den Buͤr- gern ihre alten Rechte zuruͤckzugeben. Er bildete ein Con- ſeglio aus den drei Claſſen, des hoͤhern Adels mit 27, der geringern Nobilitaͤt und der angeſehenen Buͤrger mit 55, der Zuͤnfte mit 18 Stellen. Ihre Rechte waren ſorgfaͤltig geſchieden: die erſte Claſſe hatte die bedeutend- ſten, doch hing dafuͤr die Beſetzung der Stellen am meiſten von dem Papſte ab. Dieſem Conſeglio uͤberließ nun der Papſt die Sorge fuͤr die Lebensmittel, die Regulation der Fluͤſſe, die Ernennung der Richter und Podeſta’s, ſelbſt die Beſetzung der Stellen an der Univerſitaͤt: alles Rechte die der Herzog ſich fruͤher eiferſuͤchtig vorbehalten: und wie man denken kann, begann hiedurch ein ganz neues Leben. Auch fuͤr die geringere Claſſe ward geſorgt: von den ſtrengen fis- caliſchen Ordnungen ward vieles nachgelaſſen 1).
Jedoch nicht alles konnte in dieſem Sinne ſeyn. Auch die kirchliche Herrſchaft war nicht lauter Milde. Gar bald fiel die Rechtspflege kirchlicher Beamten dem Adel beſchwer- lich: der erſte Giudice de’ Savj, jener Montecatino, fand es ungebuͤhrlich, wie man die Rechte ſeiner Wuͤrde ein- ſchraͤnke, und dankte ab. Allgemeines Mißvergnuͤgen er- regte es, daß Papſt Clemens fuͤr noͤthig hielt ſich ſeiner Eroberung durch ein Caſtell zu verſichern. Die Vorſtel- lungen, welche die Einwohner gegen dieß Vorhaben ein- reichten, ſo flehentlich ſie auch abgefaßt ſeyn mochten, wa-
1)Frizzi: Memorie V, p. 25.
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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
ihnen zu: unter den uͤbrigen ward der junge Bentivoglio, der
Geſchichtſchreiber, geheimer Kaͤmmerer des Papſtes. Die
Gewalt der Herzoge hatte auf dem Beſitz der municipalen
Berechtigungen beruht: der Papſt entſchloß ſich den Buͤr-
gern ihre alten Rechte zuruͤckzugeben. Er bildete ein Con-
ſeglio aus den drei Claſſen, des hoͤhern Adels mit 27,
der geringern Nobilitaͤt und der angeſehenen Buͤrger mit
55, der Zuͤnfte mit 18 Stellen. Ihre Rechte waren
ſorgfaͤltig geſchieden: die erſte Claſſe hatte die bedeutend-
ſten, doch hing dafuͤr die Beſetzung der Stellen am meiſten
von dem Papſte ab. Dieſem Conſeglio uͤberließ nun der
Papſt die Sorge fuͤr die Lebensmittel, die Regulation der
Fluͤſſe, die Ernennung der Richter und Podeſta’s, ſelbſt die
Beſetzung der Stellen an der Univerſitaͤt: alles Rechte die
der Herzog ſich fruͤher eiferſuͤchtig vorbehalten: und wie man
denken kann, begann hiedurch ein ganz neues Leben. Auch
fuͤr die geringere Claſſe ward geſorgt: von den ſtrengen fis-
caliſchen Ordnungen ward vieles nachgelaſſen 1).
Jedoch nicht alles konnte in dieſem Sinne ſeyn. Auch
die kirchliche Herrſchaft war nicht lauter Milde. Gar bald
fiel die Rechtspflege kirchlicher Beamten dem Adel beſchwer-
lich: der erſte Giudice de’ Savj, jener Montecatino, fand
es ungebuͤhrlich, wie man die Rechte ſeiner Wuͤrde ein-
ſchraͤnke, und dankte ab. Allgemeines Mißvergnuͤgen er-
regte es, daß Papſt Clemens fuͤr noͤthig hielt ſich ſeiner
Eroberung durch ein Caſtell zu verſichern. Die Vorſtel-
lungen, welche die Einwohner gegen dieß Vorhaben ein-
reichten, ſo flehentlich ſie auch abgefaßt ſeyn mochten, wa-
1) Frizzi: Memorie V, p. 25.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/290>, abgerufen am 16.02.2025.
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