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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Absolution Heinrichs IV.
er ihn herzustellen: wo sich derselbe in ausschließender Ue-
bung behauptet, bestätigte er ihm dieses Recht in feierli-
chen Privilegien. Alles das that er, ohne noch mit dem
Papst versöhnt zu seyn.

Für diesen ward es aber nun selbst zu einer dringenden
Nothwendigkeit, auf die Aussöhnung zu denken 1). Hätte
er sich länger geweigert, so würde ein Schisma, eine
factisch getrennte französische Kirche haben entstehn kön-
nen.

Zwar setzten sich die Spanier noch immer dagegen.
Sie behaupteten, Heinrich sey schlechterdings nicht wahr-
haft bekehrt: ein Schisma sey erst recht zu fürchten, wenn
er die Absolution empfangen habe 2): schon gaben sie die
Gelegenheiten an, bei denen es ausbrechen müsse. Für den
Papst gehörte noch immer Entschluß dazu, sich im Wider-
spruch mit Denen, deren Macht ihn umgab, die eine große
Partei in der Curie hatten, von einer Meinung zu trennen,
die für orthodox gegolten, für welche seine Vorfahren ihre
geistlichen und weltlichen Waffen so oft in Bewegung ge-
setzt, die er doch auch selbst mehrere Jahre gebilligt hatte;
allein er sah ein, daß jeder Aufschub verderblich werden
müsse, daß er von der andern Seite nichts mehr erwar-
ten dürfe: er fühlte, daß die in Frankreich emporgekommene
Gewalt, wenn sie auch in geistlichen Dingen einen gewis-

1) Erst 5. Nov. 1594 findet der venezianische Gesandte den
Papst in französischen Angelegenheiten "meglio inclinato che nel
passato".
2) Ossat a mr de Villeroy Rome 6 dec. 1594. Lettres
d'Ossat I, 53.

Abſolution Heinrichs IV.
er ihn herzuſtellen: wo ſich derſelbe in ausſchließender Ue-
bung behauptet, beſtaͤtigte er ihm dieſes Recht in feierli-
chen Privilegien. Alles das that er, ohne noch mit dem
Papſt verſoͤhnt zu ſeyn.

Fuͤr dieſen ward es aber nun ſelbſt zu einer dringenden
Nothwendigkeit, auf die Ausſoͤhnung zu denken 1). Haͤtte
er ſich laͤnger geweigert, ſo wuͤrde ein Schisma, eine
factiſch getrennte franzoͤſiſche Kirche haben entſtehn koͤn-
nen.

Zwar ſetzten ſich die Spanier noch immer dagegen.
Sie behaupteten, Heinrich ſey ſchlechterdings nicht wahr-
haft bekehrt: ein Schisma ſey erſt recht zu fuͤrchten, wenn
er die Abſolution empfangen habe 2): ſchon gaben ſie die
Gelegenheiten an, bei denen es ausbrechen muͤſſe. Fuͤr den
Papſt gehoͤrte noch immer Entſchluß dazu, ſich im Wider-
ſpruch mit Denen, deren Macht ihn umgab, die eine große
Partei in der Curie hatten, von einer Meinung zu trennen,
die fuͤr orthodox gegolten, fuͤr welche ſeine Vorfahren ihre
geiſtlichen und weltlichen Waffen ſo oft in Bewegung ge-
ſetzt, die er doch auch ſelbſt mehrere Jahre gebilligt hatte;
allein er ſah ein, daß jeder Aufſchub verderblich werden
muͤſſe, daß er von der andern Seite nichts mehr erwar-
ten duͤrfe: er fuͤhlte, daß die in Frankreich emporgekommene
Gewalt, wenn ſie auch in geiſtlichen Dingen einen gewiſ-

1) Erſt 5. Nov. 1594 findet der venezianiſche Geſandte den
Papſt in franzoͤſiſchen Angelegenheiten „meglio inclinato che nel
passato“.
2) Ossat a mr de Villeroy Rome 6 dec. 1594. Lettres
d’Ossat I, 53.
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[251/0263] Abſolution Heinrichs IV. er ihn herzuſtellen: wo ſich derſelbe in ausſchließender Ue- bung behauptet, beſtaͤtigte er ihm dieſes Recht in feierli- chen Privilegien. Alles das that er, ohne noch mit dem Papſt verſoͤhnt zu ſeyn. Fuͤr dieſen ward es aber nun ſelbſt zu einer dringenden Nothwendigkeit, auf die Ausſoͤhnung zu denken 1). Haͤtte er ſich laͤnger geweigert, ſo wuͤrde ein Schisma, eine factiſch getrennte franzoͤſiſche Kirche haben entſtehn koͤn- nen. Zwar ſetzten ſich die Spanier noch immer dagegen. Sie behaupteten, Heinrich ſey ſchlechterdings nicht wahr- haft bekehrt: ein Schisma ſey erſt recht zu fuͤrchten, wenn er die Abſolution empfangen habe 2): ſchon gaben ſie die Gelegenheiten an, bei denen es ausbrechen muͤſſe. Fuͤr den Papſt gehoͤrte noch immer Entſchluß dazu, ſich im Wider- ſpruch mit Denen, deren Macht ihn umgab, die eine große Partei in der Curie hatten, von einer Meinung zu trennen, die fuͤr orthodox gegolten, fuͤr welche ſeine Vorfahren ihre geiſtlichen und weltlichen Waffen ſo oft in Bewegung ge- ſetzt, die er doch auch ſelbſt mehrere Jahre gebilligt hatte; allein er ſah ein, daß jeder Aufſchub verderblich werden muͤſſe, daß er von der andern Seite nichts mehr erwar- ten duͤrfe: er fuͤhlte, daß die in Frankreich emporgekommene Gewalt, wenn ſie auch in geiſtlichen Dingen einen gewiſ- 1) Erſt 5. Nov. 1594 findet der venezianiſche Geſandte den Papſt in franzoͤſiſchen Angelegenheiten „meglio inclinato che nel passato“. 2) Ossat a mr de Villeroy Rome 6 dec. 1594. Lettres d’Ossat I, 53.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/263>, abgerufen am 22.11.2024.