Noch im Jahre 1592 schickte Heinrich IV. den Car- dinal Gondi nach Italien mit dem Auftrage sich auch nach Rom zu verfügen. Täglich mehr neigte sich der Kö- nig zu dem Katholicismus: aber sein Sinn war, wie es scheint, sich mehr durch eine Art von Vertrag unter der Vermittelung von Toscana und Venedig mit der katholi- schen Kirche wiederzuvereinigen, als durch Unterwerfung. -- Und war nicht auch dieß für den Papst sehr annehm- lich? War nicht der Rücktritt des Königs alle Mal ein großer Gewinn, auf welche Art er auch geschehen mochte? Clemens hielt es dessenungeachtet für nothwendig nicht darauf einzugehn, Gondi nicht anzunehmen. Zu große Un- annehmlichkeiten überdieß ohne allen Nutzen hatte die An- wesenheit Luxemburgs für Sixtus V. zur Folge gehabt. Er schickte einen Mönch, Fra Franceschi, nach Florenz, wo der Cardinal bereits eingetroffen, um demselben an- zukündigen, daß er in Rom nicht angenommen werden könne. Es war dem Papst ganz recht, daß der Cardinal, daß selbst der Großherzog sich beklagte: er wünschte mit seiner Weigerung Aufsehen, Geräusch zu erregen. Es ist dieß jedoch nur die eine Seite der Sache. Den Kö- nig verdrießlich zu machen, eine Annäherung zur Versöh- nung ganz von sich zu weisen konnte auch nicht die Mei- nung des Papstes seyn. In den venezianischen Nachrich- ten findet sich, Fra Franceschi habe seiner officiellen An- kündigung doch zugleich hinzugefügt: er glaube wohl, pri- vatim und insgeheim werde der Cardinal angenommen wer- den 1). Es scheint fast, als sey Gondi wirklich in Rom
1)Dispaceio Donato 23 Ott. 1592 aus einer Relation die
BuchVI.Innere Streitigkeiten.
Noch im Jahre 1592 ſchickte Heinrich IV. den Car- dinal Gondi nach Italien mit dem Auftrage ſich auch nach Rom zu verfuͤgen. Taͤglich mehr neigte ſich der Koͤ- nig zu dem Katholicismus: aber ſein Sinn war, wie es ſcheint, ſich mehr durch eine Art von Vertrag unter der Vermittelung von Toscana und Venedig mit der katholi- ſchen Kirche wiederzuvereinigen, als durch Unterwerfung. — Und war nicht auch dieß fuͤr den Papſt ſehr annehm- lich? War nicht der Ruͤcktritt des Koͤnigs alle Mal ein großer Gewinn, auf welche Art er auch geſchehen mochte? Clemens hielt es deſſenungeachtet fuͤr nothwendig nicht darauf einzugehn, Gondi nicht anzunehmen. Zu große Un- annehmlichkeiten uͤberdieß ohne allen Nutzen hatte die An- weſenheit Luxemburgs fuͤr Sixtus V. zur Folge gehabt. Er ſchickte einen Moͤnch, Fra Franceschi, nach Florenz, wo der Cardinal bereits eingetroffen, um demſelben an- zukuͤndigen, daß er in Rom nicht angenommen werden koͤnne. Es war dem Papſt ganz recht, daß der Cardinal, daß ſelbſt der Großherzog ſich beklagte: er wuͤnſchte mit ſeiner Weigerung Aufſehen, Geraͤuſch zu erregen. Es iſt dieß jedoch nur die eine Seite der Sache. Den Koͤ- nig verdrießlich zu machen, eine Annaͤherung zur Verſoͤh- nung ganz von ſich zu weiſen konnte auch nicht die Mei- nung des Papſtes ſeyn. In den venezianiſchen Nachrich- ten findet ſich, Fra Franceschi habe ſeiner officiellen An- kuͤndigung doch zugleich hinzugefuͤgt: er glaube wohl, pri- vatim und insgeheim werde der Cardinal angenommen wer- den 1). Es ſcheint faſt, als ſey Gondi wirklich in Rom
1)Dispaceio Donato 23 Ott. 1592 aus einer Relation die
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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
Noch im Jahre 1592 ſchickte Heinrich IV. den Car-
dinal Gondi nach Italien mit dem Auftrage ſich auch
nach Rom zu verfuͤgen. Taͤglich mehr neigte ſich der Koͤ-
nig zu dem Katholicismus: aber ſein Sinn war, wie es
ſcheint, ſich mehr durch eine Art von Vertrag unter der
Vermittelung von Toscana und Venedig mit der katholi-
ſchen Kirche wiederzuvereinigen, als durch Unterwerfung.
— Und war nicht auch dieß fuͤr den Papſt ſehr annehm-
lich? War nicht der Ruͤcktritt des Koͤnigs alle Mal ein
großer Gewinn, auf welche Art er auch geſchehen mochte?
Clemens hielt es deſſenungeachtet fuͤr nothwendig nicht
darauf einzugehn, Gondi nicht anzunehmen. Zu große Un-
annehmlichkeiten uͤberdieß ohne allen Nutzen hatte die An-
weſenheit Luxemburgs fuͤr Sixtus V. zur Folge gehabt.
Er ſchickte einen Moͤnch, Fra Franceschi, nach Florenz,
wo der Cardinal bereits eingetroffen, um demſelben an-
zukuͤndigen, daß er in Rom nicht angenommen werden
koͤnne. Es war dem Papſt ganz recht, daß der Cardinal,
daß ſelbſt der Großherzog ſich beklagte: er wuͤnſchte mit
ſeiner Weigerung Aufſehen, Geraͤuſch zu erregen. Es
iſt dieß jedoch nur die eine Seite der Sache. Den Koͤ-
nig verdrießlich zu machen, eine Annaͤherung zur Verſoͤh-
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nung des Papſtes ſeyn. In den venezianiſchen Nachrich-
ten findet ſich, Fra Franceschi habe ſeiner officiellen An-
kuͤndigung doch zugleich hinzugefuͤgt: er glaube wohl, pri-
vatim und insgeheim werde der Cardinal angenommen wer-
den 1). Es ſcheint faſt, als ſey Gondi wirklich in Rom
1) Dispaceio Donato 23 Ott. 1592 aus einer Relation die
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/250>, abgerufen am 22.11.2024.
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