Und nicht minder setzten sich die Einziehungen geistli- cher Güter fort. Welche Verluste erlitt z. B. binnen we- nigen Jahren das Bisthum Augsburg. Im Jahre 1557 wurden ihm alle Klöster im Wirtembergischen entrissen: 1558 folgten die Klöster und Pfarren der Grafschaft Oet- tingen nach: erst nach dem Religionsfrieden erhoben sich die Protestanten in Dünkelsbühl und Donauwerth zur Pa- rität, in Nördlingen und Memmingen zur Oberherrschaft: dann gingen die Klöster in diesen Städten, unter andern die reiche Präceptorie zum h. Antonius in Memmingen, die Pfarren unwiederbringlich verloren 1).
Dazu kam nun, daß dem Katholicismus selbst für die Zukunft wenig Aussicht übrig blieb.
Auch in den Lehranstalten nemlich, auf den Univer- sitäten hatte die protestantische Meinung obgesiegt. Jene alten Verfechter des Katholicismus, die Luthern Widerpart gehalten, oder sich in den Religionsgesprächen hervorge- than, waren verstorben, oder standen in hohem Alter. Junge Männer, fähig sie zu ersetzen, waren nicht emporgekom- men. In Wien war es zwanzig Jahre her, daß kein Zög- ling der Universität die Priesterweihe genommen hatte. In Ingolstadt selbst, das so vorzugsweise katholisch war, fanden sich für wichtige Stellen, die bisher immer mit Geistlichen besetzt worden, keine geeigneten Bewerber mehr in dieser Facultät 2). In Cöln eröffnete die Stadt eine
1) Placidus Braun: Geschichte der Bischöfe von Augsburg Bd. III, 533, 535 u. f., hier aus guten Quellen.
2)Agricola: Historia provinciae societatis Jesu Germaniae superioris I, p. 29.
Lage des Proteſtantismus um das Jahr 1563.
Und nicht minder ſetzten ſich die Einziehungen geiſtli- cher Guͤter fort. Welche Verluſte erlitt z. B. binnen we- nigen Jahren das Bisthum Augsburg. Im Jahre 1557 wurden ihm alle Kloͤſter im Wirtembergiſchen entriſſen: 1558 folgten die Kloͤſter und Pfarren der Grafſchaft Oet- tingen nach: erſt nach dem Religionsfrieden erhoben ſich die Proteſtanten in Duͤnkelsbuͤhl und Donauwerth zur Pa- ritaͤt, in Noͤrdlingen und Memmingen zur Oberherrſchaft: dann gingen die Kloͤſter in dieſen Staͤdten, unter andern die reiche Praͤceptorie zum h. Antonius in Memmingen, die Pfarren unwiederbringlich verloren 1).
Dazu kam nun, daß dem Katholicismus ſelbſt fuͤr die Zukunft wenig Ausſicht uͤbrig blieb.
Auch in den Lehranſtalten nemlich, auf den Univer- ſitaͤten hatte die proteſtantiſche Meinung obgeſiegt. Jene alten Verfechter des Katholicismus, die Luthern Widerpart gehalten, oder ſich in den Religionsgeſpraͤchen hervorge- than, waren verſtorben, oder ſtanden in hohem Alter. Junge Maͤnner, faͤhig ſie zu erſetzen, waren nicht emporgekom- men. In Wien war es zwanzig Jahre her, daß kein Zoͤg- ling der Univerſitaͤt die Prieſterweihe genommen hatte. In Ingolſtadt ſelbſt, das ſo vorzugsweiſe katholiſch war, fanden ſich fuͤr wichtige Stellen, die bisher immer mit Geiſtlichen beſetzt worden, keine geeigneten Bewerber mehr in dieſer Facultaͤt 2). In Coͤln eroͤffnete die Stadt eine
1) Placidus Braun: Geſchichte der Biſchoͤfe von Augsburg Bd. III, 533, 535 u. f., hier aus guten Quellen.
2)Agricola: Historia provinciae societatis Jesu Germaniae superioris I, p. 29.
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Lage des Proteſtantismus um das Jahr 1563.
Und nicht minder ſetzten ſich die Einziehungen geiſtli-
cher Guͤter fort. Welche Verluſte erlitt z. B. binnen we-
nigen Jahren das Bisthum Augsburg. Im Jahre 1557
wurden ihm alle Kloͤſter im Wirtembergiſchen entriſſen:
1558 folgten die Kloͤſter und Pfarren der Grafſchaft Oet-
tingen nach: erſt nach dem Religionsfrieden erhoben ſich
die Proteſtanten in Duͤnkelsbuͤhl und Donauwerth zur Pa-
ritaͤt, in Noͤrdlingen und Memmingen zur Oberherrſchaft:
dann gingen die Kloͤſter in dieſen Staͤdten, unter andern
die reiche Praͤceptorie zum h. Antonius in Memmingen,
die Pfarren unwiederbringlich verloren 1).
Dazu kam nun, daß dem Katholicismus ſelbſt fuͤr
die Zukunft wenig Ausſicht uͤbrig blieb.
Auch in den Lehranſtalten nemlich, auf den Univer-
ſitaͤten hatte die proteſtantiſche Meinung obgeſiegt. Jene
alten Verfechter des Katholicismus, die Luthern Widerpart
gehalten, oder ſich in den Religionsgeſpraͤchen hervorge-
than, waren verſtorben, oder ſtanden in hohem Alter. Junge
Maͤnner, faͤhig ſie zu erſetzen, waren nicht emporgekom-
men. In Wien war es zwanzig Jahre her, daß kein Zoͤg-
ling der Univerſitaͤt die Prieſterweihe genommen hatte.
In Ingolſtadt ſelbſt, das ſo vorzugsweiſe katholiſch war,
fanden ſich fuͤr wichtige Stellen, die bisher immer mit
Geiſtlichen beſetzt worden, keine geeigneten Bewerber mehr
in dieſer Facultaͤt 2). In Coͤln eroͤffnete die Stadt eine
1) Placidus Braun: Geſchichte der Biſchoͤfe von Augsburg
Bd. III, 533, 535 u. f., hier aus guten Quellen.
2) Agricola: Historia provinciae societatis Jesu Germaniae
superioris I, p. 29.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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