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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
An diesem Morgen -- 5. Dezember 1590 -- führte er
ihn mit Sforza in die Capelle, wo die Stimmen gege-
ben wurden. Sfondrato ward gewählt: er nannte sich
Gregor. XIV 1)

Ein Mann, der alle Wochen zweimal fastete, alle
Tage seine Messe las, das Pensum seiner Horen immer
auf den Knien betete, und dann eine Stunde seinem Lieb-
lingsautor, dem heil. Bernhard, widmete, aus dem er sich
die Sentenzen die ihm besonders einleuchteten sorgfältig auf-
zeichnete: eine jungfräuliche unschuldige Seele. Man be-
merkte aber in halbem Scherz, wie er zu früh -- im sie-
benten Monat -- auf die Welt gekommen und nur mit
Mühe aufgebracht worden war, so habe er überhaupt zu
wenig irdische Elemente in sich. Von der Praxis und den
Umtrieben der Curie hatte er nie etwas begriffen. Die
Sache, welche die Spanier verfochten, hielt er ohne Wei-
teres für die Sache der Kirche. Er war ein geborner Un-
terthan Philipps II, und ein Mann nach seinem Herzen.
Ohne alles Schwanken noch Verziehen erklärte er sich zu
Gunsten der Ligue 2).

"Ihr", schrieb er an die Pariser, "die ihr einen so
löblichen Anfang gemacht habt, harret nun auch aus und
haltet nicht inne bis Ihr an das Ziel Eures Laufes ge-
kommen seyd. Von Gott inspirirt haben wir beschlossen
Euch zu Hülfe zu kommen. Zuerst weisen wir Euch eine

1) T. Tasso hat diese Thronbesteigung in einer prächtigen Can-
zone gefeiert: Da gran lode immortal.
2) Cicarella de vita Gregorii XIV: bei allen spätern Ausga-
ben des Platina befindlich.

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
An dieſem Morgen — 5. Dezember 1590 — fuͤhrte er
ihn mit Sforza in die Capelle, wo die Stimmen gege-
ben wurden. Sfondrato ward gewaͤhlt: er nannte ſich
Gregor. XIV 1)

Ein Mann, der alle Wochen zweimal faſtete, alle
Tage ſeine Meſſe las, das Penſum ſeiner Horen immer
auf den Knien betete, und dann eine Stunde ſeinem Lieb-
lingsautor, dem heil. Bernhard, widmete, aus dem er ſich
die Sentenzen die ihm beſonders einleuchteten ſorgfaͤltig auf-
zeichnete: eine jungfraͤuliche unſchuldige Seele. Man be-
merkte aber in halbem Scherz, wie er zu fruͤh — im ſie-
benten Monat — auf die Welt gekommen und nur mit
Muͤhe aufgebracht worden war, ſo habe er uͤberhaupt zu
wenig irdiſche Elemente in ſich. Von der Praxis und den
Umtrieben der Curie hatte er nie etwas begriffen. Die
Sache, welche die Spanier verfochten, hielt er ohne Wei-
teres fuͤr die Sache der Kirche. Er war ein geborner Un-
terthan Philipps II, und ein Mann nach ſeinem Herzen.
Ohne alles Schwanken noch Verziehen erklaͤrte er ſich zu
Gunſten der Ligue 2).

„Ihr“, ſchrieb er an die Pariſer, „die ihr einen ſo
loͤblichen Anfang gemacht habt, harret nun auch aus und
haltet nicht inne bis Ihr an das Ziel Eures Laufes ge-
kommen ſeyd. Von Gott inſpirirt haben wir beſchloſſen
Euch zu Huͤlfe zu kommen. Zuerſt weiſen wir Euch eine

1) T. Taſſo hat dieſe Thronbeſteigung in einer praͤchtigen Can-
zone gefeiert: Da gran lode immortal.
2) Cicarella de vita Gregorii XIV: bei allen ſpaͤtern Ausga-
ben des Platina befindlich.
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[222/0234] Buch VI. Innere Streitigkeiten. An dieſem Morgen — 5. Dezember 1590 — fuͤhrte er ihn mit Sforza in die Capelle, wo die Stimmen gege- ben wurden. Sfondrato ward gewaͤhlt: er nannte ſich Gregor. XIV 1) Ein Mann, der alle Wochen zweimal faſtete, alle Tage ſeine Meſſe las, das Penſum ſeiner Horen immer auf den Knien betete, und dann eine Stunde ſeinem Lieb- lingsautor, dem heil. Bernhard, widmete, aus dem er ſich die Sentenzen die ihm beſonders einleuchteten ſorgfaͤltig auf- zeichnete: eine jungfraͤuliche unſchuldige Seele. Man be- merkte aber in halbem Scherz, wie er zu fruͤh — im ſie- benten Monat — auf die Welt gekommen und nur mit Muͤhe aufgebracht worden war, ſo habe er uͤberhaupt zu wenig irdiſche Elemente in ſich. Von der Praxis und den Umtrieben der Curie hatte er nie etwas begriffen. Die Sache, welche die Spanier verfochten, hielt er ohne Wei- teres fuͤr die Sache der Kirche. Er war ein geborner Un- terthan Philipps II, und ein Mann nach ſeinem Herzen. Ohne alles Schwanken noch Verziehen erklaͤrte er ſich zu Gunſten der Ligue 2). „Ihr“, ſchrieb er an die Pariſer, „die ihr einen ſo loͤblichen Anfang gemacht habt, harret nun auch aus und haltet nicht inne bis Ihr an das Ziel Eures Laufes ge- kommen ſeyd. Von Gott inſpirirt haben wir beſchloſſen Euch zu Huͤlfe zu kommen. Zuerſt weiſen wir Euch eine 1) T. Taſſo hat dieſe Thronbeſteigung in einer praͤchtigen Can- zone gefeiert: Da gran lode immortal. 2) Cicarella de vita Gregorii XIV: bei allen ſpaͤtern Ausga- ben des Platina befindlich.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/234>, abgerufen am 28.11.2024.