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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.

Daher geschah, daß die streng katholische Richtung,
obwohl auf mancherlei Weise vom Hofe begünstigt, doch
mit ihm in innere Opposition gerieth.

Aber überdieß ließ auch der König von der alten Po-
litik, welche sich hauptsächlich in Feindseligkeiten gegen
Spanien bewegte, nicht ab. Zu einer andern Zeit hätte
dieß nichts zu bedeuten gehabt. Damals aber war das
religiöse Element auch in Frankreich stärker als das Ge-
fühl der nationalen Interessen. Wie die Hugenotten mit
den niederländischen Protestanten, so fühlten sich die Ka-
tholischen in einem natürlichen Bunde mit Philipp II. und
Farnese. Die Jesuiten, welche diesen in den Niederlanden
so große Dienste leisteten, konnten nicht ohne Unruhe sehen,
daß eben die Feinde die sie dort bekämpften, Gunst und
Hülfe in Frankreich fanden.

Dazu kam nun aber, daß der Herzog von Alencon
im Jahre 1584 starb, und hiedurch, da der König weder
Erben hatte noch auch Hoffnung deren zu bekommen, die
nächste Anwartschaft auf die Krone an Heinrich König von
Navarra gelangte.

Vielleicht vermag die Besorgniß vor der Zukunft über
die Menschen noch mehr als ein Unglück des Augenblicks.
Diese Aussicht setzte alle katholischen Franzosen in die größte
Bewegung 1).


1) In Rom ward gleich damals eine Schrift über die Wün-
schenswürdigkeit der Thronfolge eines Guisen verfaßt: della incli-
natione de' cattolici verso la casa di Ghisa e del servitio che
ricevera la christianita et il re cattolico della successione di uno
di quei principi.
Sie ward nach Spanien geschickt: man schrieb
sie dem Cardinal Este zu. Dispaccio Veneto 1584 1mo Dcbr.
Buch V. Gegenreformationen.

Daher geſchah, daß die ſtreng katholiſche Richtung,
obwohl auf mancherlei Weiſe vom Hofe beguͤnſtigt, doch
mit ihm in innere Oppoſition gerieth.

Aber uͤberdieß ließ auch der Koͤnig von der alten Po-
litik, welche ſich hauptſaͤchlich in Feindſeligkeiten gegen
Spanien bewegte, nicht ab. Zu einer andern Zeit haͤtte
dieß nichts zu bedeuten gehabt. Damals aber war das
religioͤſe Element auch in Frankreich ſtaͤrker als das Ge-
fuͤhl der nationalen Intereſſen. Wie die Hugenotten mit
den niederlaͤndiſchen Proteſtanten, ſo fuͤhlten ſich die Ka-
tholiſchen in einem natuͤrlichen Bunde mit Philipp II. und
Farneſe. Die Jeſuiten, welche dieſen in den Niederlanden
ſo große Dienſte leiſteten, konnten nicht ohne Unruhe ſehen,
daß eben die Feinde die ſie dort bekaͤmpften, Gunſt und
Huͤlfe in Frankreich fanden.

Dazu kam nun aber, daß der Herzog von Alençon
im Jahre 1584 ſtarb, und hiedurch, da der Koͤnig weder
Erben hatte noch auch Hoffnung deren zu bekommen, die
naͤchſte Anwartſchaft auf die Krone an Heinrich Koͤnig von
Navarra gelangte.

Vielleicht vermag die Beſorgniß vor der Zukunft uͤber
die Menſchen noch mehr als ein Ungluͤck des Augenblicks.
Dieſe Ausſicht ſetzte alle katholiſchen Franzoſen in die groͤßte
Bewegung 1).


1) In Rom ward gleich damals eine Schrift uͤber die Wuͤn-
ſchenswuͤrdigkeit der Thronfolge eines Guiſen verfaßt: della incli-
natione de’ cattolici verso la casa di Ghisa e del servitio che
riceverà la christianità et il re cattolico della successione di uno
di quei principi.
Sie ward nach Spanien geſchickt: man ſchrieb
ſie dem Cardinal Eſte zu. Dispaccio Veneto 1584 1mo Dcbr.
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[148/0160] Buch V. Gegenreformationen. Daher geſchah, daß die ſtreng katholiſche Richtung, obwohl auf mancherlei Weiſe vom Hofe beguͤnſtigt, doch mit ihm in innere Oppoſition gerieth. Aber uͤberdieß ließ auch der Koͤnig von der alten Po- litik, welche ſich hauptſaͤchlich in Feindſeligkeiten gegen Spanien bewegte, nicht ab. Zu einer andern Zeit haͤtte dieß nichts zu bedeuten gehabt. Damals aber war das religioͤſe Element auch in Frankreich ſtaͤrker als das Ge- fuͤhl der nationalen Intereſſen. Wie die Hugenotten mit den niederlaͤndiſchen Proteſtanten, ſo fuͤhlten ſich die Ka- tholiſchen in einem natuͤrlichen Bunde mit Philipp II. und Farneſe. Die Jeſuiten, welche dieſen in den Niederlanden ſo große Dienſte leiſteten, konnten nicht ohne Unruhe ſehen, daß eben die Feinde die ſie dort bekaͤmpften, Gunſt und Huͤlfe in Frankreich fanden. Dazu kam nun aber, daß der Herzog von Alençon im Jahre 1584 ſtarb, und hiedurch, da der Koͤnig weder Erben hatte noch auch Hoffnung deren zu bekommen, die naͤchſte Anwartſchaft auf die Krone an Heinrich Koͤnig von Navarra gelangte. Vielleicht vermag die Beſorgniß vor der Zukunft uͤber die Menſchen noch mehr als ein Ungluͤck des Augenblicks. Dieſe Ausſicht ſetzte alle katholiſchen Franzoſen in die groͤßte Bewegung 1). 1) In Rom ward gleich damals eine Schrift uͤber die Wuͤn- ſchenswuͤrdigkeit der Thronfolge eines Guiſen verfaßt: della incli- natione de’ cattolici verso la casa di Ghisa e del servitio che riceverà la christianità et il re cattolico della successione di uno di quei principi. Sie ward nach Spanien geſchickt: man ſchrieb ſie dem Cardinal Eſte zu. Dispaccio Veneto 1584 1mo Dcbr.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/160>, abgerufen am 24.11.2024.