enge aber diese Vereinigung kirchlicher und politischer Macht war, wie weit man darin ging, davon bietet wohl der Erz- bischof von Salzburg Wolf Dietrich von Raittenau das merk- würdigste Beispiel dar.
Die alten Erzbischöfe, welche die Bewegungen der Re- formationszeit mit erlebt, begnügten sich, dann und wann ein Edict wider die Neuerungen zu erlassen, eine Strafe zu verhängen, einen Versuch zur Bekehrung zu machen, aber nur, wie Erzbischof Jacob sagt, "durch linde, väter- liche und getreue Wege": im Ganzen ließen sie es gehn 1).
Ganz andere Eindrücke, Ansichten und Entwürfe aber brachte der junge Erzbischof Wolf Dietrich von Raittenau mit, als er im Jahre 1587 den Stuhl von Salzburg be- stieg. Er war in dem Collegium Germanicum zu Rom erzogen worden, und hatte die Ideen der kirchlichen Restau- ration noch in voller Frische inne: er hatte hier noch den glänzenden Anfang der Regierung Sixtus V. gesehen, und sich mit Bewunderung für ihn erfüllt: es spornte ihn noch be- sonders an, daß sein Oheim Cardinal war, Cardinal Altemps, in dessen Hause er zu Rom erzogen worden. In dem J. 1588, bei der Zurückkunft von einer Reise, die ihn noch einmal nach Rom geführt hatte, schritt er zum Werke. Er forderte alle Bürger seiner Hauptstadt auf, ihr katholisches Bekenntniß abzulegen. Es blieben viele damit im Rückstand: er gestattete ihnen einige Wochen Bedenkzeit: alsdann, am 3. September 1588, befahl er ihnen binnen eines Monats
1) Auch ein schärferes Mandat ward allerdings unter dem Na- men Jacobs publicirt, aber erst als er die Verwaltung einem Co- adjutor hatte überlassen müssen.
Buch V. Gegenreformationen.
enge aber dieſe Vereinigung kirchlicher und politiſcher Macht war, wie weit man darin ging, davon bietet wohl der Erz- biſchof von Salzburg Wolf Dietrich von Raittenau das merk- wuͤrdigſte Beiſpiel dar.
Die alten Erzbiſchoͤfe, welche die Bewegungen der Re- formationszeit mit erlebt, begnuͤgten ſich, dann und wann ein Edict wider die Neuerungen zu erlaſſen, eine Strafe zu verhaͤngen, einen Verſuch zur Bekehrung zu machen, aber nur, wie Erzbiſchof Jacob ſagt, „durch linde, vaͤter- liche und getreue Wege“: im Ganzen ließen ſie es gehn 1).
Ganz andere Eindruͤcke, Anſichten und Entwuͤrfe aber brachte der junge Erzbiſchof Wolf Dietrich von Raittenau mit, als er im Jahre 1587 den Stuhl von Salzburg be- ſtieg. Er war in dem Collegium Germanicum zu Rom erzogen worden, und hatte die Ideen der kirchlichen Reſtau- ration noch in voller Friſche inne: er hatte hier noch den glaͤnzenden Anfang der Regierung Sixtus V. geſehen, und ſich mit Bewunderung fuͤr ihn erfuͤllt: es ſpornte ihn noch be- ſonders an, daß ſein Oheim Cardinal war, Cardinal Altemps, in deſſen Hauſe er zu Rom erzogen worden. In dem J. 1588, bei der Zuruͤckkunft von einer Reiſe, die ihn noch einmal nach Rom gefuͤhrt hatte, ſchritt er zum Werke. Er forderte alle Buͤrger ſeiner Hauptſtadt auf, ihr katholiſches Bekenntniß abzulegen. Es blieben viele damit im Ruͤckſtand: er geſtattete ihnen einige Wochen Bedenkzeit: alsdann, am 3. September 1588, befahl er ihnen binnen eines Monats
1) Auch ein ſchaͤrferes Mandat ward allerdings unter dem Na- men Jacobs publicirt, aber erſt als er die Verwaltung einem Co- adjutor hatte uͤberlaſſen muͤſſen.
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Buch V. Gegenreformationen.
enge aber dieſe Vereinigung kirchlicher und politiſcher Macht
war, wie weit man darin ging, davon bietet wohl der Erz-
biſchof von Salzburg Wolf Dietrich von Raittenau das merk-
wuͤrdigſte Beiſpiel dar.
Die alten Erzbiſchoͤfe, welche die Bewegungen der Re-
formationszeit mit erlebt, begnuͤgten ſich, dann und wann
ein Edict wider die Neuerungen zu erlaſſen, eine Strafe
zu verhaͤngen, einen Verſuch zur Bekehrung zu machen,
aber nur, wie Erzbiſchof Jacob ſagt, „durch linde, vaͤter-
liche und getreue Wege“: im Ganzen ließen ſie es gehn 1).
Ganz andere Eindruͤcke, Anſichten und Entwuͤrfe aber
brachte der junge Erzbiſchof Wolf Dietrich von Raittenau
mit, als er im Jahre 1587 den Stuhl von Salzburg be-
ſtieg. Er war in dem Collegium Germanicum zu Rom
erzogen worden, und hatte die Ideen der kirchlichen Reſtau-
ration noch in voller Friſche inne: er hatte hier noch den
glaͤnzenden Anfang der Regierung Sixtus V. geſehen, und ſich
mit Bewunderung fuͤr ihn erfuͤllt: es ſpornte ihn noch be-
ſonders an, daß ſein Oheim Cardinal war, Cardinal Altemps,
in deſſen Hauſe er zu Rom erzogen worden. In dem J.
1588, bei der Zuruͤckkunft von einer Reiſe, die ihn noch
einmal nach Rom gefuͤhrt hatte, ſchritt er zum Werke. Er
forderte alle Buͤrger ſeiner Hauptſtadt auf, ihr katholiſches
Bekenntniß abzulegen. Es blieben viele damit im Ruͤckſtand:
er geſtattete ihnen einige Wochen Bedenkzeit: alsdann, am
3. September 1588, befahl er ihnen binnen eines Monats
1) Auch ein ſchaͤrferes Mandat ward allerdings unter dem Na-
men Jacobs publicirt, aber erſt als er die Verwaltung einem Co-
adjutor hatte uͤberlaſſen muͤſſen.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/144>, abgerufen am 24.11.2024.
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