gegründet hat: an ihren hohen spitzen Thürmen kann sie der Reisende erkennen. Mit Erstaunen nahm man nach we- nigen Jahren die Verwandlung wahr. "Was eben erst," ruft ein Lobredner des Bischofs aus, "für abergläubisch, ja für schimpflich gegolten, das hält man nun für heilig: worin man noch eben ein Evangelium sah, das erklärt man nun für Betrug."
So große Erfolge hatte man selbst in Rom nicht er- wartet. Das Unternehmen des Bischofs Julius war schon eine Zeitlang im Gange, ehe Papst Sixtus etwas davon erfuhr. Nach den Herbstferien 1586 erschien der Jesuiten- general Aquaviva vor ihm, um ihm die Kunde von den neuen Eroberungen seines Ordens mitzutheilen. Sixtus war entzückt. Er eilte dem Bischof seine Anerkennung zu bezeugen. Er theilte ihm das Recht zu, auch die in den vorbehaltenen Monaten erledigten Pfründen zu besetzten: denn er selbst werde ja am besten wissen, wen er zu belohnen habe.
Um so größer war aber die Freude des Papstes, da die Meldung Aquavivas mit ähnlichen Nachrichten aus den östreichischen Provinzen besonders aus Steiermark zu- sammentraf.
In demselben Jahre noch, in welchem die evangeli- schen Stände in Steiermark durch die Bruckerischen Land- tagsbeschlüsse eine so große Unabhängigkeit erlangten, daß sie sich darin wohl mit den Ständen von Oestreich ver-
Fortgang derſelben in Deutſchland. Wuͤrzburg.
gegruͤndet hat: an ihren hohen ſpitzen Thuͤrmen kann ſie der Reiſende erkennen. Mit Erſtaunen nahm man nach we- nigen Jahren die Verwandlung wahr. „Was eben erſt,“ ruft ein Lobredner des Biſchofs aus, „fuͤr aberglaͤubiſch, ja fuͤr ſchimpflich gegolten, das haͤlt man nun fuͤr heilig: worin man noch eben ein Evangelium ſah, das erklaͤrt man nun fuͤr Betrug.“
So große Erfolge hatte man ſelbſt in Rom nicht er- wartet. Das Unternehmen des Biſchofs Julius war ſchon eine Zeitlang im Gange, ehe Papſt Sixtus etwas davon erfuhr. Nach den Herbſtferien 1586 erſchien der Jeſuiten- general Aquaviva vor ihm, um ihm die Kunde von den neuen Eroberungen ſeines Ordens mitzutheilen. Sixtus war entzuͤckt. Er eilte dem Biſchof ſeine Anerkennung zu bezeugen. Er theilte ihm das Recht zu, auch die in den vorbehaltenen Monaten erledigten Pfruͤnden zu beſetzten: denn er ſelbſt werde ja am beſten wiſſen, wen er zu belohnen habe.
Um ſo groͤßer war aber die Freude des Papſtes, da die Meldung Aquavivas mit aͤhnlichen Nachrichten aus den oͤſtreichiſchen Provinzen beſonders aus Steiermark zu- ſammentraf.
In demſelben Jahre noch, in welchem die evangeli- ſchen Staͤnde in Steiermark durch die Bruckeriſchen Land- tagsbeſchluͤſſe eine ſo große Unabhaͤngigkeit erlangten, daß ſie ſich darin wohl mit den Staͤnden von Oeſtreich ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0135"n="123"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fortgang derſelben in Deutſchland. Wuͤrzburg</hi>.</fw><lb/>
gegruͤndet hat: an ihren hohen ſpitzen Thuͤrmen kann ſie<lb/>
der Reiſende erkennen. Mit Erſtaunen nahm man nach we-<lb/>
nigen Jahren die Verwandlung wahr. „Was eben erſt,“<lb/>
ruft ein Lobredner des Biſchofs aus, „fuͤr aberglaͤubiſch, ja<lb/>
fuͤr ſchimpflich gegolten, das haͤlt man nun fuͤr heilig:<lb/>
worin man noch eben ein Evangelium ſah, das erklaͤrt man<lb/>
nun fuͤr Betrug.“</p><lb/><p>So große Erfolge hatte man ſelbſt in Rom nicht er-<lb/>
wartet. Das Unternehmen des Biſchofs Julius war ſchon<lb/>
eine Zeitlang im Gange, ehe Papſt Sixtus etwas davon<lb/>
erfuhr. Nach den Herbſtferien 1586 erſchien der Jeſuiten-<lb/>
general Aquaviva vor ihm, um ihm die Kunde von den<lb/>
neuen Eroberungen ſeines Ordens mitzutheilen. Sixtus<lb/>
war entzuͤckt. Er eilte dem Biſchof ſeine Anerkennung zu<lb/>
bezeugen. Er theilte ihm das Recht zu, auch die in den<lb/>
vorbehaltenen Monaten erledigten Pfruͤnden zu beſetzten: denn<lb/>
er ſelbſt werde ja am beſten wiſſen, wen er zu belohnen<lb/>
habe.</p><lb/><p>Um ſo groͤßer war aber die Freude des Papſtes, da<lb/>
die Meldung Aquavivas mit aͤhnlichen Nachrichten aus<lb/>
den oͤſtreichiſchen Provinzen beſonders aus Steiermark zu-<lb/>ſammentraf.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>In demſelben Jahre noch, in welchem die evangeli-<lb/>ſchen Staͤnde in Steiermark durch die Bruckeriſchen Land-<lb/>
tagsbeſchluͤſſe eine ſo große Unabhaͤngigkeit erlangten, daß<lb/>ſie ſich darin wohl mit den Staͤnden von Oeſtreich ver-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[123/0135]
Fortgang derſelben in Deutſchland. Wuͤrzburg.
gegruͤndet hat: an ihren hohen ſpitzen Thuͤrmen kann ſie
der Reiſende erkennen. Mit Erſtaunen nahm man nach we-
nigen Jahren die Verwandlung wahr. „Was eben erſt,“
ruft ein Lobredner des Biſchofs aus, „fuͤr aberglaͤubiſch, ja
fuͤr ſchimpflich gegolten, das haͤlt man nun fuͤr heilig:
worin man noch eben ein Evangelium ſah, das erklaͤrt man
nun fuͤr Betrug.“
So große Erfolge hatte man ſelbſt in Rom nicht er-
wartet. Das Unternehmen des Biſchofs Julius war ſchon
eine Zeitlang im Gange, ehe Papſt Sixtus etwas davon
erfuhr. Nach den Herbſtferien 1586 erſchien der Jeſuiten-
general Aquaviva vor ihm, um ihm die Kunde von den
neuen Eroberungen ſeines Ordens mitzutheilen. Sixtus
war entzuͤckt. Er eilte dem Biſchof ſeine Anerkennung zu
bezeugen. Er theilte ihm das Recht zu, auch die in den
vorbehaltenen Monaten erledigten Pfruͤnden zu beſetzten: denn
er ſelbſt werde ja am beſten wiſſen, wen er zu belohnen
habe.
Um ſo groͤßer war aber die Freude des Papſtes, da
die Meldung Aquavivas mit aͤhnlichen Nachrichten aus
den oͤſtreichiſchen Provinzen beſonders aus Steiermark zu-
ſammentraf.
In demſelben Jahre noch, in welchem die evangeli-
ſchen Staͤnde in Steiermark durch die Bruckeriſchen Land-
tagsbeſchluͤſſe eine ſo große Unabhaͤngigkeit erlangten, daß
ſie ſich darin wohl mit den Staͤnden von Oeſtreich ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/135>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.