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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Erweiterung des Kirchenstaates.
Dessen Mutter kam nach S. Celso in Banchi wo die Leiche
lag; bei den Haaren erhob sie den abgehauenen Kopf und
rief: "das ist das Haupt meines Sohnes; das ist die Treue
des Papstes. Er versprach, wenn wir ihm Marino über-
ließen, würde er meinen Sohn freigeben; nun hat er Ma-
rino: in unsern Händen ist auch mein Sohn, aber todt!
Siehe da, so hält der Papst sein Wort" 1).

So viel gehörte dazu, damit Sixtus IV. den Sieg
über seine Feinde innerhalb und außerhalb des Staates
davon trüge. In der That gelang es ihm, seinen Neffen
zum Herrn von Imola und Forli zu machen; doch ist wohl
keine Frage, daß wenn sein weltliches Ansehn hierbei gewann,
das geistliche unendlich viel mehr verlor. Es ward ein
Versuch gemacht, ein Concilium wider ihn zu versammeln.

Indessen sollte Sixtus gar bald bei weitem überbo-
ten werden. Bald nach ihm nahm Alexander VI. den päpst-
lichen Stuhl ein.

Alexander hatte all sein Lebtage nur die Welt zu ge-
nießen, vergnügt zu leben, seine Gelüste, seinen Ehrgeiz zu
erfüllen getrachtet. Es schien ihm der Gipfel der Glück-
seligkeit, daß er endlich die oberste geistliche Würde besaß.
In diesem Gefühl schien er täglich jünger zu werden, so
alt er auch war. Kein unbequemer Gedanke dauerte ihm
über Nacht. Nur darauf sann er, was ihm Nutzen ver-
schaffen, wie er seine Söhne zu Würden und Staaten brin-
gen könne: nie hat ihn etwas andres ernstlich beschäftigt 2).

Seinen politischen Verbindungen, die einen so großen

1) Alegretto Alegretti: diari Sanesi p. 817.
2) Relatione di Polo Capello 1500. Ms.

Erweiterung des Kirchenſtaates.
Deſſen Mutter kam nach S. Celſo in Banchi wo die Leiche
lag; bei den Haaren erhob ſie den abgehauenen Kopf und
rief: „das iſt das Haupt meines Sohnes; das iſt die Treue
des Papſtes. Er verſprach, wenn wir ihm Marino uͤber-
ließen, wuͤrde er meinen Sohn freigeben; nun hat er Ma-
rino: in unſern Haͤnden iſt auch mein Sohn, aber todt!
Siehe da, ſo haͤlt der Papſt ſein Wort“ 1).

So viel gehoͤrte dazu, damit Sixtus IV. den Sieg
uͤber ſeine Feinde innerhalb und außerhalb des Staates
davon truͤge. In der That gelang es ihm, ſeinen Neffen
zum Herrn von Imola und Forli zu machen; doch iſt wohl
keine Frage, daß wenn ſein weltliches Anſehn hierbei gewann,
das geiſtliche unendlich viel mehr verlor. Es ward ein
Verſuch gemacht, ein Concilium wider ihn zu verſammeln.

Indeſſen ſollte Sixtus gar bald bei weitem uͤberbo-
ten werden. Bald nach ihm nahm Alexander VI. den paͤpſt-
lichen Stuhl ein.

Alexander hatte all ſein Lebtage nur die Welt zu ge-
nießen, vergnuͤgt zu leben, ſeine Geluͤſte, ſeinen Ehrgeiz zu
erfuͤllen getrachtet. Es ſchien ihm der Gipfel der Gluͤck-
ſeligkeit, daß er endlich die oberſte geiſtliche Wuͤrde beſaß.
In dieſem Gefuͤhl ſchien er taͤglich juͤnger zu werden, ſo
alt er auch war. Kein unbequemer Gedanke dauerte ihm
uͤber Nacht. Nur darauf ſann er, was ihm Nutzen ver-
ſchaffen, wie er ſeine Soͤhne zu Wuͤrden und Staaten brin-
gen koͤnne: nie hat ihn etwas andres ernſtlich beſchaͤftigt 2).

Seinen politiſchen Verbindungen, die einen ſo großen

1) Alegretto Alegretti: diari Sanesi p. 817.
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[47/0073] Erweiterung des Kirchenſtaates. Deſſen Mutter kam nach S. Celſo in Banchi wo die Leiche lag; bei den Haaren erhob ſie den abgehauenen Kopf und rief: „das iſt das Haupt meines Sohnes; das iſt die Treue des Papſtes. Er verſprach, wenn wir ihm Marino uͤber- ließen, wuͤrde er meinen Sohn freigeben; nun hat er Ma- rino: in unſern Haͤnden iſt auch mein Sohn, aber todt! Siehe da, ſo haͤlt der Papſt ſein Wort“ 1). So viel gehoͤrte dazu, damit Sixtus IV. den Sieg uͤber ſeine Feinde innerhalb und außerhalb des Staates davon truͤge. In der That gelang es ihm, ſeinen Neffen zum Herrn von Imola und Forli zu machen; doch iſt wohl keine Frage, daß wenn ſein weltliches Anſehn hierbei gewann, das geiſtliche unendlich viel mehr verlor. Es ward ein Verſuch gemacht, ein Concilium wider ihn zu verſammeln. Indeſſen ſollte Sixtus gar bald bei weitem uͤberbo- ten werden. Bald nach ihm nahm Alexander VI. den paͤpſt- lichen Stuhl ein. Alexander hatte all ſein Lebtage nur die Welt zu ge- nießen, vergnuͤgt zu leben, ſeine Geluͤſte, ſeinen Ehrgeiz zu erfuͤllen getrachtet. Es ſchien ihm der Gipfel der Gluͤck- ſeligkeit, daß er endlich die oberſte geiſtliche Wuͤrde beſaß. In dieſem Gefuͤhl ſchien er taͤglich juͤnger zu werden, ſo alt er auch war. Kein unbequemer Gedanke dauerte ihm uͤber Nacht. Nur darauf ſann er, was ihm Nutzen ver- ſchaffen, wie er ſeine Soͤhne zu Wuͤrden und Staaten brin- gen koͤnne: nie hat ihn etwas andres ernſtlich beſchaͤftigt 2). Seinen politiſchen Verbindungen, die einen ſo großen 1) Alegretto Alegretti: diari Sanesi p. 817. 2) Relatione di Polo Capello 1500. Ms.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/73>, abgerufen am 24.11.2024.