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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Veränderung der geistigen Richtung.
nimmt. Er ward nach Rom berufen und behauptete sich
hier mehr durch die Eigenthümlichkeit und die Richtung
seiner Arbeiten, als durch den Erfolg und die Wirkung
derselben in großem Ansehen.

Mit den philosophischen Untersuchungen waren damals
physische und naturhistorische fast ununterscheidbar ver-
schmolzen. Das ganze System bisheriger Vorstellungen
war in Frage gestellt worden. In der That ist in den
Italienern dieser Epoche eine große Tendenz: Suchen, Vor-
dringen, erhabene Ahndung. Wer will sagen, wohin sie
gelangt seyn würden? Allein die Kirche zeichnete ihnen
eine Linie vor, die sie nicht mehr überschreiten durften.
Wehe dem, der sich über dieselbe hinauswagte.

Wirkte dergestalt, es kann daran kein Zweifel seyn,
die Restauration des Katholicismus auf die Wissenschaft
reprimirend, so fand in der Kunst und Poesie vielmehr
das Gegentheil hiervon Statt. Sie ermangelten eines In-
haltes, des lebendigen Gegenstandes, die Kirche gab ihnen
denselben wieder.

Wie sehr die Erneuerung der Religion sich der Ge-
müther bemächtigte, sieht man an dem Beispiele Torquato
Tasso's. Sein Vater hatte sich einen moralisch-tadellosen
Helden ausgesucht: er ging einen Schritt weiter als dieser.
Wie noch ein anderer Dichter dieses Zeitalters die Kreuz-
züge zu seinem Gegenstande gewählt, "darum, weil es bes-
ser sey, ein wahres Argument christlich zu behandeln, als in
einem erlogenen einen wenig christlichen Ruhm suchen:"
so that auch Torquato Tasso: er nahm sich einen Helden,
nicht der Fabel, sondern der Geschichte, einen christlichen

Veraͤnderung der geiſtigen Richtung.
nimmt. Er ward nach Rom berufen und behauptete ſich
hier mehr durch die Eigenthuͤmlichkeit und die Richtung
ſeiner Arbeiten, als durch den Erfolg und die Wirkung
derſelben in großem Anſehen.

Mit den philoſophiſchen Unterſuchungen waren damals
phyſiſche und naturhiſtoriſche faſt ununterſcheidbar ver-
ſchmolzen. Das ganze Syſtem bisheriger Vorſtellungen
war in Frage geſtellt worden. In der That iſt in den
Italienern dieſer Epoche eine große Tendenz: Suchen, Vor-
dringen, erhabene Ahndung. Wer will ſagen, wohin ſie
gelangt ſeyn wuͤrden? Allein die Kirche zeichnete ihnen
eine Linie vor, die ſie nicht mehr uͤberſchreiten durften.
Wehe dem, der ſich uͤber dieſelbe hinauswagte.

Wirkte dergeſtalt, es kann daran kein Zweifel ſeyn,
die Reſtauration des Katholicismus auf die Wiſſenſchaft
reprimirend, ſo fand in der Kunſt und Poeſie vielmehr
das Gegentheil hiervon Statt. Sie ermangelten eines In-
haltes, des lebendigen Gegenſtandes, die Kirche gab ihnen
denſelben wieder.

Wie ſehr die Erneuerung der Religion ſich der Ge-
muͤther bemaͤchtigte, ſieht man an dem Beiſpiele Torquato
Taſſo’s. Sein Vater hatte ſich einen moraliſch-tadelloſen
Helden ausgeſucht: er ging einen Schritt weiter als dieſer.
Wie noch ein anderer Dichter dieſes Zeitalters die Kreuz-
zuͤge zu ſeinem Gegenſtande gewaͤhlt, „darum, weil es beſ-
ſer ſey, ein wahres Argument chriſtlich zu behandeln, als in
einem erlogenen einen wenig chriſtlichen Ruhm ſuchen:“
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[491/0517] Veraͤnderung der geiſtigen Richtung. nimmt. Er ward nach Rom berufen und behauptete ſich hier mehr durch die Eigenthuͤmlichkeit und die Richtung ſeiner Arbeiten, als durch den Erfolg und die Wirkung derſelben in großem Anſehen. Mit den philoſophiſchen Unterſuchungen waren damals phyſiſche und naturhiſtoriſche faſt ununterſcheidbar ver- ſchmolzen. Das ganze Syſtem bisheriger Vorſtellungen war in Frage geſtellt worden. In der That iſt in den Italienern dieſer Epoche eine große Tendenz: Suchen, Vor- dringen, erhabene Ahndung. Wer will ſagen, wohin ſie gelangt ſeyn wuͤrden? Allein die Kirche zeichnete ihnen eine Linie vor, die ſie nicht mehr uͤberſchreiten durften. Wehe dem, der ſich uͤber dieſelbe hinauswagte. Wirkte dergeſtalt, es kann daran kein Zweifel ſeyn, die Reſtauration des Katholicismus auf die Wiſſenſchaft reprimirend, ſo fand in der Kunſt und Poeſie vielmehr das Gegentheil hiervon Statt. Sie ermangelten eines In- haltes, des lebendigen Gegenſtandes, die Kirche gab ihnen denſelben wieder. Wie ſehr die Erneuerung der Religion ſich der Ge- muͤther bemaͤchtigte, ſieht man an dem Beiſpiele Torquato Taſſo’s. Sein Vater hatte ſich einen moraliſch-tadelloſen Helden ausgeſucht: er ging einen Schritt weiter als dieſer. Wie noch ein anderer Dichter dieſes Zeitalters die Kreuz- zuͤge zu ſeinem Gegenſtande gewaͤhlt, „darum, weil es beſ- ſer ſey, ein wahres Argument chriſtlich zu behandeln, als in einem erlogenen einen wenig chriſtlichen Ruhm ſuchen:“ ſo that auch Torquato Taſſo: er nahm ſich einen Helden, nicht der Fabel, ſondern der Geſchichte, einen chriſtlichen

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/517>, abgerufen am 23.11.2024.