Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch IV. Staat und Hof. Einwohner unterschieden sich nicht von den Bauern undHirten der Landschaft. Man hatte längst die Hügel verlas- sen: in der Ebene an den Beugungen der Tiber wohnte man; auf den engen Straßen gab es kein Pflaster; durch Balkone und Bogen, welche Haus an Haus stützten, waren sie noch mehr verdunkelt; man sah das Vieh wie auf dem Dorfe herumlaufen. Von St. Sylvester bis an die Porta del Popolo war alles Garten und Sumpf: man jagte da wilde Enten. An das Alterthum war beinahe auch die Erinnerung verschwunden. Das Capitol war der Berg der Ziegen, das Forum Romanum das Feld der Kühe gewor- den; an einige Monumente, die noch übrig waren, knüpfte man die seltsamsten Sagen. Die Peterskirche war in Ge- fahr zusammenzustürzen. Als endlich Nicolaus die Obedienz der gesammten Chri- Es war dieß aber nicht das Werk eines einzigen Ich will ihre Bemühungen, die man in ihren Lebens- Unter Julius II. wurde die untere Stadt an den Buch IV. Staat und Hof. Einwohner unterſchieden ſich nicht von den Bauern undHirten der Landſchaft. Man hatte laͤngſt die Huͤgel verlaſ- ſen: in der Ebene an den Beugungen der Tiber wohnte man; auf den engen Straßen gab es kein Pflaſter; durch Balkone und Bogen, welche Haus an Haus ſtuͤtzten, waren ſie noch mehr verdunkelt; man ſah das Vieh wie auf dem Dorfe herumlaufen. Von St. Sylveſter bis an die Porta del Popolo war alles Garten und Sumpf: man jagte da wilde Enten. An das Alterthum war beinahe auch die Erinnerung verſchwunden. Das Capitol war der Berg der Ziegen, das Forum Romanum das Feld der Kuͤhe gewor- den; an einige Monumente, die noch uͤbrig waren, knuͤpfte man die ſeltſamſten Sagen. Die Peterskirche war in Ge- fahr zuſammenzuſtuͤrzen. Als endlich Nicolaus die Obedienz der geſammten Chri- Es war dieß aber nicht das Werk eines einzigen Ich will ihre Bemuͤhungen, die man in ihren Lebens- Unter Julius II. wurde die untere Stadt an den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0496" n="470"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/> Einwohner unterſchieden ſich nicht von den Bauern und<lb/> Hirten der Landſchaft. Man hatte laͤngſt die Huͤgel verlaſ-<lb/> ſen: in der Ebene an den Beugungen der Tiber wohnte man;<lb/> auf den engen Straßen gab es kein Pflaſter; durch Balkone<lb/> und Bogen, welche Haus an Haus ſtuͤtzten, waren ſie<lb/> noch mehr verdunkelt; man ſah das Vieh wie auf dem<lb/> Dorfe herumlaufen. Von St. Sylveſter bis an die Porta<lb/> del Popolo war alles Garten und Sumpf: man jagte da<lb/> wilde Enten. An das Alterthum war beinahe auch die<lb/> Erinnerung verſchwunden. Das Capitol war der Berg der<lb/> Ziegen, das Forum Romanum das Feld der Kuͤhe gewor-<lb/> den; an einige Monumente, die noch uͤbrig waren, knuͤpfte<lb/> man die ſeltſamſten Sagen. Die Peterskirche war in Ge-<lb/> fahr zuſammenzuſtuͤrzen.</p><lb/> <p>Als endlich Nicolaus die Obedienz der geſammten Chri-<lb/> ſtenheit wieder hatte, faßte er, reich geworden durch die<lb/> Beitraͤge der zum Jubilaͤum ſtroͤmenden Pilgrime, den Ge-<lb/> danken auf, Rom dergeſtalt mit Gebaͤuden zu ſchmuͤcken,<lb/> daß Jedermann mit der Anſchauung erfuͤllt werden ſollte,<lb/> dieß ſey die Hauptſtadt der Welt.</p><lb/> <p>Es war dieß aber nicht das Werk eines einzigen<lb/> Mannes. Alle Paͤpſte haben Jahrhunderte lang daran mit-<lb/> gearbeitet.</p><lb/> <p>Ich will ihre Bemuͤhungen, die man in ihren Lebens-<lb/> beſchreibungen aufgezeichnet findet, hier nicht im Einzelnen<lb/> wiederholen. Am bedeutendſten waren ſowohl durch ih-<lb/> ren Erfolg als ſelbſt durch ihren Gegenſatz die Epochen<lb/> Julius <hi rendition="#aq">II.</hi> und unſres Sixtus.</p><lb/> <p>Unter Julius <hi rendition="#aq">II.</hi> wurde die untere Stadt an den<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [470/0496]
Buch IV. Staat und Hof.
Einwohner unterſchieden ſich nicht von den Bauern und
Hirten der Landſchaft. Man hatte laͤngſt die Huͤgel verlaſ-
ſen: in der Ebene an den Beugungen der Tiber wohnte man;
auf den engen Straßen gab es kein Pflaſter; durch Balkone
und Bogen, welche Haus an Haus ſtuͤtzten, waren ſie
noch mehr verdunkelt; man ſah das Vieh wie auf dem
Dorfe herumlaufen. Von St. Sylveſter bis an die Porta
del Popolo war alles Garten und Sumpf: man jagte da
wilde Enten. An das Alterthum war beinahe auch die
Erinnerung verſchwunden. Das Capitol war der Berg der
Ziegen, das Forum Romanum das Feld der Kuͤhe gewor-
den; an einige Monumente, die noch uͤbrig waren, knuͤpfte
man die ſeltſamſten Sagen. Die Peterskirche war in Ge-
fahr zuſammenzuſtuͤrzen.
Als endlich Nicolaus die Obedienz der geſammten Chri-
ſtenheit wieder hatte, faßte er, reich geworden durch die
Beitraͤge der zum Jubilaͤum ſtroͤmenden Pilgrime, den Ge-
danken auf, Rom dergeſtalt mit Gebaͤuden zu ſchmuͤcken,
daß Jedermann mit der Anſchauung erfuͤllt werden ſollte,
dieß ſey die Hauptſtadt der Welt.
Es war dieß aber nicht das Werk eines einzigen
Mannes. Alle Paͤpſte haben Jahrhunderte lang daran mit-
gearbeitet.
Ich will ihre Bemuͤhungen, die man in ihren Lebens-
beſchreibungen aufgezeichnet findet, hier nicht im Einzelnen
wiederholen. Am bedeutendſten waren ſowohl durch ih-
ren Erfolg als ſelbſt durch ihren Gegenſatz die Epochen
Julius II. und unſres Sixtus.
Unter Julius II. wurde die untere Stadt an den
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