Rückwirkung. Dessenungeachtet sollte ich glauben, wenn er es dahin gebracht hätte, daß die päpstliche Casse so- wohl neuer Auflagen als der Anleihe in Zukunft hätte ent- behren können, so würde dieß eine sehr wohlthätige Wir- kung hervorgerufen, der Kirchenstaat vielleicht eine glückli- chere Entwickelung genommen haben.
Allein es fehlte Gregorn zumal in den spätern Jah- ren an der Kraft, seine Gedanken durchzusetzen.
Grade durch diese vollführende Kraft zeichnete sich Six- tus aus. Sein Thesauriren durch Anleihen, Aemterverkauf und neue Auflagen häufte Last auf Last; wir werden die Folgen davon beobachten: aber daß es gelang, blendete die Welt, und für den Augenblick gab es wirklich dem Papst- thum eine neue Bedeutung.
In der Mitte von Staaten, denen es meistentheils an Geld fehlte, bekamen die Päpste durch den Besitz eines Schatzes eine größere Zuversicht auf sich selbst, ein unge- wohntes Ansehn bei den Uebrigen.
In der That gehörte diese Staatsverwaltung recht ei- gentlich mit zu dem katholischen Systeme jener Zeit.
Indem sie alle finanziellen Kräfte des Staates in die Hände des kirchlichen Oberhauptes legte, machte sie den- selben erst vollkommen zu einem Organe geistlicher Gewalt.
Denn wozu anders konnte dieß Geld angewendet wer- den, als zur Vertheidigung und Ausbreitung des katholi- schen Glaubens?
Sixtus V. lebte und webte in Entwürfen, die dahin zielten. Zuweilen betrafen sie den Orient und die Türken, öfter den Occident und die Protestanten. Zwischen den
BuchIV.Staat und Hof.
Ruͤckwirkung. Deſſenungeachtet ſollte ich glauben, wenn er es dahin gebracht haͤtte, daß die paͤpſtliche Caſſe ſo- wohl neuer Auflagen als der Anleihe in Zukunft haͤtte ent- behren koͤnnen, ſo wuͤrde dieß eine ſehr wohlthaͤtige Wir- kung hervorgerufen, der Kirchenſtaat vielleicht eine gluͤckli- chere Entwickelung genommen haben.
Allein es fehlte Gregorn zumal in den ſpaͤtern Jah- ren an der Kraft, ſeine Gedanken durchzuſetzen.
Grade durch dieſe vollfuͤhrende Kraft zeichnete ſich Six- tus aus. Sein Theſauriren durch Anleihen, Aemterverkauf und neue Auflagen haͤufte Laſt auf Laſt; wir werden die Folgen davon beobachten: aber daß es gelang, blendete die Welt, und fuͤr den Augenblick gab es wirklich dem Papſt- thum eine neue Bedeutung.
In der Mitte von Staaten, denen es meiſtentheils an Geld fehlte, bekamen die Paͤpſte durch den Beſitz eines Schatzes eine groͤßere Zuverſicht auf ſich ſelbſt, ein unge- wohntes Anſehn bei den Uebrigen.
In der That gehoͤrte dieſe Staatsverwaltung recht ei- gentlich mit zu dem katholiſchen Syſteme jener Zeit.
Indem ſie alle finanziellen Kraͤfte des Staates in die Haͤnde des kirchlichen Oberhauptes legte, machte ſie den- ſelben erſt vollkommen zu einem Organe geiſtlicher Gewalt.
Denn wozu anders konnte dieß Geld angewendet wer- den, als zur Vertheidigung und Ausbreitung des katholi- ſchen Glaubens?
Sixtus V. lebte und webte in Entwuͤrfen, die dahin zielten. Zuweilen betrafen ſie den Orient und die Tuͤrken, oͤfter den Occident und die Proteſtanten. Zwiſchen den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0494"n="468"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">IV.</hi><hirendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/>
Ruͤckwirkung. Deſſenungeachtet ſollte ich glauben, wenn<lb/>
er es dahin gebracht haͤtte, daß die paͤpſtliche Caſſe ſo-<lb/>
wohl neuer Auflagen als der Anleihe in Zukunft haͤtte ent-<lb/>
behren koͤnnen, ſo wuͤrde dieß eine ſehr wohlthaͤtige Wir-<lb/>
kung hervorgerufen, der Kirchenſtaat vielleicht eine gluͤckli-<lb/>
chere Entwickelung genommen haben.</p><lb/><p>Allein es fehlte Gregorn zumal in den ſpaͤtern Jah-<lb/>
ren an der Kraft, ſeine Gedanken durchzuſetzen.</p><lb/><p>Grade durch dieſe vollfuͤhrende Kraft zeichnete ſich Six-<lb/>
tus aus. Sein Theſauriren durch Anleihen, Aemterverkauf<lb/>
und neue Auflagen haͤufte Laſt auf Laſt; wir werden die<lb/>
Folgen davon beobachten: aber daß es gelang, blendete die<lb/>
Welt, und fuͤr den Augenblick gab es wirklich dem Papſt-<lb/>
thum eine neue Bedeutung.</p><lb/><p>In der Mitte von Staaten, denen es meiſtentheils an<lb/>
Geld fehlte, bekamen die Paͤpſte durch den Beſitz eines<lb/>
Schatzes eine groͤßere Zuverſicht auf ſich ſelbſt, ein unge-<lb/>
wohntes Anſehn bei den Uebrigen.</p><lb/><p>In der That gehoͤrte dieſe Staatsverwaltung recht ei-<lb/>
gentlich mit zu dem katholiſchen Syſteme jener Zeit.</p><lb/><p>Indem ſie alle finanziellen Kraͤfte des Staates in die<lb/>
Haͤnde des kirchlichen Oberhauptes legte, machte ſie den-<lb/>ſelben erſt vollkommen zu einem Organe geiſtlicher Gewalt.</p><lb/><p>Denn wozu anders konnte dieß Geld angewendet wer-<lb/>
den, als zur Vertheidigung und Ausbreitung des katholi-<lb/>ſchen Glaubens?</p><lb/><p>Sixtus <hirendition="#aq">V.</hi> lebte und webte in Entwuͤrfen, die dahin<lb/>
zielten. Zuweilen betrafen ſie den Orient und die Tuͤrken,<lb/>
oͤfter den Occident und die Proteſtanten. Zwiſchen den<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[468/0494]
Buch IV. Staat und Hof.
Ruͤckwirkung. Deſſenungeachtet ſollte ich glauben, wenn
er es dahin gebracht haͤtte, daß die paͤpſtliche Caſſe ſo-
wohl neuer Auflagen als der Anleihe in Zukunft haͤtte ent-
behren koͤnnen, ſo wuͤrde dieß eine ſehr wohlthaͤtige Wir-
kung hervorgerufen, der Kirchenſtaat vielleicht eine gluͤckli-
chere Entwickelung genommen haben.
Allein es fehlte Gregorn zumal in den ſpaͤtern Jah-
ren an der Kraft, ſeine Gedanken durchzuſetzen.
Grade durch dieſe vollfuͤhrende Kraft zeichnete ſich Six-
tus aus. Sein Theſauriren durch Anleihen, Aemterverkauf
und neue Auflagen haͤufte Laſt auf Laſt; wir werden die
Folgen davon beobachten: aber daß es gelang, blendete die
Welt, und fuͤr den Augenblick gab es wirklich dem Papſt-
thum eine neue Bedeutung.
In der Mitte von Staaten, denen es meiſtentheils an
Geld fehlte, bekamen die Paͤpſte durch den Beſitz eines
Schatzes eine groͤßere Zuverſicht auf ſich ſelbſt, ein unge-
wohntes Anſehn bei den Uebrigen.
In der That gehoͤrte dieſe Staatsverwaltung recht ei-
gentlich mit zu dem katholiſchen Syſteme jener Zeit.
Indem ſie alle finanziellen Kraͤfte des Staates in die
Haͤnde des kirchlichen Oberhauptes legte, machte ſie den-
ſelben erſt vollkommen zu einem Organe geiſtlicher Gewalt.
Denn wozu anders konnte dieß Geld angewendet wer-
den, als zur Vertheidigung und Ausbreitung des katholi-
ſchen Glaubens?
Sixtus V. lebte und webte in Entwuͤrfen, die dahin
zielten. Zuweilen betrafen ſie den Orient und die Tuͤrken,
oͤfter den Occident und die Proteſtanten. Zwiſchen den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/494>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.