Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Kap. I. Epochen des Papstthums.
er zu Rom die Schulen der Friesen, Sachsen, Franken
aufgenommen, durch welche diese Stadt selbst germanisirt
wurde, so ist er in die Verbindung germanischer und ro-
manischer Elemente eingetreten, welche seitdem den Charak-
ter des Abendlandes ausgemacht hat. In dem bedrängtesten
Moment hat seine Gewalt in einem frischen Boden Wur-
zel geschlagen: als sie zu dem Untergange bestimmt schien,
hat sie sich auf lange Zeiträume festgestellt. Die Hierar-
chie, in dem römischen Reich geschaffen, hat sich in die
germanischen Nationen ergossen; hier findet sie ein unend-
liches Feld für eine immer fortschreitende Thätigkeit.



Verhältniß zu den deutschen Kaisern. Selbststän-
dige Ausbildung der Hierarchie.

Wir lassen neue Jahrhunderte vorübergegangen seyn,
um uns den Punkt der Entwickelung, auf den sie geführt
haben, desto deutlicher zu vergegenwärtigen.

Das fränkische Reich ist zerfallen: auf das gewaltigste
hat sich das deutsche erhoben.

Niemals hat der deutsche Name in Europa mehr ge-
golten, als im 10ten und 11ten Jahrhundert, unter den
sächsischen und den ersten salischen Kaisern. Von den öst-
lichen Grenzen, wo der König von Polen sich persönliche
Unterwerfung und eine Theilung seines Landes hat gefallen
lassen, wo der Herzog von Böhmen zur Haft verurtheilt
worden, sehen wir Conrad II. nach dem Westen aufbre-
chen, um Burgund, den Ansprüchen französischer Magnaten

Kap. I. Epochen des Papſtthums.
er zu Rom die Schulen der Frieſen, Sachſen, Franken
aufgenommen, durch welche dieſe Stadt ſelbſt germaniſirt
wurde, ſo iſt er in die Verbindung germaniſcher und ro-
maniſcher Elemente eingetreten, welche ſeitdem den Charak-
ter des Abendlandes ausgemacht hat. In dem bedraͤngteſten
Moment hat ſeine Gewalt in einem friſchen Boden Wur-
zel geſchlagen: als ſie zu dem Untergange beſtimmt ſchien,
hat ſie ſich auf lange Zeitraͤume feſtgeſtellt. Die Hierar-
chie, in dem roͤmiſchen Reich geſchaffen, hat ſich in die
germaniſchen Nationen ergoſſen; hier findet ſie ein unend-
liches Feld fuͤr eine immer fortſchreitende Thaͤtigkeit.



Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern. Selbſtſtaͤn-
dige Ausbildung der Hierarchie.

Wir laſſen neue Jahrhunderte voruͤbergegangen ſeyn,
um uns den Punkt der Entwickelung, auf den ſie gefuͤhrt
haben, deſto deutlicher zu vergegenwaͤrtigen.

Das fraͤnkiſche Reich iſt zerfallen: auf das gewaltigſte
hat ſich das deutſche erhoben.

Niemals hat der deutſche Name in Europa mehr ge-
golten, als im 10ten und 11ten Jahrhundert, unter den
ſaͤchſiſchen und den erſten ſaliſchen Kaiſern. Von den oͤſt-
lichen Grenzen, wo der Koͤnig von Polen ſich perſoͤnliche
Unterwerfung und eine Theilung ſeines Landes hat gefallen
laſſen, wo der Herzog von Boͤhmen zur Haft verurtheilt
worden, ſehen wir Conrad II. nach dem Weſten aufbre-
chen, um Burgund, den Anſpruͤchen franzoͤſiſcher Magnaten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0048" n="22"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Epochen des Pap&#x017F;tthums</hi>.</fw><lb/>
er zu Rom die Schulen der Frie&#x017F;en, Sach&#x017F;en, Franken<lb/>
aufgenommen, durch welche die&#x017F;e Stadt &#x017F;elb&#x017F;t germani&#x017F;irt<lb/>
wurde, &#x017F;o i&#x017F;t er in die Verbindung germani&#x017F;cher und ro-<lb/>
mani&#x017F;cher Elemente eingetreten, welche &#x017F;eitdem den Charak-<lb/>
ter des Abendlandes ausgemacht hat. In dem bedra&#x0364;ngte&#x017F;ten<lb/>
Moment hat &#x017F;eine Gewalt in einem fri&#x017F;chen Boden Wur-<lb/>
zel ge&#x017F;chlagen: als &#x017F;ie zu dem Untergange be&#x017F;timmt &#x017F;chien,<lb/>
hat &#x017F;ie &#x017F;ich auf lange Zeitra&#x0364;ume fe&#x017F;tge&#x017F;tellt. Die Hierar-<lb/>
chie, in dem ro&#x0364;mi&#x017F;chen Reich ge&#x017F;chaffen, hat &#x017F;ich in die<lb/>
germani&#x017F;chen Nationen ergo&#x017F;&#x017F;en; hier findet &#x017F;ie ein unend-<lb/>
liches Feld fu&#x0364;r eine immer fort&#x017F;chreitende Tha&#x0364;tigkeit.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>Verha&#x0364;ltniß zu den deut&#x017F;chen Kai&#x017F;ern. Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dige Ausbildung der Hierarchie.</head><lb/>
            <p>Wir la&#x017F;&#x017F;en neue Jahrhunderte voru&#x0364;bergegangen &#x017F;eyn,<lb/>
um uns den Punkt der Entwickelung, auf den &#x017F;ie gefu&#x0364;hrt<lb/>
haben, de&#x017F;to deutlicher zu vergegenwa&#x0364;rtigen.</p><lb/>
            <p>Das fra&#x0364;nki&#x017F;che Reich i&#x017F;t zerfallen: auf das gewaltig&#x017F;te<lb/>
hat &#x017F;ich das deut&#x017F;che erhoben.</p><lb/>
            <p>Niemals hat der deut&#x017F;che Name in Europa mehr ge-<lb/>
golten, als im 10ten und 11ten Jahrhundert, unter den<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen und den er&#x017F;ten &#x017F;ali&#x017F;chen Kai&#x017F;ern. Von den o&#x0364;&#x017F;t-<lb/>
lichen Grenzen, wo der Ko&#x0364;nig von Polen &#x017F;ich per&#x017F;o&#x0364;nliche<lb/>
Unterwerfung und eine Theilung &#x017F;eines Landes hat gefallen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, wo der Herzog von Bo&#x0364;hmen zur Haft verurtheilt<lb/>
worden, &#x017F;ehen wir Conrad <hi rendition="#aq">II.</hi> nach dem We&#x017F;ten aufbre-<lb/>
chen, um Burgund, den An&#x017F;pru&#x0364;chen franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Magnaten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0048] Kap. I. Epochen des Papſtthums. er zu Rom die Schulen der Frieſen, Sachſen, Franken aufgenommen, durch welche dieſe Stadt ſelbſt germaniſirt wurde, ſo iſt er in die Verbindung germaniſcher und ro- maniſcher Elemente eingetreten, welche ſeitdem den Charak- ter des Abendlandes ausgemacht hat. In dem bedraͤngteſten Moment hat ſeine Gewalt in einem friſchen Boden Wur- zel geſchlagen: als ſie zu dem Untergange beſtimmt ſchien, hat ſie ſich auf lange Zeitraͤume feſtgeſtellt. Die Hierar- chie, in dem roͤmiſchen Reich geſchaffen, hat ſich in die germaniſchen Nationen ergoſſen; hier findet ſie ein unend- liches Feld fuͤr eine immer fortſchreitende Thaͤtigkeit. Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern. Selbſtſtaͤn- dige Ausbildung der Hierarchie. Wir laſſen neue Jahrhunderte voruͤbergegangen ſeyn, um uns den Punkt der Entwickelung, auf den ſie gefuͤhrt haben, deſto deutlicher zu vergegenwaͤrtigen. Das fraͤnkiſche Reich iſt zerfallen: auf das gewaltigſte hat ſich das deutſche erhoben. Niemals hat der deutſche Name in Europa mehr ge- golten, als im 10ten und 11ten Jahrhundert, unter den ſaͤchſiſchen und den erſten ſaliſchen Kaiſern. Von den oͤſt- lichen Grenzen, wo der Koͤnig von Polen ſich perſoͤnliche Unterwerfung und eine Theilung ſeines Landes hat gefallen laſſen, wo der Herzog von Boͤhmen zur Haft verurtheilt worden, ſehen wir Conrad II. nach dem Weſten aufbre- chen, um Burgund, den Anſpruͤchen franzoͤſiſcher Magnaten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/48
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/48>, abgerufen am 13.11.2024.