Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch IV. Staat und Hof.
führte, berührte er nicht. Desto gieriger, räuberischer
bewiesen sich seine Gefährten. Von allen Seiten kamen
die Abgeordneten der Städte nach Rom, und baten um
Hülfe 1). Der Papst vermehrte seine Streitkräfte. Er
gab dem Cardinal Sforza eine umfassendere Vollmacht, als
Jemand seit dem Cardinal Albornoz besessen, -- nicht allein
ohne Rücksicht auf ein Privilegium, sondern selbst ohne an
Rechtsordnungen gebunden zu seyn, ja ohne allen Proceß,
manu regia solle er verfahren dürfen 2): -- Giacomo Bon-
compagno ging ins Feld; auch gelang es ihnen wohl, die
Haufen zu zerstreuen, das Land von ihnen zu reinigen: so
wie sie sich entfernt hatten, erhob sich das alte Unwesen
hinter ihnen wie zuvor.

Zu der Unheilbarkeit desselben trug noch ein besonde-
rer Umstand vieles bei.

Dieser Papst, der oft für allzugutmüthig gilt, hatte
doch wie seine fürstlichen, so auch seine kirchlichen Gerecht-
same mit großer Strenge behauptet 3). Weder den Kaiser

1) Dispacci Donato del 1582 durchaus.
2) Breve für Sforza: in den Dispacci mitgetheilt. Omnimo-
dam facultatem, potestatem auctoritatem et arbitrium, contra quos-
cunque bannitos facinorosos receptatores fautores complices et
seguaces etc. nec non contra communitates universitates et ci-
vitates, terras et castra, et alios cujuscunque dignitatis vel
praeeminentiae, Barones, Duces et quovis autoritate fungen-
tes et extrajudicialiter et juris ordine non servato etiam sine
processu et scripturis et manu regia illosque omnes et singulos
puniendi tam in rebus in bonis quam in personis.
3) Schon 1576 bemerkt dieß P. Tiepolo. Quanto piu cerca
d'acquistarsi nome di giusto tanto piu lo perde di gratioso, per-
che concede molto meno gratie estraordinarie di quel che ha
fatto altro pontefice di molti anni in qua: -- la qual cosa ag-

Buch IV. Staat und Hof.
fuͤhrte, beruͤhrte er nicht. Deſto gieriger, raͤuberiſcher
bewieſen ſich ſeine Gefaͤhrten. Von allen Seiten kamen
die Abgeordneten der Staͤdte nach Rom, und baten um
Huͤlfe 1). Der Papſt vermehrte ſeine Streitkraͤfte. Er
gab dem Cardinal Sforza eine umfaſſendere Vollmacht, als
Jemand ſeit dem Cardinal Albornoz beſeſſen, — nicht allein
ohne Ruͤckſicht auf ein Privilegium, ſondern ſelbſt ohne an
Rechtsordnungen gebunden zu ſeyn, ja ohne allen Proceß,
manu regia ſolle er verfahren duͤrfen 2): — Giacomo Bon-
compagno ging ins Feld; auch gelang es ihnen wohl, die
Haufen zu zerſtreuen, das Land von ihnen zu reinigen: ſo
wie ſie ſich entfernt hatten, erhob ſich das alte Unweſen
hinter ihnen wie zuvor.

Zu der Unheilbarkeit deſſelben trug noch ein beſonde-
rer Umſtand vieles bei.

Dieſer Papſt, der oft fuͤr allzugutmuͤthig gilt, hatte
doch wie ſeine fuͤrſtlichen, ſo auch ſeine kirchlichen Gerecht-
ſame mit großer Strenge behauptet 3). Weder den Kaiſer

1) Dispacci Donato del 1582 durchaus.
2) Breve fuͤr Sforza: in den Dispacci mitgetheilt. Omnimo-
dam facultatem, potestatem auctoritatem et arbitrium, contra quos-
cunque bannitos facinorosos receptatores fautores complices et
seguaces etc. nec non contra communitates universitates et ci-
vitates, terras et castra, et alios cujuscunque dignitatis vel
praeeminentiae, Barones, Duces et quovis autoritate fungen-
tes et extrajudicialiter et juris ordine non servato etiam sine
processu et scripturis et manu regia illosque omnes et singulos
puniendi tam in rebus in bonis quam in personis.
3) Schon 1576 bemerkt dieß P. Tiepolo. Quanto più cerca
d’acquistarsi nome di giusto tanto più lo perde di gratioso, per-
che concede molto meno gratie estraordinarie di quel che ha
fatto altro pontefice di molti anni in quà: — la qual cosa ag-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0460" n="434"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/>
fu&#x0364;hrte, beru&#x0364;hrte er nicht. De&#x017F;to gieriger, ra&#x0364;uberi&#x017F;cher<lb/>
bewie&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;eine Gefa&#x0364;hrten. Von allen Seiten kamen<lb/>
die Abgeordneten der Sta&#x0364;dte nach Rom, und baten um<lb/>
Hu&#x0364;lfe <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Dispacci Donato del</hi> 1582 durchaus.</note>. Der Pap&#x017F;t vermehrte &#x017F;eine Streitkra&#x0364;fte. Er<lb/>
gab dem Cardinal Sforza eine umfa&#x017F;&#x017F;endere Vollmacht, als<lb/>
Jemand &#x017F;eit dem Cardinal Albornoz be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, &#x2014; nicht allein<lb/>
ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf ein Privilegium, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t ohne an<lb/>
Rechtsordnungen gebunden zu &#x017F;eyn, ja ohne allen Proceß,<lb/><hi rendition="#aq">manu regia</hi> &#x017F;olle er verfahren du&#x0364;rfen <note place="foot" n="2)">Breve fu&#x0364;r Sforza: in den Dispacci mitgetheilt. <hi rendition="#aq">Omnimo-<lb/>
dam facultatem, potestatem auctoritatem et arbitrium, contra quos-<lb/>
cunque bannitos facinorosos receptatores fautores complices et<lb/>
seguaces etc. nec non contra communitates universitates et ci-<lb/>
vitates, terras et castra, et alios cujuscunque dignitatis vel<lb/>
praeeminentiae, Barones, Duces et quovis autoritate fungen-<lb/>
tes et extrajudicialiter et juris ordine non servato etiam sine<lb/>
processu et scripturis et manu regia illosque omnes et singulos<lb/>
puniendi tam in rebus in bonis quam in personis.</hi></note>: &#x2014; Giacomo Bon-<lb/>
compagno ging ins Feld; auch gelang es ihnen wohl, die<lb/>
Haufen zu zer&#x017F;treuen, das Land von ihnen zu reinigen: &#x017F;o<lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;ich entfernt hatten, erhob &#x017F;ich das alte Unwe&#x017F;en<lb/>
hinter ihnen wie zuvor.</p><lb/>
            <p>Zu der Unheilbarkeit de&#x017F;&#x017F;elben trug noch ein be&#x017F;onde-<lb/>
rer Um&#x017F;tand vieles bei.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Pap&#x017F;t, der oft fu&#x0364;r allzugutmu&#x0364;thig gilt, hatte<lb/>
doch wie &#x017F;eine fu&#x0364;r&#x017F;tlichen, &#x017F;o auch &#x017F;eine kirchlichen Gerecht-<lb/>
&#x017F;ame mit großer Strenge behauptet <note xml:id="note-0460" next="#note-0461" place="foot" n="3)">Schon 1576 bemerkt dieß P. Tiepolo. <hi rendition="#aq">Quanto più cerca<lb/>
d&#x2019;acquistarsi nome di giusto tanto più lo perde di gratioso, per-<lb/>
che concede molto meno gratie estraordinarie di quel che ha<lb/>
fatto altro pontefice di molti anni in quà: &#x2014; la qual cosa ag-</hi></note>. Weder den Kai&#x017F;er<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0460] Buch IV. Staat und Hof. fuͤhrte, beruͤhrte er nicht. Deſto gieriger, raͤuberiſcher bewieſen ſich ſeine Gefaͤhrten. Von allen Seiten kamen die Abgeordneten der Staͤdte nach Rom, und baten um Huͤlfe 1). Der Papſt vermehrte ſeine Streitkraͤfte. Er gab dem Cardinal Sforza eine umfaſſendere Vollmacht, als Jemand ſeit dem Cardinal Albornoz beſeſſen, — nicht allein ohne Ruͤckſicht auf ein Privilegium, ſondern ſelbſt ohne an Rechtsordnungen gebunden zu ſeyn, ja ohne allen Proceß, manu regia ſolle er verfahren duͤrfen 2): — Giacomo Bon- compagno ging ins Feld; auch gelang es ihnen wohl, die Haufen zu zerſtreuen, das Land von ihnen zu reinigen: ſo wie ſie ſich entfernt hatten, erhob ſich das alte Unweſen hinter ihnen wie zuvor. Zu der Unheilbarkeit deſſelben trug noch ein beſonde- rer Umſtand vieles bei. Dieſer Papſt, der oft fuͤr allzugutmuͤthig gilt, hatte doch wie ſeine fuͤrſtlichen, ſo auch ſeine kirchlichen Gerecht- ſame mit großer Strenge behauptet 3). Weder den Kaiſer 1) Dispacci Donato del 1582 durchaus. 2) Breve fuͤr Sforza: in den Dispacci mitgetheilt. Omnimo- dam facultatem, potestatem auctoritatem et arbitrium, contra quos- cunque bannitos facinorosos receptatores fautores complices et seguaces etc. nec non contra communitates universitates et ci- vitates, terras et castra, et alios cujuscunque dignitatis vel praeeminentiae, Barones, Duces et quovis autoritate fungen- tes et extrajudicialiter et juris ordine non servato etiam sine processu et scripturis et manu regia illosque omnes et singulos puniendi tam in rebus in bonis quam in personis. 3) Schon 1576 bemerkt dieß P. Tiepolo. Quanto più cerca d’acquistarsi nome di giusto tanto più lo perde di gratioso, per- che concede molto meno gratie estraordinarie di quel che ha fatto altro pontefice di molti anni in quà: — la qual cosa ag-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/460
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/460>, abgerufen am 22.11.2024.