liche Concessionen, noch durch neue Auflagen, noch durch den Verkauf kirchlicher Einkünfte.
Welches Mittel aber war außerdem noch zu erden- ken? Es ist sehr merkwürdig, welche Maaßregeln man er- griff, und welche Wirkungen diese hernach hervorbrachten.
Gregor, der immer einem unbedingten Rechtsbegriff folgte, meinte zu finden, daß das kirchliche Fürstenthum noch viele Gerechtsame besitze, die es nur geltend zu ma- chen brauche, um neue Hülfsquellen zu gewinnen 1). Er war nicht gemeint Privilegien zu schonen, die ihm im Wege standen. Ohne alle Rücksicht hob er unter andern das Recht auf, das die Venezianer besaßen, aus der Mark und Ravenna Getreide mit gewissen Begünstigungen aus- zuführen. Er sagte, es sey billig, daß der Ausländer so viel Auflagen zahle, wie der Eingeborne 2). Da sie sich nicht sogleich fügten, so ließ er ihre Magazine zu Ravenna mit Gewalt eröffnen, deren Inhalt versteigern, die Eigen- thümer verhaften. Jedoch dieß wollte noch wenig sagen, es bezeichnet nur den Weg, auf dem er zu gehen gedachte. Bei weitem wichtiger war, daß er in dem Adel seines Landes eine Menge Mißbräuche wahrzunehmen glaubte, die man zum Vortheil der Staatscasse abstellen könne. Sein Kammersecretär, Rudolf Bonfiglivolo, brachte eine weitgreifende Ausdehnung und Erneuerung von lehnsherr- lichen Rechten, an die man kaum noch gedacht hatte, in
1)Maffei Annali di Gregorio XIII. I, p. 104. Er rech- net, daß der Kirchenstaat nur 160000 Sc. reine Einnahme gewährt habe.
2)Disp. Antonio Tiepolo 12 Ap. 1577.
BuchIV.Staat und Hof.
liche Conceſſionen, noch durch neue Auflagen, noch durch den Verkauf kirchlicher Einkuͤnfte.
Welches Mittel aber war außerdem noch zu erden- ken? Es iſt ſehr merkwuͤrdig, welche Maaßregeln man er- griff, und welche Wirkungen dieſe hernach hervorbrachten.
Gregor, der immer einem unbedingten Rechtsbegriff folgte, meinte zu finden, daß das kirchliche Fuͤrſtenthum noch viele Gerechtſame beſitze, die es nur geltend zu ma- chen brauche, um neue Huͤlfsquellen zu gewinnen 1). Er war nicht gemeint Privilegien zu ſchonen, die ihm im Wege ſtanden. Ohne alle Ruͤckſicht hob er unter andern das Recht auf, das die Venezianer beſaßen, aus der Mark und Ravenna Getreide mit gewiſſen Beguͤnſtigungen aus- zufuͤhren. Er ſagte, es ſey billig, daß der Auslaͤnder ſo viel Auflagen zahle, wie der Eingeborne 2). Da ſie ſich nicht ſogleich fuͤgten, ſo ließ er ihre Magazine zu Ravenna mit Gewalt eroͤffnen, deren Inhalt verſteigern, die Eigen- thuͤmer verhaften. Jedoch dieß wollte noch wenig ſagen, es bezeichnet nur den Weg, auf dem er zu gehen gedachte. Bei weitem wichtiger war, daß er in dem Adel ſeines Landes eine Menge Mißbraͤuche wahrzunehmen glaubte, die man zum Vortheil der Staatscaſſe abſtellen koͤnne. Sein Kammerſecretaͤr, Rudolf Bonfiglivolo, brachte eine weitgreifende Ausdehnung und Erneuerung von lehnsherr- lichen Rechten, an die man kaum noch gedacht hatte, in
1)Maffei Annali di Gregorio XIII. I, p. 104. Er rech- net, daß der Kirchenſtaat nur 160000 Sc. reine Einnahme gewaͤhrt habe.
2)Disp. Antonio Tiepolo 12 Ap. 1577.
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Buch IV. Staat und Hof.
liche Conceſſionen, noch durch neue Auflagen, noch durch
den Verkauf kirchlicher Einkuͤnfte.
Welches Mittel aber war außerdem noch zu erden-
ken? Es iſt ſehr merkwuͤrdig, welche Maaßregeln man er-
griff, und welche Wirkungen dieſe hernach hervorbrachten.
Gregor, der immer einem unbedingten Rechtsbegriff
folgte, meinte zu finden, daß das kirchliche Fuͤrſtenthum
noch viele Gerechtſame beſitze, die es nur geltend zu ma-
chen brauche, um neue Huͤlfsquellen zu gewinnen 1). Er
war nicht gemeint Privilegien zu ſchonen, die ihm im Wege
ſtanden. Ohne alle Ruͤckſicht hob er unter andern das
Recht auf, das die Venezianer beſaßen, aus der Mark
und Ravenna Getreide mit gewiſſen Beguͤnſtigungen aus-
zufuͤhren. Er ſagte, es ſey billig, daß der Auslaͤnder ſo
viel Auflagen zahle, wie der Eingeborne 2). Da ſie ſich
nicht ſogleich fuͤgten, ſo ließ er ihre Magazine zu Ravenna
mit Gewalt eroͤffnen, deren Inhalt verſteigern, die Eigen-
thuͤmer verhaften. Jedoch dieß wollte noch wenig ſagen,
es bezeichnet nur den Weg, auf dem er zu gehen gedachte.
Bei weitem wichtiger war, daß er in dem Adel ſeines
Landes eine Menge Mißbraͤuche wahrzunehmen glaubte,
die man zum Vortheil der Staatscaſſe abſtellen koͤnne.
Sein Kammerſecretaͤr, Rudolf Bonfiglivolo, brachte eine
weitgreifende Ausdehnung und Erneuerung von lehnsherr-
lichen Rechten, an die man kaum noch gedacht hatte, in
1) Maffei Annali di Gregorio XIII. I, p. 104. Er rech-
net, daß der Kirchenſtaat nur 160000 Sc. reine Einnahme gewaͤhrt
habe.
2) Disp. Antonio Tiepolo 12 Ap. 1577.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/454>, abgerufen am 22.11.2024.
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