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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
allgemeine Bedeutung des Kirchenstaates zunächst hervor.
Welches sind doch die Bedürfnisse, durch welche die Päpste
genöthigt werden, zu dieser sonderbaren Art von Anleihe,
die eine so unmittelbare Belästigung ihres Landes einschließt,
vorzuschreiten? Es sind in der Regel die Bedürfnisse des
Katholicismus überhaupt. So wie es mit den rein-poli-
tischen Tendenzen vorüber ist, giebt es keine anderen, als
die kirchlichen, die man durchzuführen beabsichtigen könnte.
Die Unterstützung der katholischen Mächte in ihrem Kam-
pfe wider die Protestanten, in ihren Unternehmungen gegen
die Türken ist nunmehr fast immer der nächste Anlaß, der zu
neuen Finanzoperationen führt. Der Monte Pius des V.
heißt darum Monte Lega, weil das Capital, das er einbrachte,
auf den Türkenkrieg verwendet ward, den dieser Papst im
Bunde mit Spanien und Venedig unternahm. Immer
mehr bildete sich dieß aus. Jede europäische Bewegung
berührt den Kirchenstaat in dieser Gestalt. Durch irgend
eine neue Last muß derselbe zur Verfechtung der kirchlichen
Interessen beitragen. Eben darum war es für die kirch-
liche Stellung der Päpste so wichtig, daß sie den Staat
besaßen.

Denn nicht allein mit Monti begnügten sie sich. Auch
die alten Mittel ließen sie nicht fallen. Fortwährend errich-
teten sie neue Aemter, oder Cavalierate mit besondern Pri-
vilegien, sey es, daß die Remunerationen ebenmäßig durch
neue Auflagen gedeckt wurden, oder daß der damals sehr
bemerklich sinkende Geldwerth namhaftere Summen in die
Kammer lieferte 1).


1) So standen um 1580 viele luoghi di monte statt 100 auf

Buch IV. Staat und Hof.
allgemeine Bedeutung des Kirchenſtaates zunaͤchſt hervor.
Welches ſind doch die Beduͤrfniſſe, durch welche die Paͤpſte
genoͤthigt werden, zu dieſer ſonderbaren Art von Anleihe,
die eine ſo unmittelbare Belaͤſtigung ihres Landes einſchließt,
vorzuſchreiten? Es ſind in der Regel die Beduͤrfniſſe des
Katholicismus uͤberhaupt. So wie es mit den rein-poli-
tiſchen Tendenzen voruͤber iſt, giebt es keine anderen, als
die kirchlichen, die man durchzufuͤhren beabſichtigen koͤnnte.
Die Unterſtuͤtzung der katholiſchen Maͤchte in ihrem Kam-
pfe wider die Proteſtanten, in ihren Unternehmungen gegen
die Tuͤrken iſt nunmehr faſt immer der naͤchſte Anlaß, der zu
neuen Finanzoperationen fuͤhrt. Der Monte Pius des V.
heißt darum Monte Lega, weil das Capital, das er einbrachte,
auf den Tuͤrkenkrieg verwendet ward, den dieſer Papſt im
Bunde mit Spanien und Venedig unternahm. Immer
mehr bildete ſich dieß aus. Jede europaͤiſche Bewegung
beruͤhrt den Kirchenſtaat in dieſer Geſtalt. Durch irgend
eine neue Laſt muß derſelbe zur Verfechtung der kirchlichen
Intereſſen beitragen. Eben darum war es fuͤr die kirch-
liche Stellung der Paͤpſte ſo wichtig, daß ſie den Staat
beſaßen.

Denn nicht allein mit Monti begnuͤgten ſie ſich. Auch
die alten Mittel ließen ſie nicht fallen. Fortwaͤhrend errich-
teten ſie neue Aemter, oder Cavalierate mit beſondern Pri-
vilegien, ſey es, daß die Remunerationen ebenmaͤßig durch
neue Auflagen gedeckt wurden, oder daß der damals ſehr
bemerklich ſinkende Geldwerth namhaftere Summen in die
Kammer lieferte 1).


1) So ſtanden um 1580 viele luoghi di monte ſtatt 100 auf
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[414/0440] Buch IV. Staat und Hof. allgemeine Bedeutung des Kirchenſtaates zunaͤchſt hervor. Welches ſind doch die Beduͤrfniſſe, durch welche die Paͤpſte genoͤthigt werden, zu dieſer ſonderbaren Art von Anleihe, die eine ſo unmittelbare Belaͤſtigung ihres Landes einſchließt, vorzuſchreiten? Es ſind in der Regel die Beduͤrfniſſe des Katholicismus uͤberhaupt. So wie es mit den rein-poli- tiſchen Tendenzen voruͤber iſt, giebt es keine anderen, als die kirchlichen, die man durchzufuͤhren beabſichtigen koͤnnte. Die Unterſtuͤtzung der katholiſchen Maͤchte in ihrem Kam- pfe wider die Proteſtanten, in ihren Unternehmungen gegen die Tuͤrken iſt nunmehr faſt immer der naͤchſte Anlaß, der zu neuen Finanzoperationen fuͤhrt. Der Monte Pius des V. heißt darum Monte Lega, weil das Capital, das er einbrachte, auf den Tuͤrkenkrieg verwendet ward, den dieſer Papſt im Bunde mit Spanien und Venedig unternahm. Immer mehr bildete ſich dieß aus. Jede europaͤiſche Bewegung beruͤhrt den Kirchenſtaat in dieſer Geſtalt. Durch irgend eine neue Laſt muß derſelbe zur Verfechtung der kirchlichen Intereſſen beitragen. Eben darum war es fuͤr die kirch- liche Stellung der Paͤpſte ſo wichtig, daß ſie den Staat beſaßen. Denn nicht allein mit Monti begnuͤgten ſie ſich. Auch die alten Mittel ließen ſie nicht fallen. Fortwaͤhrend errich- teten ſie neue Aemter, oder Cavalierate mit beſondern Pri- vilegien, ſey es, daß die Remunerationen ebenmaͤßig durch neue Auflagen gedeckt wurden, oder daß der damals ſehr bemerklich ſinkende Geldwerth namhaftere Summen in die Kammer lieferte 1). 1) So ſtanden um 1580 viele luoghi di monte ſtatt 100 auf

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/440>, abgerufen am 24.11.2024.