damals geschahen sie, als sich die Päpste durch ihre großen Unternehmungen zu ungewohntem Aufwand veranlaßt sahen.
Da war es ein Glück für sie, daß sie den Staat, und hiermit, so mild sie ihn im Anfange auch behandelten, doch viele neue Einkünfte erwarben. Man wird sich nicht wun- dern, daß sie diese ganz auf die nemliche Weise wie die kirchlichen verwalteten.
Wenn Julius II. die erwähnten Schreiber auf die Annaten anwies, so fügte er ihnen doch noch eine Anwei- sung auf Dogana und Staatscasse hinzu. Er errichtete ein Collegium von 141 Präsidenten der Annona, welches ganz aus Staatscassen dotirt wurde. Den Ueberschuß der Einkünfte seines Landes wandte er demnach dazu an, An- leihen darauf zu gründen. Das schien den andern Mäch- ten das Ausgezeichnete an diesem Papst, daß er Geld auf- bringen könne so viel er wolle. Zum guten Theil beruhte seine Politik darauf.
Noch viel größere Bedürfnisse aber als Julius hatte Leo X., der nicht minder in Kriege verstrickt, um vie- les verschwenderischer und von seinen Verwandten abhän- giger war. "Daß der Papst jemals tausend Ducaten beisammen halten sollte," sagt Franz Vettori von ihm, "war eben so gut unmöglich, als daß ein Stein von selbst in die Höhe fliege." Man hat über ihn geklagt, er habe drei Papstthümer durchgebracht, das seines Vorgängers, von dem er einen bedeutenden Schatz erbte, sein eignes, und das seines Nachfolgers, dem er ein Uebermaaß von Schulden hinterließ. Er begnügte sich nicht, die vorhan- denen Aemter zu verkaufen: seine große Cardinalernennung
BuchIV.Staat und Hof.
damals geſchahen ſie, als ſich die Paͤpſte durch ihre großen Unternehmungen zu ungewohntem Aufwand veranlaßt ſahen.
Da war es ein Gluͤck fuͤr ſie, daß ſie den Staat, und hiermit, ſo mild ſie ihn im Anfange auch behandelten, doch viele neue Einkuͤnfte erwarben. Man wird ſich nicht wun- dern, daß ſie dieſe ganz auf die nemliche Weiſe wie die kirchlichen verwalteten.
Wenn Julius II. die erwaͤhnten Schreiber auf die Annaten anwies, ſo fuͤgte er ihnen doch noch eine Anwei- ſung auf Dogana und Staatscaſſe hinzu. Er errichtete ein Collegium von 141 Praͤſidenten der Annona, welches ganz aus Staatscaſſen dotirt wurde. Den Ueberſchuß der Einkuͤnfte ſeines Landes wandte er demnach dazu an, An- leihen darauf zu gruͤnden. Das ſchien den andern Maͤch- ten das Ausgezeichnete an dieſem Papſt, daß er Geld auf- bringen koͤnne ſo viel er wolle. Zum guten Theil beruhte ſeine Politik darauf.
Noch viel groͤßere Beduͤrfniſſe aber als Julius hatte Leo X., der nicht minder in Kriege verſtrickt, um vie- les verſchwenderiſcher und von ſeinen Verwandten abhaͤn- giger war. „Daß der Papſt jemals tauſend Ducaten beiſammen halten ſollte,“ ſagt Franz Vettori von ihm, „war eben ſo gut unmoͤglich, als daß ein Stein von ſelbſt in die Hoͤhe fliege.“ Man hat uͤber ihn geklagt, er habe drei Papſtthuͤmer durchgebracht, das ſeines Vorgaͤngers, von dem er einen bedeutenden Schatz erbte, ſein eignes, und das ſeines Nachfolgers, dem er ein Uebermaaß von Schulden hinterließ. Er begnuͤgte ſich nicht, die vorhan- denen Aemter zu verkaufen: ſeine große Cardinalernennung
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Buch IV. Staat und Hof.
damals geſchahen ſie, als ſich die Paͤpſte durch ihre großen
Unternehmungen zu ungewohntem Aufwand veranlaßt ſahen.
Da war es ein Gluͤck fuͤr ſie, daß ſie den Staat, und
hiermit, ſo mild ſie ihn im Anfange auch behandelten, doch
viele neue Einkuͤnfte erwarben. Man wird ſich nicht wun-
dern, daß ſie dieſe ganz auf die nemliche Weiſe wie die
kirchlichen verwalteten.
Wenn Julius II. die erwaͤhnten Schreiber auf die
Annaten anwies, ſo fuͤgte er ihnen doch noch eine Anwei-
ſung auf Dogana und Staatscaſſe hinzu. Er errichtete
ein Collegium von 141 Praͤſidenten der Annona, welches
ganz aus Staatscaſſen dotirt wurde. Den Ueberſchuß der
Einkuͤnfte ſeines Landes wandte er demnach dazu an, An-
leihen darauf zu gruͤnden. Das ſchien den andern Maͤch-
ten das Ausgezeichnete an dieſem Papſt, daß er Geld auf-
bringen koͤnne ſo viel er wolle. Zum guten Theil beruhte
ſeine Politik darauf.
Noch viel groͤßere Beduͤrfniſſe aber als Julius hatte
Leo X., der nicht minder in Kriege verſtrickt, um vie-
les verſchwenderiſcher und von ſeinen Verwandten abhaͤn-
giger war. „Daß der Papſt jemals tauſend Ducaten
beiſammen halten ſollte,“ ſagt Franz Vettori von ihm,
„war eben ſo gut unmoͤglich, als daß ein Stein von ſelbſt
in die Hoͤhe fliege.“ Man hat uͤber ihn geklagt, er habe
drei Papſtthuͤmer durchgebracht, das ſeines Vorgaͤngers,
von dem er einen bedeutenden Schatz erbte, ſein eignes,
und das ſeines Nachfolgers, dem er ein Uebermaaß von
Schulden hinterließ. Er begnuͤgte ſich nicht, die vorhan-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/430>, abgerufen am 24.11.2024.
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