Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.

Michele Ghislieri -- nunmehr Pius V. -- von ge-
ringer Herkunft, zu Bosco unfern Alessandria im Jahre
1504 geboren, ging bereits in seinem vierzehnten Jahr in
ein Dominicanerkloster. Er ergab sich da mit Leib und
Seele der mönchischen Armuth und Frömmigkeit, die sein
Orden von ihm forderte. Von seinen Almosen behielt er
nicht so viel für sich, um sich davon einen Mantel machen
zu lassen; gegen die Hitze des Sommers fand er, das
beste Mittel sey, wenig zu genießen; obwohl Beichtva-
ter eines Governators von Mailand, reiste er doch immer
zu Fuß, und seinen Sack auf dem Rücken. Lehrte er, so
that er es mit Präcision und Wohlwollen: hatte er ein
Kloster als Prior zu verwalten, so war er strenge und
sparsam: mehr als eines hat er von Schulden frei ge-
macht. Seine Entwickelung fiel in die Jahre, in denen
auch in Italien die bisherige Lehre mit den protestantischen
Regungen kämpfte. Er nahm für die Strenge der alten
Lehre Partei: von 30 Streitsätzen, die er 1543 in Parma
verfocht, bezogen sich die meisten auf die Autorität des
römischen Papstes, und waren den neuen Meinungen ent-
gegengesetzt. Gar bald übertrug man ihm das Amt eines
Inquisitors. Grade in Orten von besonderer Gefahr, in
Como und Bergamo 1), wo der Verkehr mit Schweizern

und
1) Paolo Tiepolo Relazione di Roma in tempo di Pio IV
et V: In Bergamo li fu levato per forza dalle prigioni del mo-
nastero di S. Domenico dove allora si solevano mettere i rei, un
principale heretico, nominato Giorgio Mondaga
(noch ein Name
für das Verzeichniß der italienischen Protestanten) con gran pen-
colo suo e de' frati. Nella medesima citta poi travaglio assai
per formare il processo contra il vescovo allora di Bergamo.
Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.

Michele Ghislieri — nunmehr Pius V. — von ge-
ringer Herkunft, zu Bosco unfern Aleſſandria im Jahre
1504 geboren, ging bereits in ſeinem vierzehnten Jahr in
ein Dominicanerkloſter. Er ergab ſich da mit Leib und
Seele der moͤnchiſchen Armuth und Froͤmmigkeit, die ſein
Orden von ihm forderte. Von ſeinen Almoſen behielt er
nicht ſo viel fuͤr ſich, um ſich davon einen Mantel machen
zu laſſen; gegen die Hitze des Sommers fand er, das
beſte Mittel ſey, wenig zu genießen; obwohl Beichtva-
ter eines Governators von Mailand, reiſte er doch immer
zu Fuß, und ſeinen Sack auf dem Ruͤcken. Lehrte er, ſo
that er es mit Praͤciſion und Wohlwollen: hatte er ein
Kloſter als Prior zu verwalten, ſo war er ſtrenge und
ſparſam: mehr als eines hat er von Schulden frei ge-
macht. Seine Entwickelung fiel in die Jahre, in denen
auch in Italien die bisherige Lehre mit den proteſtantiſchen
Regungen kaͤmpfte. Er nahm fuͤr die Strenge der alten
Lehre Partei: von 30 Streitſaͤtzen, die er 1543 in Parma
verfocht, bezogen ſich die meiſten auf die Autoritaͤt des
roͤmiſchen Papſtes, und waren den neuen Meinungen ent-
gegengeſetzt. Gar bald uͤbertrug man ihm das Amt eines
Inquiſitors. Grade in Orten von beſonderer Gefahr, in
Como und Bergamo 1), wo der Verkehr mit Schweizern

und
1) Paolo Tiepolo Relazione di Roma in tempo di Pio IV
et V: In Bergamo li fu levato per forza dalle prigioni del mo-
nastero di S. Domenico dove allora si solevano mettere i rei, un
principale heretico, nominato Giorgio Mondaga
(noch ein Name
fuͤr das Verzeichniß der italieniſchen Proteſtanten) con gran pen-
colo suo e de’ frati. Nella medesima città poi travagliò assai
per formare il processo contra il vescovo allora di Bergamo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0378" n="352"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
          <p>Michele Ghislieri &#x2014; nunmehr Pius <hi rendition="#aq">V.</hi> &#x2014; von ge-<lb/>
ringer Herkunft, zu Bosco unfern Ale&#x017F;&#x017F;andria im Jahre<lb/>
1504 geboren, ging bereits in &#x017F;einem vierzehnten Jahr in<lb/>
ein Dominicanerklo&#x017F;ter. Er ergab &#x017F;ich da mit Leib und<lb/>
Seele der mo&#x0364;nchi&#x017F;chen Armuth und Fro&#x0364;mmigkeit, die &#x017F;ein<lb/>
Orden von ihm forderte. Von &#x017F;einen Almo&#x017F;en behielt er<lb/>
nicht &#x017F;o viel fu&#x0364;r &#x017F;ich, um &#x017F;ich davon einen Mantel machen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en; gegen die Hitze des Sommers fand er, das<lb/>
be&#x017F;te Mittel &#x017F;ey, wenig zu genießen; obwohl Beichtva-<lb/>
ter eines Governators von Mailand, rei&#x017F;te er doch immer<lb/>
zu Fuß, und &#x017F;einen Sack auf dem Ru&#x0364;cken. Lehrte er, &#x017F;o<lb/>
that er es mit Pra&#x0364;ci&#x017F;ion und Wohlwollen: hatte er ein<lb/>
Klo&#x017F;ter als Prior zu verwalten, &#x017F;o war er &#x017F;trenge und<lb/>
&#x017F;par&#x017F;am: mehr als eines hat er von Schulden frei ge-<lb/>
macht. Seine Entwickelung fiel in die Jahre, in denen<lb/>
auch in Italien die bisherige Lehre mit den prote&#x017F;tanti&#x017F;chen<lb/>
Regungen ka&#x0364;mpfte. Er nahm fu&#x0364;r die Strenge der alten<lb/>
Lehre Partei: von 30 Streit&#x017F;a&#x0364;tzen, die er 1543 in Parma<lb/>
verfocht, bezogen &#x017F;ich die mei&#x017F;ten auf die Autorita&#x0364;t des<lb/>
ro&#x0364;mi&#x017F;chen Pap&#x017F;tes, und waren den neuen Meinungen ent-<lb/>
gegenge&#x017F;etzt. Gar bald u&#x0364;bertrug man ihm das Amt eines<lb/>
Inqui&#x017F;itors. Grade in Orten von be&#x017F;onderer Gefahr, in<lb/>
Como und Bergamo <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Paolo Tiepolo Relazione di Roma in tempo di Pio IV<lb/>
et V: In Bergamo li fu levato per forza dalle prigioni del mo-<lb/>
nastero di S. Domenico dove allora si solevano mettere i rei, un<lb/>
principale heretico, nominato Giorgio Mondaga</hi> (noch ein Name<lb/>
fu&#x0364;r das Verzeichniß der italieni&#x017F;chen Prote&#x017F;tanten) <hi rendition="#aq">con gran pen-<lb/>
colo suo e de&#x2019; frati. Nella medesima città poi travagliò assai<lb/>
per formare il processo contra il vescovo allora di Bergamo.</hi></note>, wo der Verkehr mit Schweizern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0378] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. Michele Ghislieri — nunmehr Pius V. — von ge- ringer Herkunft, zu Bosco unfern Aleſſandria im Jahre 1504 geboren, ging bereits in ſeinem vierzehnten Jahr in ein Dominicanerkloſter. Er ergab ſich da mit Leib und Seele der moͤnchiſchen Armuth und Froͤmmigkeit, die ſein Orden von ihm forderte. Von ſeinen Almoſen behielt er nicht ſo viel fuͤr ſich, um ſich davon einen Mantel machen zu laſſen; gegen die Hitze des Sommers fand er, das beſte Mittel ſey, wenig zu genießen; obwohl Beichtva- ter eines Governators von Mailand, reiſte er doch immer zu Fuß, und ſeinen Sack auf dem Ruͤcken. Lehrte er, ſo that er es mit Praͤciſion und Wohlwollen: hatte er ein Kloſter als Prior zu verwalten, ſo war er ſtrenge und ſparſam: mehr als eines hat er von Schulden frei ge- macht. Seine Entwickelung fiel in die Jahre, in denen auch in Italien die bisherige Lehre mit den proteſtantiſchen Regungen kaͤmpfte. Er nahm fuͤr die Strenge der alten Lehre Partei: von 30 Streitſaͤtzen, die er 1543 in Parma verfocht, bezogen ſich die meiſten auf die Autoritaͤt des roͤmiſchen Papſtes, und waren den neuen Meinungen ent- gegengeſetzt. Gar bald uͤbertrug man ihm das Amt eines Inquiſitors. Grade in Orten von beſonderer Gefahr, in Como und Bergamo 1), wo der Verkehr mit Schweizern und 1) Paolo Tiepolo Relazione di Roma in tempo di Pio IV et V: In Bergamo li fu levato per forza dalle prigioni del mo- nastero di S. Domenico dove allora si solevano mettere i rei, un principale heretico, nominato Giorgio Mondaga (noch ein Name fuͤr das Verzeichniß der italieniſchen Proteſtanten) con gran pen- colo suo e de’ frati. Nella medesima città poi travagliò assai per formare il processo contra il vescovo allora di Bergamo.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/378
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/378>, abgerufen am 28.11.2024.