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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Pius IV. Spätere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
den, -- von Cardinal Guise verfaßt -- wurde das allge-
meine Bisthum des Papstes noch besonders anerkannt.

Glücklich war es demnach gelungen. Das Concilium,
so heftig gefordert, so lange vermieden, gespalten, zwei
Mal aufgelöst, von so vielen Stürmen der Welt erschüt-
tert, bei der dritten Versammlung aufs neue voll von Ge-
fahr, war in allgemeiner Eintracht der katholischen Welt
beendigt. Man begreift es, wenn die Prälaten, als sie am
4ten Dez. 1563 zum letzten Mal beisammen waren, von
Rührung und Freude ergriffen wurden. Auch die bisheri-
gen Gegner wünschten einander Glück: in vielen Augen
dieser alten Männer sah man Thränen.

Hatte nun aber so viel Beugsamkeit und politische
Gewandtheit, wie wir bemerkten, dazu gehört, um zu diesem
Resultat zu gelangen, so könnte man fragen, ob nicht hier-
durch das Concilium auch wieder an seiner Wirksamkeit
nothwendig verloren habe.

Wenn nicht unter allen Concilien überhaupt, auf je-
den Fall unter denen der neueren Jahrhunderte bleibt das
tridentinische immer das wichtigste.

In zwei großen Momenten drängt sich seine Bedeu-
tung zusammen.

In dem ersten, den wir früher berührten, während
des schmalkaldischen Krieges, sonderte sich das Dogma nach
mancherlei Schwankungen auf immer von den protestanti-
schen Meinungen ab. Aus der Lehre von der Rechtferti-
gung, wie man sie damals aufstellte, erhob sich alsdann
das ganze System der katholischen Dogmatik, wie es noch
heut zu Tage behauptet wird.


Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
den, — von Cardinal Guiſe verfaßt — wurde das allge-
meine Bisthum des Papſtes noch beſonders anerkannt.

Gluͤcklich war es demnach gelungen. Das Concilium,
ſo heftig gefordert, ſo lange vermieden, geſpalten, zwei
Mal aufgeloͤſt, von ſo vielen Stuͤrmen der Welt erſchuͤt-
tert, bei der dritten Verſammlung aufs neue voll von Ge-
fahr, war in allgemeiner Eintracht der katholiſchen Welt
beendigt. Man begreift es, wenn die Praͤlaten, als ſie am
4ten Dez. 1563 zum letzten Mal beiſammen waren, von
Ruͤhrung und Freude ergriffen wurden. Auch die bisheri-
gen Gegner wuͤnſchten einander Gluͤck: in vielen Augen
dieſer alten Maͤnner ſah man Thraͤnen.

Hatte nun aber ſo viel Beugſamkeit und politiſche
Gewandtheit, wie wir bemerkten, dazu gehoͤrt, um zu dieſem
Reſultat zu gelangen, ſo koͤnnte man fragen, ob nicht hier-
durch das Concilium auch wieder an ſeiner Wirkſamkeit
nothwendig verloren habe.

Wenn nicht unter allen Concilien uͤberhaupt, auf je-
den Fall unter denen der neueren Jahrhunderte bleibt das
tridentiniſche immer das wichtigſte.

In zwei großen Momenten draͤngt ſich ſeine Bedeu-
tung zuſammen.

In dem erſten, den wir fruͤher beruͤhrten, waͤhrend
des ſchmalkaldiſchen Krieges, ſonderte ſich das Dogma nach
mancherlei Schwankungen auf immer von den proteſtanti-
ſchen Meinungen ab. Aus der Lehre von der Rechtferti-
gung, wie man ſie damals aufſtellte, erhob ſich alsdann
das ganze Syſtem der katholiſchen Dogmatik, wie es noch
heut zu Tage behauptet wird.


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[345/0371] Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient. den, — von Cardinal Guiſe verfaßt — wurde das allge- meine Bisthum des Papſtes noch beſonders anerkannt. Gluͤcklich war es demnach gelungen. Das Concilium, ſo heftig gefordert, ſo lange vermieden, geſpalten, zwei Mal aufgeloͤſt, von ſo vielen Stuͤrmen der Welt erſchuͤt- tert, bei der dritten Verſammlung aufs neue voll von Ge- fahr, war in allgemeiner Eintracht der katholiſchen Welt beendigt. Man begreift es, wenn die Praͤlaten, als ſie am 4ten Dez. 1563 zum letzten Mal beiſammen waren, von Ruͤhrung und Freude ergriffen wurden. Auch die bisheri- gen Gegner wuͤnſchten einander Gluͤck: in vielen Augen dieſer alten Maͤnner ſah man Thraͤnen. Hatte nun aber ſo viel Beugſamkeit und politiſche Gewandtheit, wie wir bemerkten, dazu gehoͤrt, um zu dieſem Reſultat zu gelangen, ſo koͤnnte man fragen, ob nicht hier- durch das Concilium auch wieder an ſeiner Wirkſamkeit nothwendig verloren habe. Wenn nicht unter allen Concilien uͤberhaupt, auf je- den Fall unter denen der neueren Jahrhunderte bleibt das tridentiniſche immer das wichtigſte. In zwei großen Momenten draͤngt ſich ſeine Bedeu- tung zuſammen. In dem erſten, den wir fruͤher beruͤhrten, waͤhrend des ſchmalkaldiſchen Krieges, ſonderte ſich das Dogma nach mancherlei Schwankungen auf immer von den proteſtanti- ſchen Meinungen ab. Aus der Lehre von der Rechtferti- gung, wie man ſie damals aufſtellte, erhob ſich alsdann das ganze Syſtem der katholiſchen Dogmatik, wie es noch heut zu Tage behauptet wird.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/371>, abgerufen am 24.11.2024.