In der That war alles, wie ein Friedenscongreß. Während die Fragen von untergeordnetem Interesse von den Theologen zu allgemeinen Beschlüssen vorbereitet wur- den, unterhandelten die Höfe über die bedeutenderen. Un- abläßig flogen die Eilboten hin und her. Eine Conces- sion vergütete man mit der andern.
Vor allem lag dem Papste nun daran, einen baldigen Schluß herbeizuführen. Eine Zeitlang weigerten sich noch die Spanier, hierauf einzugehen: die Reform that ihnen noch nicht Genüge: der königliche Botschafter machte sogar einmal Miene zu protestiren: da sich aber der Papst ge- neigt erklärte, dringenden Falls eine neue Synode zu be- rufen 1), da man vor allem Bedenken trug, eine Sedis- vacanz bei eröffnetem Concilium abzuwarten, endlich, da Jedermann müde war, und alles nach Hause zu kommen wünschte, so gaben zuletzt auch sie nach.
Der Geist der Opposition war wesentlich überwunden. Eben in seiner letzten Epoche zeigte das Concilium die größte Unterwürfigkeit. Es bequemte sich, den Papst um eine Bestätigung seiner Beschlüsse zu ersuchen: es erklärte aus- drücklich, alle Reformationsdecrete, wie auch immer ihre Worte lauten möchten, seyen in der Voraussetzung abge- faßt, daß das Ansehn des päpstlichen Stuhles dabei un- verletzt bleibe 2). Wie weit war man da zu Trient ent- fernt, die Ansprüche von Costnitz und Basel auf eine Su- periorität über die päpstliche Gewalt zu erneuern. In den Acclamationen, mit denen die Sitzungen geschlossen wur-
1)Pallavicini 24, 8, 5.
2)Sessio XXV, c. 21.
BuchIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
In der That war alles, wie ein Friedenscongreß. Waͤhrend die Fragen von untergeordnetem Intereſſe von den Theologen zu allgemeinen Beſchluͤſſen vorbereitet wur- den, unterhandelten die Hoͤfe uͤber die bedeutenderen. Un- ablaͤßig flogen die Eilboten hin und her. Eine Conceſ- ſion verguͤtete man mit der andern.
Vor allem lag dem Papſte nun daran, einen baldigen Schluß herbeizufuͤhren. Eine Zeitlang weigerten ſich noch die Spanier, hierauf einzugehen: die Reform that ihnen noch nicht Genuͤge: der koͤnigliche Botſchafter machte ſogar einmal Miene zu proteſtiren: da ſich aber der Papſt ge- neigt erklaͤrte, dringenden Falls eine neue Synode zu be- rufen 1), da man vor allem Bedenken trug, eine Sedis- vacanz bei eroͤffnetem Concilium abzuwarten, endlich, da Jedermann muͤde war, und alles nach Hauſe zu kommen wuͤnſchte, ſo gaben zuletzt auch ſie nach.
Der Geiſt der Oppoſition war weſentlich uͤberwunden. Eben in ſeiner letzten Epoche zeigte das Concilium die groͤßte Unterwuͤrfigkeit. Es bequemte ſich, den Papſt um eine Beſtaͤtigung ſeiner Beſchluͤſſe zu erſuchen: es erklaͤrte aus- druͤcklich, alle Reformationsdecrete, wie auch immer ihre Worte lauten moͤchten, ſeyen in der Vorausſetzung abge- faßt, daß das Anſehn des paͤpſtlichen Stuhles dabei un- verletzt bleibe 2). Wie weit war man da zu Trient ent- fernt, die Anſpruͤche von Coſtnitz und Baſel auf eine Su- perioritaͤt uͤber die paͤpſtliche Gewalt zu erneuern. In den Acclamationen, mit denen die Sitzungen geſchloſſen wur-
1)Pallavicini 24, 8, 5.
2)Sessio XXV, c. 21.
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Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
In der That war alles, wie ein Friedenscongreß.
Waͤhrend die Fragen von untergeordnetem Intereſſe von
den Theologen zu allgemeinen Beſchluͤſſen vorbereitet wur-
den, unterhandelten die Hoͤfe uͤber die bedeutenderen. Un-
ablaͤßig flogen die Eilboten hin und her. Eine Conceſ-
ſion verguͤtete man mit der andern.
Vor allem lag dem Papſte nun daran, einen baldigen
Schluß herbeizufuͤhren. Eine Zeitlang weigerten ſich noch
die Spanier, hierauf einzugehen: die Reform that ihnen
noch nicht Genuͤge: der koͤnigliche Botſchafter machte ſogar
einmal Miene zu proteſtiren: da ſich aber der Papſt ge-
neigt erklaͤrte, dringenden Falls eine neue Synode zu be-
rufen 1), da man vor allem Bedenken trug, eine Sedis-
vacanz bei eroͤffnetem Concilium abzuwarten, endlich, da
Jedermann muͤde war, und alles nach Hauſe zu kommen
wuͤnſchte, ſo gaben zuletzt auch ſie nach.
Der Geiſt der Oppoſition war weſentlich uͤberwunden.
Eben in ſeiner letzten Epoche zeigte das Concilium die groͤßte
Unterwuͤrfigkeit. Es bequemte ſich, den Papſt um eine
Beſtaͤtigung ſeiner Beſchluͤſſe zu erſuchen: es erklaͤrte aus-
druͤcklich, alle Reformationsdecrete, wie auch immer ihre
Worte lauten moͤchten, ſeyen in der Vorausſetzung abge-
faßt, daß das Anſehn des paͤpſtlichen Stuhles dabei un-
verletzt bleibe 2). Wie weit war man da zu Trient ent-
fernt, die Anſpruͤche von Coſtnitz und Baſel auf eine Su-
perioritaͤt uͤber die paͤpſtliche Gewalt zu erneuern. In den
Acclamationen, mit denen die Sitzungen geſchloſſen wur-
1) Pallavicini 24, 8, 5.
2) Sessio XXV, c. 21.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/370>, abgerufen am 24.11.2024.
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