Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh. so ruchlos angewendet werden möchten" 1). Höchst wich-tige, auf eine durchgreifende Umgestaltung des Kirchenwe- sens zielende Anträge! In wiederholten Briefen drang der Kaiser auf ihre Erörterung. Endlich erschien auch der Cardinal von Lothringen mit 1) Pallavicini übergeht diese Postulate XVII, 1, 6. beinahe ganz. Sie sind ihm unbequem. Auch sind sie in der That in ih- rer eigentlichen Gestalt niemals bekannt geworden. In drei Auszü- gen liegen sie vor uns. Der erste findet sich bei P. Sarpi lib. VI, p. 325 und ganz eben so, jedoch lateinisch, bei Rainaldi und Goldast. Der zweite ist bei Bartholomäus de Martyribus, und etwas ausführ- licher. Den dritten hat Schelhorn aus den Papieren des Staphy- lus entnommen. Sie stimmen nicht sehr gut zusammen. In Wien sollte ich glauben, müßte sich das Original davon finden; es wäre immer ein merkwürdiges Actenstück. Ich habe mich an den Schel- hornschen Auszug gehalten. Le Plat hat sie sämmtlich, so wie die Antwort. 2) Memoire baille a Mr. le Cl. de Lorraine, quand il est
parti pour aller au concil. Le Plat IV, 562. Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. ſo ruchlos angewendet werden moͤchten“ 1). Hoͤchſt wich-tige, auf eine durchgreifende Umgeſtaltung des Kirchenwe- ſens zielende Antraͤge! In wiederholten Briefen drang der Kaiſer auf ihre Eroͤrterung. Endlich erſchien auch der Cardinal von Lothringen mit 1) Pallavicini uͤbergeht dieſe Poſtulate XVII, 1, 6. beinahe ganz. Sie ſind ihm unbequem. Auch ſind ſie in der That in ih- rer eigentlichen Geſtalt niemals bekannt geworden. In drei Auszuͤ- gen liegen ſie vor uns. Der erſte findet ſich bei P. Sarpi lib. VI, p. 325 und ganz eben ſo, jedoch lateiniſch, bei Rainaldi und Goldaſt. Der zweite iſt bei Bartholomaͤus de Martyribus, und etwas ausfuͤhr- licher. Den dritten hat Schelhorn aus den Papieren des Staphy- lus entnommen. Sie ſtimmen nicht ſehr gut zuſammen. In Wien ſollte ich glauben, muͤßte ſich das Original davon finden; es waͤre immer ein merkwuͤrdiges Actenſtuͤck. Ich habe mich an den Schel- hornſchen Auszug gehalten. Le Plat hat ſie ſaͤmmtlich, ſo wie die Antwort. 2) Mémoire baillé à Mr. le Cl. de Lorraine, quand il est
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Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
ſo ruchlos angewendet werden moͤchten“ 1). Hoͤchſt wich-
tige, auf eine durchgreifende Umgeſtaltung des Kirchenwe-
ſens zielende Antraͤge! In wiederholten Briefen drang der
Kaiſer auf ihre Eroͤrterung.
Endlich erſchien auch der Cardinal von Lothringen mit
den franzoͤſiſchen Praͤlaten. Er ſchloß ſich im Ganzen den
deutſchen Vorſchlaͤgen an. Hauptſaͤchlich forderte er die Ge-
waͤhrung des Laienkelchs, die Adminiſtration der Sacra-
mente in der Mutterſprache, Unterricht und Predigt bei der
Meſſe, die Erlaubniß, in voller Kirche die Pſalmen in
franzoͤſiſcher Sprache zu ſingen, — alles Dinge, von de-
nen man ſich dort den groͤßten Erfolg verſprach. „Wir
haben die Gewißheit,“ ſagt der Koͤnig, „daß die Gewaͤh-
rung des Laienkelchs viele beunruhigte Gewiſſen ſtillen,
ganze Provinzen, die ſich von der katholiſchen Kirche abge-
ſondert, mit derſelben vereinigen, und eins der beſten Mit-
tel ſeyn werde, die Unruhen in unſerem Reiche beizulegen 2).“
Allein uͤberdieß ſuchten die Franzoſen die Baſeler Beſchluͤſſe
1) Pallavicini uͤbergeht dieſe Poſtulate XVII, 1, 6. beinahe
ganz. Sie ſind ihm unbequem. Auch ſind ſie in der That in ih-
rer eigentlichen Geſtalt niemals bekannt geworden. In drei Auszuͤ-
gen liegen ſie vor uns. Der erſte findet ſich bei P. Sarpi lib. VI,
p. 325 und ganz eben ſo, jedoch lateiniſch, bei Rainaldi und Goldaſt.
Der zweite iſt bei Bartholomaͤus de Martyribus, und etwas ausfuͤhr-
licher. Den dritten hat Schelhorn aus den Papieren des Staphy-
lus entnommen. Sie ſtimmen nicht ſehr gut zuſammen. In Wien
ſollte ich glauben, muͤßte ſich das Original davon finden; es waͤre
immer ein merkwuͤrdiges Actenſtuͤck. Ich habe mich an den Schel-
hornſchen Auszug gehalten. Le Plat hat ſie ſaͤmmtlich, ſo wie die
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