Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
streng kirchliche Meinung hatte sich erhoben. So nachthei-
lig auch die Staatsverwaltung Pauls IV. übrigens war,
so hatte sie doch zuletzt dieser Richtung auch am Hofe und
im Pallast das Uebergewicht verschafft. Die Frage war,
ob sie sich hier ferner erhalten, ob sie die ganze katholi-
sche Welt zu durchdringen und zu vereinigen vermögen
würde.



Pius IV.

Man erzählt, einst bei einem Gastmahl von Cardinä-
len habe Alessandro Farnese einem Knaben, der zur Lyra zu
improvisiren verstand, einen Kranz gegeben, um ihn Dem-
jenigen von ihnen zu überreichen, der einmal Papst werden
würde. Der Knabe, Silvio Antoniano, später ein nam-
hafter Mann und selber Cardinal, sey augenblicklich zu
Johann Angelo Medici herangetreten und das Lob dessel-
ben anstimmend habe er ihm den Kranz gewidmet. Dieser
Medici ward Pauls Nachfolger, Pius IV. 1).

Er war von geringer Herkunft. Erst sein Vater Ber-
nardin war nach Mailand gezogen, und hatte sich durch
Staatspachtungen ein kleines Vermögen erworben 2). Die

1) Nicius Erythräus erzählt diese Anekdote in dem Artikel
über Antoniano Pinacotheca p. 37. Auch Mazzuchelli wieder-
holt sie. -- Die Wahl 26. Dez. 1559.
2) Hieronymo Soranzo Relatione di Roma. Bernardino
patre della B. S. Fu stimata persona di somma bonta e di gran
industria ancora che fusse nato in povero e basso stato: non-

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
ſtreng kirchliche Meinung hatte ſich erhoben. So nachthei-
lig auch die Staatsverwaltung Pauls IV. uͤbrigens war,
ſo hatte ſie doch zuletzt dieſer Richtung auch am Hofe und
im Pallaſt das Uebergewicht verſchafft. Die Frage war,
ob ſie ſich hier ferner erhalten, ob ſie die ganze katholi-
ſche Welt zu durchdringen und zu vereinigen vermoͤgen
wuͤrde.



Pius IV.

Man erzaͤhlt, einſt bei einem Gaſtmahl von Cardinaͤ-
len habe Aleſſandro Farneſe einem Knaben, der zur Lyra zu
improviſiren verſtand, einen Kranz gegeben, um ihn Dem-
jenigen von ihnen zu uͤberreichen, der einmal Papſt werden
wuͤrde. Der Knabe, Silvio Antoniano, ſpaͤter ein nam-
hafter Mann und ſelber Cardinal, ſey augenblicklich zu
Johann Angelo Medici herangetreten und das Lob deſſel-
ben anſtimmend habe er ihm den Kranz gewidmet. Dieſer
Medici ward Pauls Nachfolger, Pius IV. 1).

Er war von geringer Herkunft. Erſt ſein Vater Ber-
nardin war nach Mailand gezogen, und hatte ſich durch
Staatspachtungen ein kleines Vermoͤgen erworben 2). Die

1) Nicius Erythraͤus erzaͤhlt dieſe Anekdote in dem Artikel
uͤber Antoniano Pinacotheca p. 37. Auch Mazzuchelli wieder-
holt ſie. — Die Wahl 26. Dez. 1559.
2) Hieronymo Soranzo Relatione di Roma. Bernardino
patre della B. S. Fu stimata persona di somma bontà e di gran
industria ancora che fusse nato in povero e basso stato: non-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0340" n="314"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;treng kirchliche Meinung hatte &#x017F;ich erhoben. So nachthei-<lb/>
lig auch die Staatsverwaltung Pauls <hi rendition="#aq">IV.</hi> u&#x0364;brigens war,<lb/>
&#x017F;o hatte &#x017F;ie doch zuletzt die&#x017F;er Richtung auch am Hofe und<lb/>
im Palla&#x017F;t das Uebergewicht ver&#x017F;chafft. Die Frage war,<lb/>
ob &#x017F;ie &#x017F;ich hier ferner erhalten, ob &#x017F;ie die ganze katholi-<lb/>
&#x017F;che Welt zu durchdringen und zu vereinigen vermo&#x0364;gen<lb/>
wu&#x0364;rde.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>Pius <hi rendition="#aq">IV.</hi></head><lb/>
          <p>Man erza&#x0364;hlt, ein&#x017F;t bei einem Ga&#x017F;tmahl von Cardina&#x0364;-<lb/>
len habe Ale&#x017F;&#x017F;andro Farne&#x017F;e einem Knaben, der zur Lyra zu<lb/>
improvi&#x017F;iren ver&#x017F;tand, einen Kranz gegeben, um ihn Dem-<lb/>
jenigen von ihnen zu u&#x0364;berreichen, der einmal Pap&#x017F;t werden<lb/>
wu&#x0364;rde. Der Knabe, Silvio Antoniano, &#x017F;pa&#x0364;ter ein nam-<lb/>
hafter Mann und &#x017F;elber Cardinal, &#x017F;ey augenblicklich zu<lb/>
Johann Angelo Medici herangetreten und das Lob de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben an&#x017F;timmend habe er ihm den Kranz gewidmet. Die&#x017F;er<lb/>
Medici ward Pauls Nachfolger, Pius <hi rendition="#aq">IV.</hi> <note place="foot" n="1)">Nicius Erythra&#x0364;us erza&#x0364;hlt die&#x017F;e Anekdote in dem Artikel<lb/>
u&#x0364;ber Antoniano <hi rendition="#aq">Pinacotheca p.</hi> 37. Auch Mazzuchelli wieder-<lb/>
holt &#x017F;ie. &#x2014; Die Wahl 26. Dez. 1559.</note>.</p><lb/>
          <p>Er war von geringer Herkunft. Er&#x017F;t &#x017F;ein Vater Ber-<lb/>
nardin war nach Mailand gezogen, und hatte &#x017F;ich durch<lb/>
Staatspachtungen ein kleines Vermo&#x0364;gen erworben <note xml:id="note-0340" next="#note-0341" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Hieronymo Soranzo Relatione di Roma. Bernardino<lb/>
patre della B. S. Fu stimata persona di somma bontà e di gran<lb/>
industria ancora che fusse nato in povero e basso stato: non-</hi></note>. Die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0340] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. ſtreng kirchliche Meinung hatte ſich erhoben. So nachthei- lig auch die Staatsverwaltung Pauls IV. uͤbrigens war, ſo hatte ſie doch zuletzt dieſer Richtung auch am Hofe und im Pallaſt das Uebergewicht verſchafft. Die Frage war, ob ſie ſich hier ferner erhalten, ob ſie die ganze katholi- ſche Welt zu durchdringen und zu vereinigen vermoͤgen wuͤrde. Pius IV. Man erzaͤhlt, einſt bei einem Gaſtmahl von Cardinaͤ- len habe Aleſſandro Farneſe einem Knaben, der zur Lyra zu improviſiren verſtand, einen Kranz gegeben, um ihn Dem- jenigen von ihnen zu uͤberreichen, der einmal Papſt werden wuͤrde. Der Knabe, Silvio Antoniano, ſpaͤter ein nam- hafter Mann und ſelber Cardinal, ſey augenblicklich zu Johann Angelo Medici herangetreten und das Lob deſſel- ben anſtimmend habe er ihm den Kranz gewidmet. Dieſer Medici ward Pauls Nachfolger, Pius IV. 1). Er war von geringer Herkunft. Erſt ſein Vater Ber- nardin war nach Mailand gezogen, und hatte ſich durch Staatspachtungen ein kleines Vermoͤgen erworben 2). Die 1) Nicius Erythraͤus erzaͤhlt dieſe Anekdote in dem Artikel uͤber Antoniano Pinacotheca p. 37. Auch Mazzuchelli wieder- holt ſie. — Die Wahl 26. Dez. 1559. 2) Hieronymo Soranzo Relatione di Roma. Bernardino patre della B. S. Fu stimata persona di somma bontà e di gran industria ancora che fusse nato in povero e basso stato: non-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/340
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/340>, abgerufen am 13.11.2024.