Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Paul IV.

Zu eigentlichem Kampfe kam es aber erst dann, als
endlich die französische Hülfsmacht -- 10000 Mann zu Fuß,
eine minder zahlreiche, aber sehr stattliche Reiterei -- über
den Alpen erschien. Die Franzosen hätten ihre Kräfte lie-
ber gleich gegen Mailand versucht, das sie minder verthei-
digt glaubten: aber sie mußten dem Impuls folgen, den
ihnen die Caraffas gegen Neapel gaben. Diese zweifelten
nicht, in ihrem Vaterlande unzählige Anhänger zu finden;
sie zählten auf die Macht der Ausgewanderten, auf die Er-
hebung ihrer Partei, wo nicht in dem ganzen Königreich,
doch zunächst in den Abruzzen, dort um Aquila und Mon-
torio, wo ihre väterlichen und mütterlichen Ahnherren im-
mer einen großen Einfluß behauptet hatten.

Auf irgend eine Weise müssen sich die Triebe der
Dinge Luft machen.

Zu häufig hatte sich die Opposition der päpstlichen
Gewalt gegen das Uebergewicht der Spanier geregt, als daß
sie nicht noch einmal hätte offen hervorbrechen sollen.

Der Papst und seine Nepoten waren zu dem Aeußer-
sten entschlossen. Caraffa hat nicht allein die Protestanten
um Hülfe ersucht, er hat Suleiman I. den Antrag gemacht,
er möge von seinen ungarischen Feldzügen abstehen, um sich
mit aller Macht auf beide Sicilien zu werfen 1). Die Hülfe
der Ungläubigen rief er auf gegen den katholischen König.


1) Seine Geständnisse bei Bromato Vita di Paolo IV, T. II,
p.
369. Uebrigens hat Bromato auch über den Krieg gute Nach-
richten. Er nahm sie, was er auch nicht verschweigt, oft Wort
für Wort aus einem weitläufigen Ms. von Nores, das diesen Krieg
zum Gegenstande hat, und in italienischen Bibliotheken häufig vor-
kommt.
19*
Paul IV.

Zu eigentlichem Kampfe kam es aber erſt dann, als
endlich die franzoͤſiſche Huͤlfsmacht — 10000 Mann zu Fuß,
eine minder zahlreiche, aber ſehr ſtattliche Reiterei — uͤber
den Alpen erſchien. Die Franzoſen haͤtten ihre Kraͤfte lie-
ber gleich gegen Mailand verſucht, das ſie minder verthei-
digt glaubten: aber ſie mußten dem Impuls folgen, den
ihnen die Caraffas gegen Neapel gaben. Dieſe zweifelten
nicht, in ihrem Vaterlande unzaͤhlige Anhaͤnger zu finden;
ſie zaͤhlten auf die Macht der Ausgewanderten, auf die Er-
hebung ihrer Partei, wo nicht in dem ganzen Koͤnigreich,
doch zunaͤchſt in den Abruzzen, dort um Aquila und Mon-
torio, wo ihre vaͤterlichen und muͤtterlichen Ahnherren im-
mer einen großen Einfluß behauptet hatten.

Auf irgend eine Weiſe muͤſſen ſich die Triebe der
Dinge Luft machen.

Zu haͤufig hatte ſich die Oppoſition der paͤpſtlichen
Gewalt gegen das Uebergewicht der Spanier geregt, als daß
ſie nicht noch einmal haͤtte offen hervorbrechen ſollen.

Der Papſt und ſeine Nepoten waren zu dem Aeußer-
ſten entſchloſſen. Caraffa hat nicht allein die Proteſtanten
um Huͤlfe erſucht, er hat Suleiman I. den Antrag gemacht,
er moͤge von ſeinen ungariſchen Feldzuͤgen abſtehen, um ſich
mit aller Macht auf beide Sicilien zu werfen 1). Die Huͤlfe
der Unglaͤubigen rief er auf gegen den katholiſchen Koͤnig.


1) Seine Geſtaͤndniſſe bei Bromato Vita di Paolo IV, T. II,
p.
369. Uebrigens hat Bromato auch uͤber den Krieg gute Nach-
richten. Er nahm ſie, was er auch nicht verſchweigt, oft Wort
fuͤr Wort aus einem weitlaͤufigen Ms. von Nores, das dieſen Krieg
zum Gegenſtande hat, und in italieniſchen Bibliotheken haͤufig vor-
kommt.
19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0317" n="291"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Paul</hi> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </fw><lb/>
          <p>Zu eigentlichem Kampfe kam es aber er&#x017F;t dann, als<lb/>
endlich die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Hu&#x0364;lfsmacht &#x2014; 10000 Mann zu Fuß,<lb/>
eine minder zahlreiche, aber &#x017F;ehr &#x017F;tattliche Reiterei &#x2014; u&#x0364;ber<lb/>
den Alpen er&#x017F;chien. Die Franzo&#x017F;en ha&#x0364;tten ihre Kra&#x0364;fte lie-<lb/>
ber gleich gegen Mailand ver&#x017F;ucht, das &#x017F;ie minder verthei-<lb/>
digt glaubten: aber &#x017F;ie mußten dem Impuls folgen, den<lb/>
ihnen die Caraffas gegen Neapel gaben. Die&#x017F;e zweifelten<lb/>
nicht, in ihrem Vaterlande unza&#x0364;hlige Anha&#x0364;nger zu finden;<lb/>
&#x017F;ie za&#x0364;hlten auf die Macht der Ausgewanderten, auf die Er-<lb/>
hebung ihrer Partei, wo nicht in dem ganzen Ko&#x0364;nigreich,<lb/>
doch zuna&#x0364;ch&#x017F;t in den Abruzzen, dort um Aquila und Mon-<lb/>
torio, wo ihre va&#x0364;terlichen und mu&#x0364;tterlichen Ahnherren im-<lb/>
mer einen großen Einfluß behauptet hatten.</p><lb/>
          <p>Auf irgend eine Wei&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Triebe der<lb/>
Dinge Luft machen.</p><lb/>
          <p>Zu ha&#x0364;ufig hatte &#x017F;ich die Oppo&#x017F;ition der pa&#x0364;p&#x017F;tlichen<lb/>
Gewalt gegen das Uebergewicht der Spanier geregt, als daß<lb/>
&#x017F;ie nicht noch einmal ha&#x0364;tte offen hervorbrechen &#x017F;ollen.</p><lb/>
          <p>Der Pap&#x017F;t und &#x017F;eine Nepoten waren zu dem Aeußer-<lb/>
&#x017F;ten ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Caraffa hat nicht allein die Prote&#x017F;tanten<lb/>
um Hu&#x0364;lfe er&#x017F;ucht, er hat Suleiman <hi rendition="#aq">I.</hi> den Antrag gemacht,<lb/>
er mo&#x0364;ge von &#x017F;einen ungari&#x017F;chen Feldzu&#x0364;gen ab&#x017F;tehen, um &#x017F;ich<lb/>
mit aller Macht auf beide Sicilien zu werfen <note place="foot" n="1)">Seine Ge&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e bei Bromato <hi rendition="#aq">Vita di Paolo IV, T. II,<lb/>
p.</hi> 369. Uebrigens hat Bromato auch u&#x0364;ber den Krieg gute Nach-<lb/>
richten. Er nahm &#x017F;ie, was er auch nicht ver&#x017F;chweigt, oft Wort<lb/>
fu&#x0364;r Wort aus einem weitla&#x0364;ufigen <hi rendition="#aq">Ms.</hi> von Nores, das die&#x017F;en Krieg<lb/>
zum Gegen&#x017F;tande hat, und in italieni&#x017F;chen Bibliotheken ha&#x0364;ufig vor-<lb/>
kommt.</note>. Die Hu&#x0364;lfe<lb/>
der Ungla&#x0364;ubigen rief er auf gegen den katholi&#x017F;chen Ko&#x0364;nig.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0317] Paul IV. Zu eigentlichem Kampfe kam es aber erſt dann, als endlich die franzoͤſiſche Huͤlfsmacht — 10000 Mann zu Fuß, eine minder zahlreiche, aber ſehr ſtattliche Reiterei — uͤber den Alpen erſchien. Die Franzoſen haͤtten ihre Kraͤfte lie- ber gleich gegen Mailand verſucht, das ſie minder verthei- digt glaubten: aber ſie mußten dem Impuls folgen, den ihnen die Caraffas gegen Neapel gaben. Dieſe zweifelten nicht, in ihrem Vaterlande unzaͤhlige Anhaͤnger zu finden; ſie zaͤhlten auf die Macht der Ausgewanderten, auf die Er- hebung ihrer Partei, wo nicht in dem ganzen Koͤnigreich, doch zunaͤchſt in den Abruzzen, dort um Aquila und Mon- torio, wo ihre vaͤterlichen und muͤtterlichen Ahnherren im- mer einen großen Einfluß behauptet hatten. Auf irgend eine Weiſe muͤſſen ſich die Triebe der Dinge Luft machen. Zu haͤufig hatte ſich die Oppoſition der paͤpſtlichen Gewalt gegen das Uebergewicht der Spanier geregt, als daß ſie nicht noch einmal haͤtte offen hervorbrechen ſollen. Der Papſt und ſeine Nepoten waren zu dem Aeußer- ſten entſchloſſen. Caraffa hat nicht allein die Proteſtanten um Huͤlfe erſucht, er hat Suleiman I. den Antrag gemacht, er moͤge von ſeinen ungariſchen Feldzuͤgen abſtehen, um ſich mit aller Macht auf beide Sicilien zu werfen 1). Die Huͤlfe der Unglaͤubigen rief er auf gegen den katholiſchen Koͤnig. 1) Seine Geſtaͤndniſſe bei Bromato Vita di Paolo IV, T. II, p. 369. Uebrigens hat Bromato auch uͤber den Krieg gute Nach- richten. Er nahm ſie, was er auch nicht verſchweigt, oft Wort fuͤr Wort aus einem weitlaͤufigen Ms. von Nores, das dieſen Krieg zum Gegenſtande hat, und in italieniſchen Bibliotheken haͤufig vor- kommt. 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/317
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/317>, abgerufen am 24.11.2024.