Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh. tigen, von neapolitanischen Edelleuten verwalteten Hofdien-stes die Obedienz der von allen Seiten herbeieilenden Ge- sandtschaften empfing -- so war er in tausend Streitigkei- ten mit dem Kaiser. Da sollte Dieser sich bei den Car- dinälen seiner Partei über eine solche Wahl beklagt haben; seine Anhänger hielten verdächtige Zusammenkünfte; Einige derselben nahmen in dem Hafen von Civitavecchia ein paar Schiffe weg, die ihnen früher von den Franzosen entrissen worden 1). Bald war der Papst in Feuer und Flammen. Die kaiserlich gesinnten Lehensleute und Cardinäle nahm er gefangen, oder sie entflohen und er zog ihre Besitzungen ein. Aber es war ihm nicht genug. Auf jene Verbin- dung mit Frankreich, die Paul III. zu vollziehen sich nie- mals hatte entschließen können, ging er ohne viel Beden- ken ein. Der Kaiser wolle ihn nur, sagte er, durch eine Art von geistigem Fieber zu Grunde richten: er werde sich zu offenem Spiel entschließen, mit der Hülfe des Königs von Frankreich wolle er dieß arme Italien von der Ty- rannei der Spanier befreien: er hoffe noch zwei französi- sche Prinzen in Mailand und Neapel regieren zu sehen. Stunden lang saß er nach Tische bei dem schwarzen, dicken vulkanischen Wein von Neapel, den er trank, -- man nannte die Sorte Mangiaguerra -- und ergoß sich in stürmischer Beredsamkeit gegen diese Schismatiker und Ketzer, Vermaledeiete Gottes, Saame von Juden und Mar- 1) Instruttioni e lettere di Monsignor della Casa a nome
del C1. Caraffa, dove si contiene il principio della rottura della guerra fra Papa Paolo IV. e l'imperatore Carlo V. 1555. Auch in den Inf. Pol. 24. Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. tigen, von neapolitaniſchen Edelleuten verwalteten Hofdien-ſtes die Obedienz der von allen Seiten herbeieilenden Ge- ſandtſchaften empfing — ſo war er in tauſend Streitigkei- ten mit dem Kaiſer. Da ſollte Dieſer ſich bei den Car- dinaͤlen ſeiner Partei uͤber eine ſolche Wahl beklagt haben; ſeine Anhaͤnger hielten verdaͤchtige Zuſammenkuͤnfte; Einige derſelben nahmen in dem Hafen von Civitavecchia ein paar Schiffe weg, die ihnen fruͤher von den Franzoſen entriſſen worden 1). Bald war der Papſt in Feuer und Flammen. Die kaiſerlich geſinnten Lehensleute und Cardinaͤle nahm er gefangen, oder ſie entflohen und er zog ihre Beſitzungen ein. Aber es war ihm nicht genug. Auf jene Verbin- dung mit Frankreich, die Paul III. zu vollziehen ſich nie- mals hatte entſchließen koͤnnen, ging er ohne viel Beden- ken ein. Der Kaiſer wolle ihn nur, ſagte er, durch eine Art von geiſtigem Fieber zu Grunde richten: er werde ſich zu offenem Spiel entſchließen, mit der Huͤlfe des Koͤnigs von Frankreich wolle er dieß arme Italien von der Ty- rannei der Spanier befreien: er hoffe noch zwei franzoͤſi- ſche Prinzen in Mailand und Neapel regieren zu ſehen. Stunden lang ſaß er nach Tiſche bei dem ſchwarzen, dicken vulkaniſchen Wein von Neapel, den er trank, — man nannte die Sorte Mangiaguerra — und ergoß ſich in ſtuͤrmiſcher Beredſamkeit gegen dieſe Schismatiker und Ketzer, Vermaledeiete Gottes, Saame von Juden und Mar- 1) Instruttioni e lettere di Monsignor della Casa a nome
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Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
tigen, von neapolitaniſchen Edelleuten verwalteten Hofdien-
ſtes die Obedienz der von allen Seiten herbeieilenden Ge-
ſandtſchaften empfing — ſo war er in tauſend Streitigkei-
ten mit dem Kaiſer. Da ſollte Dieſer ſich bei den Car-
dinaͤlen ſeiner Partei uͤber eine ſolche Wahl beklagt haben;
ſeine Anhaͤnger hielten verdaͤchtige Zuſammenkuͤnfte; Einige
derſelben nahmen in dem Hafen von Civitavecchia ein paar
Schiffe weg, die ihnen fruͤher von den Franzoſen entriſſen
worden 1). Bald war der Papſt in Feuer und Flammen.
Die kaiſerlich geſinnten Lehensleute und Cardinaͤle nahm er
gefangen, oder ſie entflohen und er zog ihre Beſitzungen
ein. Aber es war ihm nicht genug. Auf jene Verbin-
dung mit Frankreich, die Paul III. zu vollziehen ſich nie-
mals hatte entſchließen koͤnnen, ging er ohne viel Beden-
ken ein. Der Kaiſer wolle ihn nur, ſagte er, durch eine
Art von geiſtigem Fieber zu Grunde richten: er werde ſich
zu offenem Spiel entſchließen, mit der Huͤlfe des Koͤnigs
von Frankreich wolle er dieß arme Italien von der Ty-
rannei der Spanier befreien: er hoffe noch zwei franzoͤſi-
ſche Prinzen in Mailand und Neapel regieren zu ſehen.
Stunden lang ſaß er nach Tiſche bei dem ſchwarzen, dicken
vulkaniſchen Wein von Neapel, den er trank, — man
nannte die Sorte Mangiaguerra — und ergoß ſich in
ſtuͤrmiſcher Beredſamkeit gegen dieſe Schismatiker und
Ketzer, Vermaledeiete Gottes, Saame von Juden und Mar-
1) Instruttioni e lettere di Monsignor della Casa a nome
del C1. Caraffa, dove si contiene il principio della rottura della
guerra fra Papa Paolo IV. e l’imperatore Carlo V. 1555. Auch
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