Ueberlicken wir den Umkreis der alten Welt in den frü- heren Jahrhunderten, so finden wir ihn mit einer großen Anzahl unabhängiger Völkerschaften erfüllt. Um das Mit- telmeer her, so weit von den Küsten die Kunde in das in- nere Land reicht, wohnen sie: mannichfaltig gesondert, ur- sprünglich alle enge begrenzt, in lauter freien und eigen- thümlich eingerichteten Staaten. Die Unabhängigkeit, die sie genießen, ist nicht allein politisch: allenthalben hat sich eine örtliche Religion ausgebildet; die Ideen von Gott und göttlichen Dingen haben sich gleichsam localisirt; na- tionale Gottheiten von den verschiedensten Attributen neh- men die Welt ein; das Gesetz, das ihre Gläubigen beob- achten, ist mit dem Staatsgesetz unauflöslich vereinigt. Wir dürfen sagen: diese enge Vereinigung von Staat und Religion, diese zwiefache Freiheit, nur durch stammver-
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Erſtes Kapitel. Epochen des Papſtthums.
Das Chriſtenthum in dem römiſchen Reiche.
Ueberlicken wir den Umkreis der alten Welt in den fruͤ- heren Jahrhunderten, ſo finden wir ihn mit einer großen Anzahl unabhaͤngiger Voͤlkerſchaften erfuͤllt. Um das Mit- telmeer her, ſo weit von den Kuͤſten die Kunde in das in- nere Land reicht, wohnen ſie: mannichfaltig geſondert, ur- ſpruͤnglich alle enge begrenzt, in lauter freien und eigen- thuͤmlich eingerichteten Staaten. Die Unabhaͤngigkeit, die ſie genießen, iſt nicht allein politiſch: allenthalben hat ſich eine oͤrtliche Religion ausgebildet; die Ideen von Gott und goͤttlichen Dingen haben ſich gleichſam localiſirt; na- tionale Gottheiten von den verſchiedenſten Attributen neh- men die Welt ein; das Geſetz, das ihre Glaͤubigen beob- achten, iſt mit dem Staatsgeſetz unaufloͤslich vereinigt. Wir duͤrfen ſagen: dieſe enge Vereinigung von Staat und Religion, dieſe zwiefache Freiheit, nur durch ſtammver-
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[[3]/0029]
Erſtes Kapitel.
Epochen des Papſtthums.
Das Chriſtenthum in dem römiſchen Reiche.
Ueberlicken wir den Umkreis der alten Welt in den fruͤ-
heren Jahrhunderten, ſo finden wir ihn mit einer großen
Anzahl unabhaͤngiger Voͤlkerſchaften erfuͤllt. Um das Mit-
telmeer her, ſo weit von den Kuͤſten die Kunde in das in-
nere Land reicht, wohnen ſie: mannichfaltig geſondert, ur-
ſpruͤnglich alle enge begrenzt, in lauter freien und eigen-
thuͤmlich eingerichteten Staaten. Die Unabhaͤngigkeit, die
ſie genießen, iſt nicht allein politiſch: allenthalben hat ſich
eine oͤrtliche Religion ausgebildet; die Ideen von Gott
und goͤttlichen Dingen haben ſich gleichſam localiſirt; na-
tionale Gottheiten von den verſchiedenſten Attributen neh-
men die Welt ein; das Geſetz, das ihre Glaͤubigen beob-
achten, iſt mit dem Staatsgeſetz unaufloͤslich vereinigt.
Wir duͤrfen ſagen: dieſe enge Vereinigung von Staat und
Religion, dieſe zwiefache Freiheit, nur durch ſtammver-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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