Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Inquisition. Aufsicht unterworfen. Im Jahre 1543 verordnete Caraffa,daß in Zukunft kein Buch, von welchem Inhalt auch im- mer, gleichviel ob alt oder neu gedruckt werden dürfe, ohne die Erlaubniß der Inquisitoren; die Buchhändler muß- ten eben Diesen Verzeichnisse aller ihrer Artikel einreichen; ohne deren Erlaubniß sollten sie nichts mehr verkaufen; die Zollbeamten der Dogana erhielten den Befehl, keine Sen- dung handschriftlicher oder gedruckter Bücher an ihre Be- stimmung abzuliefern, ohne sie vorher der Inquisition vorgelegt zu haben 1). Allmählig kam man auf den In- dex der verbotenen Bücher. In Löwen und Paris hatte man die ersten Beispiele gegeben. In Italien ließ Gio- vanni della Casa, in dem engsten Vertrauen des Hauses Caraffa, den ersten Catalog, ungefähr von 70 Nummern, zu Venedig drucken. Ausführlichere erschienen 1552 zu Florenz, 1554 zu Mailand; der erste in der späterhin ge- bräuchlichen Form zu Rom 1559. Er enthielt Schriften der Cardinäle, die Gedichte jenes Casa selbst. Nicht allein Druckern und Buchhändlern wurden diese Gesetze gegeben, selbst den Privatleuten ward es zur Gewissenspflicht ge- macht, die Existenz der verbotenen Bücher anzuzeigen, zu ihrer Vernichtung beizutragen. Mit unglaublicher Strenge setzte man diese Maaßregel durch. In so vielen Tausend Exemplaren das Buch über die Wohlthat Christi verbreitet seyn mochte, es ist völlig verschwunden und nicht mehr aufzufinden. In Rom hat man Scheiterhaufen von weg- genommenen Exemplaren verbrannt. Bei allen diesen Einrichtungen, Unternehmungen bediente 1) Bromato VII, 9. 14*
Inquiſition. Aufſicht unterworfen. Im Jahre 1543 verordnete Caraffa,daß in Zukunft kein Buch, von welchem Inhalt auch im- mer, gleichviel ob alt oder neu gedruckt werden duͤrfe, ohne die Erlaubniß der Inquiſitoren; die Buchhaͤndler muß- ten eben Dieſen Verzeichniſſe aller ihrer Artikel einreichen; ohne deren Erlaubniß ſollten ſie nichts mehr verkaufen; die Zollbeamten der Dogana erhielten den Befehl, keine Sen- dung handſchriftlicher oder gedruckter Buͤcher an ihre Be- ſtimmung abzuliefern, ohne ſie vorher der Inquiſition vorgelegt zu haben 1). Allmaͤhlig kam man auf den In- dex der verbotenen Buͤcher. In Loͤwen und Paris hatte man die erſten Beiſpiele gegeben. In Italien ließ Gio- vanni della Caſa, in dem engſten Vertrauen des Hauſes Caraffa, den erſten Catalog, ungefaͤhr von 70 Nummern, zu Venedig drucken. Ausfuͤhrlichere erſchienen 1552 zu Florenz, 1554 zu Mailand; der erſte in der ſpaͤterhin ge- braͤuchlichen Form zu Rom 1559. Er enthielt Schriften der Cardinaͤle, die Gedichte jenes Caſa ſelbſt. Nicht allein Druckern und Buchhaͤndlern wurden dieſe Geſetze gegeben, ſelbſt den Privatleuten ward es zur Gewiſſenspflicht ge- macht, die Exiſtenz der verbotenen Buͤcher anzuzeigen, zu ihrer Vernichtung beizutragen. Mit unglaublicher Strenge ſetzte man dieſe Maaßregel durch. In ſo vielen Tauſend Exemplaren das Buch uͤber die Wohlthat Chriſti verbreitet ſeyn mochte, es iſt voͤllig verſchwunden und nicht mehr aufzufinden. In Rom hat man Scheiterhaufen von weg- genommenen Exemplaren verbrannt. Bei allen dieſen Einrichtungen, Unternehmungen bediente 1) Bromato VII, 9. 14*
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Inquiſition.
Aufſicht unterworfen. Im Jahre 1543 verordnete Caraffa,
daß in Zukunft kein Buch, von welchem Inhalt auch im-
mer, gleichviel ob alt oder neu gedruckt werden duͤrfe,
ohne die Erlaubniß der Inquiſitoren; die Buchhaͤndler muß-
ten eben Dieſen Verzeichniſſe aller ihrer Artikel einreichen;
ohne deren Erlaubniß ſollten ſie nichts mehr verkaufen; die
Zollbeamten der Dogana erhielten den Befehl, keine Sen-
dung handſchriftlicher oder gedruckter Buͤcher an ihre Be-
ſtimmung abzuliefern, ohne ſie vorher der Inquiſition
vorgelegt zu haben 1). Allmaͤhlig kam man auf den In-
dex der verbotenen Buͤcher. In Loͤwen und Paris hatte
man die erſten Beiſpiele gegeben. In Italien ließ Gio-
vanni della Caſa, in dem engſten Vertrauen des Hauſes
Caraffa, den erſten Catalog, ungefaͤhr von 70 Nummern,
zu Venedig drucken. Ausfuͤhrlichere erſchienen 1552 zu
Florenz, 1554 zu Mailand; der erſte in der ſpaͤterhin ge-
braͤuchlichen Form zu Rom 1559. Er enthielt Schriften
der Cardinaͤle, die Gedichte jenes Caſa ſelbſt. Nicht allein
Druckern und Buchhaͤndlern wurden dieſe Geſetze gegeben,
ſelbſt den Privatleuten ward es zur Gewiſſenspflicht ge-
macht, die Exiſtenz der verbotenen Buͤcher anzuzeigen, zu
ihrer Vernichtung beizutragen. Mit unglaublicher Strenge
ſetzte man dieſe Maaßregel durch. In ſo vielen Tauſend
Exemplaren das Buch uͤber die Wohlthat Chriſti verbreitet
ſeyn mochte, es iſt voͤllig verſchwunden und nicht mehr
aufzufinden. In Rom hat man Scheiterhaufen von weg-
genommenen Exemplaren verbrannt.
Bei allen dieſen Einrichtungen, Unternehmungen bediente
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