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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Erste Sitzungen d. tridentinischen Conciliums.
Concilium, deren Ansichten hierüber mit den protestanti-
schen Meinungen zusammenfielen. Der Erzbischof von
Siena, der Bischof della Cava, Giulio Contarini, Bischof
zu Belluno, und mit ihnen fünf Theologen schrieben die
Rechtfertigung einzig und allein dem Verdienste Christi und
dem Glauben zu. Liebe und Hoffnung erklärten sie für die
Begleiterinnen, Werke für die Beweise des Glaubens; nichts
weiter seyen sie: der Grund der Rechtfertigung aber allein
der Glaube.

Wie war es zu denken, daß in einem Moment, in
welchem Papst und Kaiser die Protestanten mit Gewalt
der Waffen angriffen, sich die Grundansicht, von der sich
deren ganzes Wesen herleitete, auf einem Concilium unter
den Auspicien des Papstes und des Kaisers geltend machen
sollte? Vergebens ermahnte Poole, nicht etwa eine Mei-
nung nur deshalb zu verwerfen, weil sie von Luther be-
hauptet worden. Allzuviel persönliche Erbitterungen knüpf-
ten sich daran. Der Bischof della Cava und ein griechi-
scher Mönch geriethen thätlich an einander. Ueber einen
so unzweifelhaften Ausdruck einer protestantischen Meinung
konnte es auf dem Concilium gar nicht einmal zu bedeutenden
Discussionen kommen; diese galten, und schon dieß ist
wichtig genug, nur der vermittelnden Meinung, wie sie
Gaspar Contarini und seine Freunde aufgestellt.

Der Augustinergeneral, Seripando trug sie, doch
nicht ohne die ausdrückliche Verwahrung vor, daß es nicht
die Meinungen Luthers seyen, die er verfechte, vielmehr
die Lehren der berühmtesten Gegner desselben, z. B. eines
Pflug und Gropper. Er nahm eine doppelte Gerechtig-

Erſte Sitzungen d. tridentiniſchen Conciliums.
Concilium, deren Anſichten hieruͤber mit den proteſtanti-
ſchen Meinungen zuſammenfielen. Der Erzbiſchof von
Siena, der Biſchof della Cava, Giulio Contarini, Biſchof
zu Belluno, und mit ihnen fuͤnf Theologen ſchrieben die
Rechtfertigung einzig und allein dem Verdienſte Chriſti und
dem Glauben zu. Liebe und Hoffnung erklaͤrten ſie fuͤr die
Begleiterinnen, Werke fuͤr die Beweiſe des Glaubens; nichts
weiter ſeyen ſie: der Grund der Rechtfertigung aber allein
der Glaube.

Wie war es zu denken, daß in einem Moment, in
welchem Papſt und Kaiſer die Proteſtanten mit Gewalt
der Waffen angriffen, ſich die Grundanſicht, von der ſich
deren ganzes Weſen herleitete, auf einem Concilium unter
den Auſpicien des Papſtes und des Kaiſers geltend machen
ſollte? Vergebens ermahnte Poole, nicht etwa eine Mei-
nung nur deshalb zu verwerfen, weil ſie von Luther be-
hauptet worden. Allzuviel perſoͤnliche Erbitterungen knuͤpf-
ten ſich daran. Der Biſchof della Cava und ein griechi-
ſcher Moͤnch geriethen thaͤtlich an einander. Ueber einen
ſo unzweifelhaften Ausdruck einer proteſtantiſchen Meinung
konnte es auf dem Concilium gar nicht einmal zu bedeutenden
Discuſſionen kommen; dieſe galten, und ſchon dieß iſt
wichtig genug, nur der vermittelnden Meinung, wie ſie
Gaspar Contarini und ſeine Freunde aufgeſtellt.

Der Auguſtinergeneral, Seripando trug ſie, doch
nicht ohne die ausdruͤckliche Verwahrung vor, daß es nicht
die Meinungen Luthers ſeyen, die er verfechte, vielmehr
die Lehren der beruͤhmteſten Gegner deſſelben, z. B. eines
Pflug und Gropper. Er nahm eine doppelte Gerechtig-

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[199/0225] Erſte Sitzungen d. tridentiniſchen Conciliums. Concilium, deren Anſichten hieruͤber mit den proteſtanti- ſchen Meinungen zuſammenfielen. Der Erzbiſchof von Siena, der Biſchof della Cava, Giulio Contarini, Biſchof zu Belluno, und mit ihnen fuͤnf Theologen ſchrieben die Rechtfertigung einzig und allein dem Verdienſte Chriſti und dem Glauben zu. Liebe und Hoffnung erklaͤrten ſie fuͤr die Begleiterinnen, Werke fuͤr die Beweiſe des Glaubens; nichts weiter ſeyen ſie: der Grund der Rechtfertigung aber allein der Glaube. Wie war es zu denken, daß in einem Moment, in welchem Papſt und Kaiſer die Proteſtanten mit Gewalt der Waffen angriffen, ſich die Grundanſicht, von der ſich deren ganzes Weſen herleitete, auf einem Concilium unter den Auſpicien des Papſtes und des Kaiſers geltend machen ſollte? Vergebens ermahnte Poole, nicht etwa eine Mei- nung nur deshalb zu verwerfen, weil ſie von Luther be- hauptet worden. Allzuviel perſoͤnliche Erbitterungen knuͤpf- ten ſich daran. Der Biſchof della Cava und ein griechi- ſcher Moͤnch geriethen thaͤtlich an einander. Ueber einen ſo unzweifelhaften Ausdruck einer proteſtantiſchen Meinung konnte es auf dem Concilium gar nicht einmal zu bedeutenden Discuſſionen kommen; dieſe galten, und ſchon dieß iſt wichtig genug, nur der vermittelnden Meinung, wie ſie Gaspar Contarini und ſeine Freunde aufgeſtellt. Der Auguſtinergeneral, Seripando trug ſie, doch nicht ohne die ausdruͤckliche Verwahrung vor, daß es nicht die Meinungen Luthers ſeyen, die er verfechte, vielmehr die Lehren der beruͤhmteſten Gegner deſſelben, z. B. eines Pflug und Gropper. Er nahm eine doppelte Gerechtig-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/225>, abgerufen am 22.11.2024.