mit einander den Kampf zu bestehen. Christus sey ein König, der seinen Entschluß verkündige, alle Länder der Ungläubigen zu unterwerfen. Wer ihm die Heeresfolge leisten wolle, müsse sich jedoch eben so nähren und kleiden, wie er: dieselben Mühseligkeiten und Nachtwachen ertra- gen, wie er: nach diesem Maaße werde er des Sieges und der Belohnungen theilhaftig werden. Vor ihm, der Jung- frau und dem ganzen himmlischen Hofe werde dann ein Jeder erklären, daß er dem Herrn so treu wie möglich nachfolgen, alles Ungemach mit ihm theilen, und ihm in wahrer, geistiger und leiblicher Armuth dienen wolle 1).
So phantastische Vorstellungen mochten es seyn, die in ihm den Uebergang von weltlicher zu geistlicher Ritter- schaft vermittelten. Denn eine solche, aber deren Ideal durch- aus die Thaten und Entbehrungen der Heiligen ausmach- ten, war es, was er beabsichtigte. Er riß sich los von seinem väterlichen Hause und seinen Verwandten und stieg den Berg von Monserrat hinan: nicht in Zerknirschung über seine Sünden, noch von eigentlich religiösem Bedürfniß angetrieben, sondern wie er selber gesagt hat, nur in dem Verlangen, so große Thaten zu vollbringen, wie diejeni- gen, durch welche die Heiligen so berühmt geworden: eben so schwere Bußübungen zu übernehmen, oder noch schwe- rere: und in Jerusalem Gott zu dienen. Vor einem Ma- rienbilde hing er Waffen und Wehr auf: eine andere Nacht- wache, als die ritterliche, aber mit ausdrücklicher Erinne-
1)Exercitia spiritualia: secunda hebdomada. Contempla- tio regni Jesu Christi ex similitudine regis terreni subditos suos evocantis ad bellum u. a. St.
BuchII.Regeneration des Katholicismus.
mit einander den Kampf zu beſtehen. Chriſtus ſey ein Koͤnig, der ſeinen Entſchluß verkuͤndige, alle Laͤnder der Unglaͤubigen zu unterwerfen. Wer ihm die Heeresfolge leiſten wolle, muͤſſe ſich jedoch eben ſo naͤhren und kleiden, wie er: dieſelben Muͤhſeligkeiten und Nachtwachen ertra- gen, wie er: nach dieſem Maaße werde er des Sieges und der Belohnungen theilhaftig werden. Vor ihm, der Jung- frau und dem ganzen himmliſchen Hofe werde dann ein Jeder erklaͤren, daß er dem Herrn ſo treu wie moͤglich nachfolgen, alles Ungemach mit ihm theilen, und ihm in wahrer, geiſtiger und leiblicher Armuth dienen wolle 1).
So phantaſtiſche Vorſtellungen mochten es ſeyn, die in ihm den Uebergang von weltlicher zu geiſtlicher Ritter- ſchaft vermittelten. Denn eine ſolche, aber deren Ideal durch- aus die Thaten und Entbehrungen der Heiligen ausmach- ten, war es, was er beabſichtigte. Er riß ſich los von ſeinem vaͤterlichen Hauſe und ſeinen Verwandten und ſtieg den Berg von Monſerrat hinan: nicht in Zerknirſchung uͤber ſeine Suͤnden, noch von eigentlich religioͤſem Beduͤrfniß angetrieben, ſondern wie er ſelber geſagt hat, nur in dem Verlangen, ſo große Thaten zu vollbringen, wie diejeni- gen, durch welche die Heiligen ſo beruͤhmt geworden: eben ſo ſchwere Bußuͤbungen zu uͤbernehmen, oder noch ſchwe- rere: und in Jeruſalem Gott zu dienen. Vor einem Ma- rienbilde hing er Waffen und Wehr auf: eine andere Nacht- wache, als die ritterliche, aber mit ausdruͤcklicher Erinne-
1)Exercitia spiritualia: secunda hebdomada. Contempla- tio regni Jesu Christi ex similitudine regis terreni subditos suos evocantis ad bellum u. a. St.
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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
mit einander den Kampf zu beſtehen. Chriſtus ſey ein
Koͤnig, der ſeinen Entſchluß verkuͤndige, alle Laͤnder der
Unglaͤubigen zu unterwerfen. Wer ihm die Heeresfolge
leiſten wolle, muͤſſe ſich jedoch eben ſo naͤhren und kleiden,
wie er: dieſelben Muͤhſeligkeiten und Nachtwachen ertra-
gen, wie er: nach dieſem Maaße werde er des Sieges und
der Belohnungen theilhaftig werden. Vor ihm, der Jung-
frau und dem ganzen himmliſchen Hofe werde dann ein
Jeder erklaͤren, daß er dem Herrn ſo treu wie moͤglich
nachfolgen, alles Ungemach mit ihm theilen, und ihm in
wahrer, geiſtiger und leiblicher Armuth dienen wolle 1).
So phantaſtiſche Vorſtellungen mochten es ſeyn, die
in ihm den Uebergang von weltlicher zu geiſtlicher Ritter-
ſchaft vermittelten. Denn eine ſolche, aber deren Ideal durch-
aus die Thaten und Entbehrungen der Heiligen ausmach-
ten, war es, was er beabſichtigte. Er riß ſich los von
ſeinem vaͤterlichen Hauſe und ſeinen Verwandten und ſtieg
den Berg von Monſerrat hinan: nicht in Zerknirſchung
uͤber ſeine Suͤnden, noch von eigentlich religioͤſem Beduͤrfniß
angetrieben, ſondern wie er ſelber geſagt hat, nur in dem
Verlangen, ſo große Thaten zu vollbringen, wie diejeni-
gen, durch welche die Heiligen ſo beruͤhmt geworden: eben
ſo ſchwere Bußuͤbungen zu uͤbernehmen, oder noch ſchwe-
rere: und in Jeruſalem Gott zu dienen. Vor einem Ma-
rienbilde hing er Waffen und Wehr auf: eine andere Nacht-
wache, als die ritterliche, aber mit ausdruͤcklicher Erinne-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/206>, abgerufen am 26.07.2024.
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