Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Versuche innerer Reformen.
Irrthümer und Mißbräuche gebe 1). Aber grade von einer
Seite, der er selber angehörte, kam der erste Versuch einer
Verbesserung.

Es ist vielleicht die rühmlichste That Pauls III., mit
der er gleich seine Thronbesteigung bezeichnete, daß er einige
ausgezeichnete Männer, ohne andere Rücksicht als auf ihr
Verdienst, in das Collegium der Cardinäle berief. Mit
jenem Venezianer Contarini begann er und dieser soll die
Uebrigen in Vorschlag gebracht haben. Es waren Män-
ner von unbescholtenen Sitten, die im Rufe der Gelehr-
samkeit und Frömmigkeit standen, denen die Bedürfnisse der
verschiedenen Länder bekannt seyn mußten: Caraffa, der sich
lange in Spanien und den Niederlanden aufgehalten; Sa-
dolet, Bischof zu Carpentras in Frankreich; Poole, flüch-
tig aus England; Giberto, der, nachdem er lange an der
Leitung der allgemeinen Angelegenheiten Theil gehabt, sein
Bisthum Verona musterhaft verwaltete; Federigo Fregoso,
Erzbischof von Salerno; fast alle, wie wir sehen, Mitglie-
der jenes Oratoriums der göttlichen Liebe: Mehrere in der
nach dem Protestantismus neigenden religiösen Richtung 2).

Eben diese Cardinäle waren es nun, welche auf Be-
fehl des Papstes einen Entwurf kirchlicher Reformen aus-
arbeiteten. Er wurde den Protestanten bekannt und sie haben
ihn nicht ohne Wegwerfung verspottet. Sie waren frei-

1) Stelle aus Atanagi bei M'Crie: Reformation in Ita-
lien. D. Ueb. S. 172.
2) Vita Reginaldi Poli in der Ausgabe der Briefe desselben
von Quirini Tom. I, p. 12. Florebelli de vita Jacobi Sadoleti
Commentarius
vor den Epp. Sadoleti Col. 1590 vol. 3.
10

Verſuche innerer Reformen.
Irrthuͤmer und Mißbraͤuche gebe 1). Aber grade von einer
Seite, der er ſelber angehoͤrte, kam der erſte Verſuch einer
Verbeſſerung.

Es iſt vielleicht die ruͤhmlichſte That Pauls III., mit
der er gleich ſeine Thronbeſteigung bezeichnete, daß er einige
ausgezeichnete Maͤnner, ohne andere Ruͤckſicht als auf ihr
Verdienſt, in das Collegium der Cardinaͤle berief. Mit
jenem Venezianer Contarini begann er und dieſer ſoll die
Uebrigen in Vorſchlag gebracht haben. Es waren Maͤn-
ner von unbeſcholtenen Sitten, die im Rufe der Gelehr-
ſamkeit und Froͤmmigkeit ſtanden, denen die Beduͤrfniſſe der
verſchiedenen Laͤnder bekannt ſeyn mußten: Caraffa, der ſich
lange in Spanien und den Niederlanden aufgehalten; Sa-
dolet, Biſchof zu Carpentras in Frankreich; Poole, fluͤch-
tig aus England; Giberto, der, nachdem er lange an der
Leitung der allgemeinen Angelegenheiten Theil gehabt, ſein
Bisthum Verona muſterhaft verwaltete; Federigo Fregoſo,
Erzbiſchof von Salerno; faſt alle, wie wir ſehen, Mitglie-
der jenes Oratoriums der goͤttlichen Liebe: Mehrere in der
nach dem Proteſtantismus neigenden religioͤſen Richtung 2).

Eben dieſe Cardinaͤle waren es nun, welche auf Be-
fehl des Papſtes einen Entwurf kirchlicher Reformen aus-
arbeiteten. Er wurde den Proteſtanten bekannt und ſie haben
ihn nicht ohne Wegwerfung verſpottet. Sie waren frei-

1) Stelle aus Atanagi bei M’Crie: Reformation in Ita-
lien. D. Ueb. S. 172.
2) Vita Reginaldi Poli in der Ausgabe der Briefe deſſelben
von Quirini Tom. I, p. 12. Florebelli de vita Jacobi Sadoleti
Commentarius
vor den Epp. Sadoleti Col. 1590 vol. 3.
10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ver&#x017F;uche innerer Reformen</hi>.</fw><lb/>
Irrthu&#x0364;mer und Mißbra&#x0364;uche gebe <note place="foot" n="1)">Stelle aus <hi rendition="#aq">Atanagi</hi> bei M&#x2019;Crie: Reformation in Ita-<lb/>
lien. D. Ueb. S. 172.</note>. Aber grade von einer<lb/>
Seite, der er &#x017F;elber angeho&#x0364;rte, kam der er&#x017F;te Ver&#x017F;uch einer<lb/>
Verbe&#x017F;&#x017F;erung.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t vielleicht die ru&#x0364;hmlich&#x017F;te That Pauls <hi rendition="#aq">III.</hi>, mit<lb/>
der er gleich &#x017F;eine Thronbe&#x017F;teigung bezeichnete, daß er einige<lb/>
ausgezeichnete Ma&#x0364;nner, ohne andere Ru&#x0364;ck&#x017F;icht als auf ihr<lb/>
Verdien&#x017F;t, in das Collegium der Cardina&#x0364;le berief. Mit<lb/>
jenem Venezianer Contarini begann er und die&#x017F;er &#x017F;oll die<lb/>
Uebrigen in Vor&#x017F;chlag gebracht haben. Es waren Ma&#x0364;n-<lb/>
ner von unbe&#x017F;choltenen Sitten, die im Rufe der Gelehr-<lb/>
&#x017F;amkeit und Fro&#x0364;mmigkeit &#x017F;tanden, denen die Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
ver&#x017F;chiedenen La&#x0364;nder bekannt &#x017F;eyn mußten: Caraffa, der &#x017F;ich<lb/>
lange in Spanien und den Niederlanden aufgehalten; Sa-<lb/>
dolet, Bi&#x017F;chof zu Carpentras in Frankreich; Poole, flu&#x0364;ch-<lb/>
tig aus England; Giberto, der, nachdem er lange an der<lb/>
Leitung der allgemeinen Angelegenheiten Theil gehabt, &#x017F;ein<lb/>
Bisthum Verona mu&#x017F;terhaft verwaltete; Federigo Frego&#x017F;o,<lb/>
Erzbi&#x017F;chof von Salerno; fa&#x017F;t alle, wie wir &#x017F;ehen, Mitglie-<lb/>
der jenes Oratoriums der go&#x0364;ttlichen Liebe: Mehrere in der<lb/>
nach dem Prote&#x017F;tantismus neigenden religio&#x0364;&#x017F;en Richtung <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Vita Reginaldi Poli</hi> in der Ausgabe der Briefe de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
von Quirini <hi rendition="#aq">Tom. I, p. 12. Florebelli de vita Jacobi Sadoleti<lb/>
Commentarius</hi> vor den <hi rendition="#aq">Epp. Sadoleti Col. 1590 vol.</hi> 3.</note>.</p><lb/>
          <p>Eben die&#x017F;e Cardina&#x0364;le waren es nun, welche auf Be-<lb/>
fehl des Pap&#x017F;tes einen Entwurf kirchlicher Reformen aus-<lb/>
arbeiteten. Er wurde den Prote&#x017F;tanten bekannt und &#x017F;ie haben<lb/>
ihn nicht ohne Wegwerfung ver&#x017F;pottet. Sie waren frei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">10</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0171] Verſuche innerer Reformen. Irrthuͤmer und Mißbraͤuche gebe 1). Aber grade von einer Seite, der er ſelber angehoͤrte, kam der erſte Verſuch einer Verbeſſerung. Es iſt vielleicht die ruͤhmlichſte That Pauls III., mit der er gleich ſeine Thronbeſteigung bezeichnete, daß er einige ausgezeichnete Maͤnner, ohne andere Ruͤckſicht als auf ihr Verdienſt, in das Collegium der Cardinaͤle berief. Mit jenem Venezianer Contarini begann er und dieſer ſoll die Uebrigen in Vorſchlag gebracht haben. Es waren Maͤn- ner von unbeſcholtenen Sitten, die im Rufe der Gelehr- ſamkeit und Froͤmmigkeit ſtanden, denen die Beduͤrfniſſe der verſchiedenen Laͤnder bekannt ſeyn mußten: Caraffa, der ſich lange in Spanien und den Niederlanden aufgehalten; Sa- dolet, Biſchof zu Carpentras in Frankreich; Poole, fluͤch- tig aus England; Giberto, der, nachdem er lange an der Leitung der allgemeinen Angelegenheiten Theil gehabt, ſein Bisthum Verona muſterhaft verwaltete; Federigo Fregoſo, Erzbiſchof von Salerno; faſt alle, wie wir ſehen, Mitglie- der jenes Oratoriums der goͤttlichen Liebe: Mehrere in der nach dem Proteſtantismus neigenden religioͤſen Richtung 2). Eben dieſe Cardinaͤle waren es nun, welche auf Be- fehl des Papſtes einen Entwurf kirchlicher Reformen aus- arbeiteten. Er wurde den Proteſtanten bekannt und ſie haben ihn nicht ohne Wegwerfung verſpottet. Sie waren frei- 1) Stelle aus Atanagi bei M’Crie: Reformation in Ita- lien. D. Ueb. S. 172. 2) Vita Reginaldi Poli in der Ausgabe der Briefe deſſelben von Quirini Tom. I, p. 12. Florebelli de vita Jacobi Sadoleti Commentarius vor den Epp. Sadoleti Col. 1590 vol. 3. 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/171
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/171>, abgerufen am 12.12.2024.