Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Unter Adrian VI. ner gestatten. Daß er bei der Erschöpfung der päpstlichenKassen und dem wachsenden Bedürfniß einige neue Aufla- gen machte, fand man unerträglich von ihm, der so wenig aufwende. Alles ward mißvergnügt 1). Er empfand es wohl: es wirkte auf ihn zurück. Den Italienern traute er noch weniger als bisher: die beiden Niederländer, de- nen er Einfluß gestattete, Enkefort und Hezius, jener sein Datar, dieser sein Secretär, waren der Geschäfte und des Hofes nicht kundig; er selbst konnte sie unmöglich überse- hen: auch wollte er noch immer studiren, nicht allein le- sen, sondern sogar schreiben; zugänglich war er nicht sehr; die Sachen wurden aufgeschoben, in die Länge gezogen, ungeschickt behandelt. So kam es denn, daß in den wichtigsten allgemeinen Adrian hat einmal gesagt: wie viel trägt es aus, in 1) Lettere di Negro. Capitolo del Berni: E quando un segue il libero costume Di sfogarsi scrivendo e di cantare Lo minaccia di far buttare in fiume. 7
Unter Adrian VI. ner geſtatten. Daß er bei der Erſchoͤpfung der paͤpſtlichenKaſſen und dem wachſenden Beduͤrfniß einige neue Aufla- gen machte, fand man unertraͤglich von ihm, der ſo wenig aufwende. Alles ward mißvergnuͤgt 1). Er empfand es wohl: es wirkte auf ihn zuruͤck. Den Italienern traute er noch weniger als bisher: die beiden Niederlaͤnder, de- nen er Einfluß geſtattete, Enkefort und Hezius, jener ſein Datar, dieſer ſein Secretaͤr, waren der Geſchaͤfte und des Hofes nicht kundig; er ſelbſt konnte ſie unmoͤglich uͤberſe- hen: auch wollte er noch immer ſtudiren, nicht allein le- ſen, ſondern ſogar ſchreiben; zugaͤnglich war er nicht ſehr; die Sachen wurden aufgeſchoben, in die Laͤnge gezogen, ungeſchickt behandelt. So kam es denn, daß in den wichtigſten allgemeinen Adrian hat einmal geſagt: wie viel traͤgt es aus, in 1) Lettere di Negro. Capitolo del Berni: E quando un segue il libero costume Di sfogarsi scrivendo e di cantare Lo minaccia di far buttare in fiume. 7
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Unter Adrian VI.
ner geſtatten. Daß er bei der Erſchoͤpfung der paͤpſtlichen
Kaſſen und dem wachſenden Beduͤrfniß einige neue Aufla-
gen machte, fand man unertraͤglich von ihm, der ſo wenig
aufwende. Alles ward mißvergnuͤgt 1). Er empfand es
wohl: es wirkte auf ihn zuruͤck. Den Italienern traute
er noch weniger als bisher: die beiden Niederlaͤnder, de-
nen er Einfluß geſtattete, Enkefort und Hezius, jener ſein
Datar, dieſer ſein Secretaͤr, waren der Geſchaͤfte und des
Hofes nicht kundig; er ſelbſt konnte ſie unmoͤglich uͤberſe-
hen: auch wollte er noch immer ſtudiren, nicht allein le-
ſen, ſondern ſogar ſchreiben; zugaͤnglich war er nicht ſehr;
die Sachen wurden aufgeſchoben, in die Laͤnge gezogen,
ungeſchickt behandelt.
So kam es denn, daß in den wichtigſten allgemeinen
Angelegenheiten nichts ausgerichtet wurde. Der Krieg ging
in Oberitalien wieder an. In Deutſchland trat Luther
aufs neue hervor. In Rom, das uͤberdieß von der Peſt
heimgeſucht worden war, bemaͤchtigte ſich ein allgemeines
Mißvergnuͤgen der Gemuͤther.
Adrian hat einmal geſagt: wie viel traͤgt es aus, in
welche Zeiten auch der beſte Mann faͤllt. Das ganze Ge-
fuͤhl ſeiner Stellung iſt in dieſem ſchmerzlichen Ausruf ent-
halten. Mit Recht hat man ihn auf ſeinem Denkmal in
der deutſchen Kirche zu Rom eingegraben.
1) Lettere di Negro. Capitolo del Berni:
E quando un segue il libero costume
Di sfogarsi scrivendo e di cantare
Lo minaccia di far buttare in fiume.
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